Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ist zu Ende; wir wollen den Rest uns erlassen, zumal da doch einige andere
Dinge noch gesagt werden müssen.

Warum werden dergleichen pinselhafte Prellereien überhaupt hier erörtert?
Nach römischem Ritual soll man die Monstra schleunigst ersäufen; über doch
nur, wenn sie nicht todtgeboren sind, und wenn das von einem gilt, so gilt es
hier. Dergleichen plumpe Fälschungen aus aller Herren Ländern körinen Sie.
wenn Sie ja Lust haben sollten, in meinem epigraphischen Papierkorb zu Hun¬
derten finden, bestimmt, seiner Zeit unter den Msae vt suspeetae ohne Sang
und Klang eingescharrt zu werden. Mit Fälschern haben wir Männer vom
Fach auch zu thun, allerdings nicht mit solchen; edleren Wildes gewohnt entschließt
man sich ungern, gegen einen Stümper wie diesen öffentlich auszutreten. Aber Sie
werden zugeben, daß dieser Fall nicht blos seine lächerliche Seite hat. Ernste Be¬
strebungen eines verdienten Alterthumsforschers, Unterstützungen aus Staatsmitteln
werden durch diese Betrügereien beschmutzt und gefährdet; sie erscheinen in den offi-
ciellen Eingaben der betreffenden Behörden an die Regierung. Der Verdacht liegt
nur zu nahe, daß, wer diese Inschriften auf den Stuck malen konnte, auch an¬
deres, Wandgemälde zum Beispiel, anzufertigen sich herausnimmt; man wird in
Zukunft bei jedem Stück, das diese nenniger Ausgrabungen zu Tage förderten,
sich die Frage vorzulegen haben, ob es gefälscht sein kann. Diese Gründe haben
mich bestimmt, in diesem Falle nicht zu schweigen, sondern das Meinige zu
thun -- nicht um die Gelehrten vom Fach zu überzeugen, was sehr überflüssig
sein würde, sondern wo möglich vor den Behörden und vor allen Dingen vor
der öffentlichen Meinung die Fälschung zu entlarven.

Auch die Entlarvung des Fälschers selbst ist wünschenswerth. Für die
Wissenschaft ist daran im Ganzen wenig gelegen. Sie erinnern sich an Sum-
locenna, das uns so manche heitere Stunde verschafft hat; was liegt an den
Namen der strebenden Jünglinge, die den ehrlichen Jaumann so unbarmherzig
äfften? Den nennigcr Namen dagegen und den Zusammenhang dieses ganzen
Handels zu wissen, wäre doch zu manchen Dingen gut. Herr Heinrich Schäffer, der
die Ausgrabungen daselbst zu leiten scheint und sich bei der Einsendung der fünften
Inschrift an die Kölner Zeitung genannt hat, giebt auf meine öffentlich an ihn
gerichtete Aufforderung in der Kreuzzeitung Ur. 272 einen Bericht über den That-
bestand der Ausgrabung der Inschriften, der an sich vollkommen unverdächtig
lautet, aber natürlich, wie Herr Schäffer auch selbst zugiebt, das Factum nicht
ausschließt, daß dieselben bedeutend nach der Zeit des Kaisers Trajan eben dort
eingegraben worden sind. Daß der materielle Thatbestand der Ausgrabung jeden
Gedanken eines Betrugs ausschließt; daß jeder Betheiligte ein unzweifelhafter
-- freilich in diesem Falle wenigstens der eine derselben ein bereits erheblich
angezweifelter") -- Ehrenmann ist, das alles versteht sich von selbst. Diese Be-
"



Die Nummern der "Frankfurter Reform vom 3., 10. und 13. Juni d. I. habe ich gelesen.

ist zu Ende; wir wollen den Rest uns erlassen, zumal da doch einige andere
Dinge noch gesagt werden müssen.

Warum werden dergleichen pinselhafte Prellereien überhaupt hier erörtert?
Nach römischem Ritual soll man die Monstra schleunigst ersäufen; über doch
nur, wenn sie nicht todtgeboren sind, und wenn das von einem gilt, so gilt es
hier. Dergleichen plumpe Fälschungen aus aller Herren Ländern körinen Sie.
wenn Sie ja Lust haben sollten, in meinem epigraphischen Papierkorb zu Hun¬
derten finden, bestimmt, seiner Zeit unter den Msae vt suspeetae ohne Sang
und Klang eingescharrt zu werden. Mit Fälschern haben wir Männer vom
Fach auch zu thun, allerdings nicht mit solchen; edleren Wildes gewohnt entschließt
man sich ungern, gegen einen Stümper wie diesen öffentlich auszutreten. Aber Sie
werden zugeben, daß dieser Fall nicht blos seine lächerliche Seite hat. Ernste Be¬
strebungen eines verdienten Alterthumsforschers, Unterstützungen aus Staatsmitteln
werden durch diese Betrügereien beschmutzt und gefährdet; sie erscheinen in den offi-
ciellen Eingaben der betreffenden Behörden an die Regierung. Der Verdacht liegt
nur zu nahe, daß, wer diese Inschriften auf den Stuck malen konnte, auch an¬
deres, Wandgemälde zum Beispiel, anzufertigen sich herausnimmt; man wird in
Zukunft bei jedem Stück, das diese nenniger Ausgrabungen zu Tage förderten,
sich die Frage vorzulegen haben, ob es gefälscht sein kann. Diese Gründe haben
mich bestimmt, in diesem Falle nicht zu schweigen, sondern das Meinige zu
thun — nicht um die Gelehrten vom Fach zu überzeugen, was sehr überflüssig
sein würde, sondern wo möglich vor den Behörden und vor allen Dingen vor
der öffentlichen Meinung die Fälschung zu entlarven.

