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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Schrift gelegt; er würde damit selbst seinem Heimathlande, das ihm anscheinend
allein am Herzen liegt, einen wirksameren Dienst geleistet haben als indem er
sich unter die Anwälte des verlorenen Particularismus gesellte.




Die letzten Monate des deutschen Buchhandels.

Der Landkartenverkauf tritt in friedlichen Zeiten gegenüber den andern
Zweigen buchhändlerischer Thätigkeit stark in den Hintergrund. Der Verlag
sorgt für den regelmäßigen Bedarf der Schulen und Reisenden; auch wid¬
met er sich dann der ruhig fortschreitenden Ausnahme des Vaterlands und
fremder Gebiete. Wenn aber der Sturm über die Länder fährt und die übrigen
Zweige des Buchhandels gelähmt daniederliegen, entwirft der Kartenzeichner
seine Kriegskarten. Kiepert brachte eine neue historische Karte von Preußen,
eine neue Karte von Deutschland und eine Uebersichtskarte von Mitteleuropa
mit neuem Colorit. Dann erschien, um nur noch wenige zu nennen, eine
größere " Organisationskarte" von Deutschland in München und als charto-
graphisch officielles Organ die "Karte vom preußischen Staate in zwölf Blättern"
(vierte Auflage), herausgegeben vom Ministerium für Handel, Gewerbe und
öffentliche Arbeiten. Sie enthält in genauester Ausführung die politischen Ver¬
änderungen, die der Sommer 1866 Deutschland brachte. Nur als Curiositcit sei hier
noch erwähnt "Das Europa des Friedens" (in Neu--N"rk erschienen) und "Neueste
Karte von Deutschland mit sonderbaren Ncmdzeichnungen" von F. Mäusle.-- Und
als mit den nach Süden ziehenden Schwalben auch der freiaufathmende Deutsche
wieder an die alten Geschäftsreisen oder an einen kleineren Ausflug zur Erholung
dachte, da kamen die Post- und Reisekarten wieder aus ihrem Versteck und erlitten,
soweit sie die politischen Grenzen verzeichnen, manche eingreifende Veränderung.
Jetzt sind wir wieder in dieser Hinsicht im alten Geleise und nur kurzer Zeit
bedarf es, so haben auch die Geographen in ihren Büchern anerkannt, was
die Kartenzeichner im Augenblick seines Entstehens zu Papier brachten. Nur
zeitweise wird man noch durch das Erscheinen von Plänen der einzelnen
Schlachtfelder -- ich nenne z. B. die petermannsche Karte von Königsgrätz, die
Karte des Schlachtfeldes bei Königsgrätz. (Wien, Gerold) und den Plan des
Schlachtfeldes von Langensalza -- daran erinnert, daß kaum erst die Diplomaten
die Friedenspfeife zusammen rauchten.


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Schrift gelegt; er würde damit selbst seinem Heimathlande, das ihm anscheinend
allein am Herzen liegt, einen wirksameren Dienst geleistet haben als indem er
sich unter die Anwälte des verlorenen Particularismus gesellte.




Die letzten Monate des deutschen Buchhandels.

Der Landkartenverkauf tritt in friedlichen Zeiten gegenüber den andern
Zweigen buchhändlerischer Thätigkeit stark in den Hintergrund. Der Verlag
sorgt für den regelmäßigen Bedarf der Schulen und Reisenden; auch wid¬
met er sich dann der ruhig fortschreitenden Ausnahme des Vaterlands und
fremder Gebiete. Wenn aber der Sturm über die Länder fährt und die übrigen
Zweige des Buchhandels gelähmt daniederliegen, entwirft der Kartenzeichner
seine Kriegskarten. Kiepert brachte eine neue historische Karte von Preußen,
eine neue Karte von Deutschland und eine Uebersichtskarte von Mitteleuropa
mit neuem Colorit. Dann erschien, um nur noch wenige zu nennen, eine
größere „ Organisationskarte" von Deutschland in München und als charto-
graphisch officielles Organ die „Karte vom preußischen Staate in zwölf Blättern"
(vierte Auflage), herausgegeben vom Ministerium für Handel, Gewerbe und
öffentliche Arbeiten. Sie enthält in genauester Ausführung die politischen Ver¬
änderungen, die der Sommer 1866 Deutschland brachte. Nur als Curiositcit sei hier
noch erwähnt „Das Europa des Friedens" (in Neu--N»rk erschienen) und „Neueste
Karte von Deutschland mit sonderbaren Ncmdzeichnungen" von F. Mäusle.— Und
als mit den nach Süden ziehenden Schwalben auch der freiaufathmende Deutsche
wieder an die alten Geschäftsreisen oder an einen kleineren Ausflug zur Erholung
dachte, da kamen die Post- und Reisekarten wieder aus ihrem Versteck und erlitten,
soweit sie die politischen Grenzen verzeichnen, manche eingreifende Veränderung.
Jetzt sind wir wieder in dieser Hinsicht im alten Geleise und nur kurzer Zeit
bedarf es, so haben auch die Geographen in ihren Büchern anerkannt, was
die Kartenzeichner im Augenblick seines Entstehens zu Papier brachten. Nur
zeitweise wird man noch durch das Erscheinen von Plänen der einzelnen
Schlachtfelder — ich nenne z. B. die petermannsche Karte von Königsgrätz, die
Karte des Schlachtfeldes bei Königsgrätz. (Wien, Gerold) und den Plan des
Schlachtfeldes von Langensalza — daran erinnert, daß kaum erst die Diplomaten
die Friedenspfeife zusammen rauchten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/499>, abgerufen am 04.07.2024.