Auch die Entlarvung des Fälschers selbst ist wünschenswerth. Für die
Wissenschaft ist daran im Ganzen wenig gelegen. Sie erinnern sich an Sum-
locenna, das uns so manche heitere Stunde verschafft hat; was liegt an den
Namen der strebenden Jünglinge, die den ehrlichen Jaumann so unbarmherzig
äfften? Den nennigcr Namen dagegen und den Zusammenhang dieses ganzen
Handels zu wissen, wäre doch zu manchen Dingen gut. Herr Heinrich Schäffer, der
die Ausgrabungen daselbst zu leiten scheint und sich bei der Einsendung der fünften
Inschrift an die Kölner Zeitung genannt hat, giebt auf meine öffentlich an ihn
gerichtete Aufforderung in der Kreuzzeitung Ur. 272 einen Bericht über den That-
bestand der Ausgrabung der Inschriften, der an sich vollkommen unverdächtig
lautet, aber natürlich, wie Herr Schäffer auch selbst zugiebt, das Factum nicht
ausschließt, daß dieselben bedeutend nach der Zeit des Kaisers Trajan eben dort
eingegraben worden sind. Daß der materielle Thatbestand der Ausgrabung jeden
Gedanken eines Betrugs ausschließt; daß jeder Betheiligte ein unzweifelhafter
— freilich in diesem Falle wenigstens der eine derselben ein bereits erheblich
angezweifelter") — Ehrenmann ist, das alles versteht sich von selbst. Diese Be-
"



Die Nummern der „Frankfurter Reform vom 3., 10. und 13. Juni d. I. habe ich gelesen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0443" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286591"/>
          <p xml:id="ID_1312" prev="#ID_1311"> ist zu Ende; wir wollen den Rest uns erlassen, zumal da doch einige andere<lb/>
Dinge noch gesagt werden müssen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1313"> Warum werden dergleichen pinselhafte Prellereien überhaupt hier erörtert?<lb/>
Nach römischem Ritual soll man die Monstra schleunigst ersäufen; über doch<lb/>
nur, wenn sie nicht todtgeboren sind, und wenn das von einem gilt, so gilt es<lb/>
hier. Dergleichen plumpe Fälschungen aus aller Herren Ländern körinen Sie.<lb/>
wenn Sie ja Lust haben sollten, in meinem epigraphischen Papierkorb zu Hun¬<lb/>
derten finden, bestimmt, seiner Zeit unter den Msae vt suspeetae ohne Sang<lb/>
und Klang eingescharrt zu werden. Mit Fälschern haben wir Männer vom<lb/>
Fach auch zu thun, allerdings nicht mit solchen; edleren Wildes gewohnt entschließt<lb/>
man sich ungern, gegen einen Stümper wie diesen öffentlich auszutreten. Aber Sie<lb/>
werden zugeben, daß dieser Fall nicht blos seine lächerliche Seite hat. Ernste Be¬<lb/>
strebungen eines verdienten Alterthumsforschers, Unterstützungen aus Staatsmitteln<lb/>
werden durch diese Betrügereien beschmutzt und gefährdet; sie erscheinen in den offi-<lb/>
ciellen Eingaben der betreffenden Behörden an die Regierung. Der Verdacht liegt<lb/>
nur zu nahe, daß, wer diese Inschriften auf den Stuck malen konnte, auch an¬<lb/>
deres, Wandgemälde zum Beispiel, anzufertigen sich herausnimmt; man wird in<lb/>
Zukunft bei jedem Stück, das diese nenniger Ausgrabungen zu Tage förderten,<lb/>
sich die Frage vorzulegen haben, ob es gefälscht sein kann. Diese Gründe haben<lb/>
mich bestimmt, in diesem Falle nicht zu schweigen, sondern das Meinige zu<lb/>
thun &#x2014; nicht um die Gelehrten vom Fach zu überzeugen, was sehr überflüssig<lb/>
sein würde, sondern wo möglich vor den Behörden und vor allen Dingen vor<lb/>
der öffentlichen Meinung die Fälschung zu entlarven.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1314" next="#ID_1315"> Auch die Entlarvung des Fälschers selbst ist wünschenswerth. Für die<lb/>
Wissenschaft ist daran im Ganzen wenig gelegen. Sie erinnern sich an Sum-<lb/>
locenna, das uns so manche heitere Stunde verschafft hat; was liegt an den<lb/>
Namen der strebenden Jünglinge, die den ehrlichen Jaumann so unbarmherzig<lb/>
äfften? Den nennigcr Namen dagegen und den Zusammenhang dieses ganzen<lb/>
Handels zu wissen, wäre doch zu manchen Dingen gut. Herr Heinrich Schäffer, der<lb/>
die Ausgrabungen daselbst zu leiten scheint und sich bei der Einsendung der fünften<lb/>
Inschrift an die Kölner Zeitung genannt hat, giebt auf meine öffentlich an ihn<lb/>
gerichtete Aufforderung in der Kreuzzeitung Ur. 272 einen Bericht über den That-<lb/>
bestand der Ausgrabung der Inschriften, der an sich vollkommen unverdächtig<lb/>
lautet, aber natürlich, wie Herr Schäffer auch selbst zugiebt, das Factum nicht<lb/>
ausschließt, daß dieselben bedeutend nach der Zeit des Kaisers Trajan eben dort<lb/>
eingegraben worden sind. Daß der materielle Thatbestand der Ausgrabung jeden<lb/>
Gedanken eines Betrugs ausschließt; daß jeder Betheiligte ein unzweifelhafter<lb/>
&#x2014; freilich in diesem Falle wenigstens der eine derselben ein bereits erheblich<lb/>
angezweifelter") &#x2014; Ehrenmann ist, das alles versteht sich von selbst. Diese Be-<lb/>
"</p><lb/>
          <note xml:id="FID_55" place="foot"> Die Nummern der &#x201E;Frankfurter Reform vom 3., 10. und 13. Juni d. I. habe ich gelesen.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0443] ist zu Ende; wir wollen den Rest uns erlassen, zumal da doch einige andere Dinge noch gesagt werden müssen. Warum werden dergleichen pinselhafte Prellereien überhaupt hier erörtert? Nach römischem Ritual soll man die Monstra schleunigst ersäufen; über doch nur, wenn sie nicht todtgeboren sind, und wenn das von einem gilt, so gilt es hier. Dergleichen plumpe Fälschungen aus aller Herren Ländern körinen Sie. wenn Sie ja Lust haben sollten, in meinem epigraphischen Papierkorb zu Hun¬ derten finden, bestimmt, seiner Zeit unter den Msae vt suspeetae ohne Sang und Klang eingescharrt zu werden. Mit Fälschern haben wir Männer vom Fach auch zu thun, allerdings nicht mit solchen; edleren Wildes gewohnt entschließt man sich ungern, gegen einen Stümper wie diesen öffentlich auszutreten. Aber Sie werden zugeben, daß dieser Fall nicht blos seine lächerliche Seite hat. Ernste Be¬ strebungen eines verdienten Alterthumsforschers, Unterstützungen aus Staatsmitteln werden durch diese Betrügereien beschmutzt und gefährdet; sie erscheinen in den offi- ciellen Eingaben der betreffenden Behörden an die Regierung. Der Verdacht liegt nur zu nahe, daß, wer diese Inschriften auf den Stuck malen konnte, auch an¬ deres, Wandgemälde zum Beispiel, anzufertigen sich herausnimmt; man wird in Zukunft bei jedem Stück, das diese nenniger Ausgrabungen zu Tage förderten, sich die Frage vorzulegen haben, ob es gefälscht sein kann. Diese Gründe haben mich bestimmt, in diesem Falle nicht zu schweigen, sondern das Meinige zu thun — nicht um die Gelehrten vom Fach zu überzeugen, was sehr überflüssig sein würde, sondern wo möglich vor den Behörden und vor allen Dingen vor der öffentlichen Meinung die Fälschung zu entlarven. Auch die Entlarvung des Fälschers selbst ist wünschenswerth. Für die Wissenschaft ist daran im Ganzen wenig gelegen. Sie erinnern sich an Sum- locenna, das uns so manche heitere Stunde verschafft hat; was liegt an den Namen der strebenden Jünglinge, die den ehrlichen Jaumann so unbarmherzig äfften? Den nennigcr Namen dagegen und den Zusammenhang dieses ganzen Handels zu wissen, wäre doch zu manchen Dingen gut. Herr Heinrich Schäffer, der die Ausgrabungen daselbst zu leiten scheint und sich bei der Einsendung der fünften Inschrift an die Kölner Zeitung genannt hat, giebt auf meine öffentlich an ihn gerichtete Aufforderung in der Kreuzzeitung Ur. 272 einen Bericht über den That- bestand der Ausgrabung der Inschriften, der an sich vollkommen unverdächtig lautet, aber natürlich, wie Herr Schäffer auch selbst zugiebt, das Factum nicht ausschließt, daß dieselben bedeutend nach der Zeit des Kaisers Trajan eben dort eingegraben worden sind. Daß der materielle Thatbestand der Ausgrabung jeden Gedanken eines Betrugs ausschließt; daß jeder Betheiligte ein unzweifelhafter — freilich in diesem Falle wenigstens der eine derselben ein bereits erheblich angezweifelter") — Ehrenmann ist, das alles versteht sich von selbst. Diese Be- " Die Nummern der „Frankfurter Reform vom 3., 10. und 13. Juni d. I. habe ich gelesen.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/443
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/443>, abgerufen am 04.07.2024.