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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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beiden, wenn alle Notabeln, die es in solchem Sinne sind, wie der Verfasser
dieser Schrift, auf die wir ausführlich einzugehen für Schuldigkeit hielten,
rechtschaffen Hand ans Werk legen.




Literatur.

Mcttlerkamp, der Führer einer am deutschen Freiheitskriege theilnehmenden
Bürgcrwehr. Von Fr. Wille. Hamburg. Otto Meißner. 1866,

Wir erhalten in der Biographie des Patrioten, den man den hamburgischen
Nettelbeck nennen könnte, einen schätzenswerthen Zuwachs unsrer Dctailkuude über
die Vorgänge der Befreiungszeit. David Christian Mcttlerkamp, der aus niederem
Volkskreise emporgekommene Bürger, seines Zeichens Blcidcckcr, ist eine typische nord¬
deutsche Figur voll nüchternen Ernstes und unerbittlicher Zähigkeit. Als einer - der
wenigen beherzter Männer, welche der schmählichen Preisgebung Hamburgs an
Davoust zu widerstehen suchten, verlies) er Haus und Familie, um an der Rück¬
eroberung seiner Vaterstadt mit den Waffen Antheil zu nehmen. Unter dem Schuhe
Bernadottes gründete er die hanseatische Bürgergarde und bekam überdies den Auf¬
trag zur militärischen Organisation der waffenfähigen Männer unter den Umwohnern
Hamburgs, welche infolge der Verthcidigungsmaßrcgln des französischen Marschalls
hatten flüchten müssen. Mit den größten Anstrengungen, im Kampfe mit allen
ungünstigen Elementen sammelte und rüstete der wackere Mann mitten im Winter
sein Rekrutendepot in Segeberg und Oldesloe. Unter dem russischen General Bcn-
ningscn betheiligte sich sein Corps rühmlich an deu Kämpfen um Hamburg. Am
31. Mai 1814 zog Mcttlerkamp mit seiner aus 1262 Mann bestehenden Schaar
vor den Russen her in die befreite Stadt. Allein die Elendigkcit des blos kaufmännisch-
republikanischen Regiments vergällte dem edlen Bürger sein ferneres Wirken und er
hat für antike Tugend antiken Undank geerntet^ Er starb 1850. Wiederholt hat er
theils bei patriotischen Fragen, theils bei Fachangelcgcnheiten in kleinen Schriften
seinen schlagfertigen gereiften Geist bekundet. Von dem organisatorischen Talent für
Militärisches, welches ihn auszeichnete, giebt sein Werk über das "Neue Landwehr-
systcm" ein Zeugniß, dem von namhaften Autoritäten aufrichtiger Beifall gespendet
wird. Sein Schicksal und seine Thätigkeit ist eine lebendige Warnung, Kraft und
Gut in Zeiten einzusetzen zur Abwehr der Fremdherrschaft, damit sie nicht -- wie
Hamburgs trauriges Schicksal zeigt -- später dem Feinde zehnfach aber unrühmlich
zum Opfer fallen.




Verantwortlicher Redacteur: Gustav Frehtag.
Verlag von F. L. Herbig. -- Druck von Hüthel Legler in Leipzig.

beiden, wenn alle Notabeln, die es in solchem Sinne sind, wie der Verfasser
dieser Schrift, auf die wir ausführlich einzugehen für Schuldigkeit hielten,
rechtschaffen Hand ans Werk legen.




Literatur.

Mcttlerkamp, der Führer einer am deutschen Freiheitskriege theilnehmenden
Bürgcrwehr. Von Fr. Wille. Hamburg. Otto Meißner. 1866,

Wir erhalten in der Biographie des Patrioten, den man den hamburgischen
Nettelbeck nennen könnte, einen schätzenswerthen Zuwachs unsrer Dctailkuude über
die Vorgänge der Befreiungszeit. David Christian Mcttlerkamp, der aus niederem
Volkskreise emporgekommene Bürger, seines Zeichens Blcidcckcr, ist eine typische nord¬
deutsche Figur voll nüchternen Ernstes und unerbittlicher Zähigkeit. Als einer - der
wenigen beherzter Männer, welche der schmählichen Preisgebung Hamburgs an
Davoust zu widerstehen suchten, verlies) er Haus und Familie, um an der Rück¬
eroberung seiner Vaterstadt mit den Waffen Antheil zu nehmen. Unter dem Schuhe
Bernadottes gründete er die hanseatische Bürgergarde und bekam überdies den Auf¬
trag zur militärischen Organisation der waffenfähigen Männer unter den Umwohnern
Hamburgs, welche infolge der Verthcidigungsmaßrcgln des französischen Marschalls
hatten flüchten müssen. Mit den größten Anstrengungen, im Kampfe mit allen
ungünstigen Elementen sammelte und rüstete der wackere Mann mitten im Winter
sein Rekrutendepot in Segeberg und Oldesloe. Unter dem russischen General Bcn-
ningscn betheiligte sich sein Corps rühmlich an deu Kämpfen um Hamburg. Am
31. Mai 1814 zog Mcttlerkamp mit seiner aus 1262 Mann bestehenden Schaar
vor den Russen her in die befreite Stadt. Allein die Elendigkcit des blos kaufmännisch-
republikanischen Regiments vergällte dem edlen Bürger sein ferneres Wirken und er
hat für antike Tugend antiken Undank geerntet^ Er starb 1850. Wiederholt hat er
theils bei patriotischen Fragen, theils bei Fachangelcgcnheiten in kleinen Schriften
seinen schlagfertigen gereiften Geist bekundet. Von dem organisatorischen Talent für
Militärisches, welches ihn auszeichnete, giebt sein Werk über das „Neue Landwehr-
systcm" ein Zeugniß, dem von namhaften Autoritäten aufrichtiger Beifall gespendet
wird. Sein Schicksal und seine Thätigkeit ist eine lebendige Warnung, Kraft und
Gut in Zeiten einzusetzen zur Abwehr der Fremdherrschaft, damit sie nicht — wie
Hamburgs trauriges Schicksal zeigt — später dem Feinde zehnfach aber unrühmlich
zum Opfer fallen.




Verantwortlicher Redacteur: Gustav Frehtag.
Verlag von F. L. Herbig. — Druck von Hüthel Legler in Leipzig.
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[0302] beiden, wenn alle Notabeln, die es in solchem Sinne sind, wie der Verfasser dieser Schrift, auf die wir ausführlich einzugehen für Schuldigkeit hielten, rechtschaffen Hand ans Werk legen. Literatur. Mcttlerkamp, der Führer einer am deutschen Freiheitskriege theilnehmenden Bürgcrwehr. Von Fr. Wille. Hamburg. Otto Meißner. 1866, Wir erhalten in der Biographie des Patrioten, den man den hamburgischen Nettelbeck nennen könnte, einen schätzenswerthen Zuwachs unsrer Dctailkuude über die Vorgänge der Befreiungszeit. David Christian Mcttlerkamp, der aus niederem Volkskreise emporgekommene Bürger, seines Zeichens Blcidcckcr, ist eine typische nord¬ deutsche Figur voll nüchternen Ernstes und unerbittlicher Zähigkeit. Als einer - der wenigen beherzter Männer, welche der schmählichen Preisgebung Hamburgs an Davoust zu widerstehen suchten, verlies) er Haus und Familie, um an der Rück¬ eroberung seiner Vaterstadt mit den Waffen Antheil zu nehmen. Unter dem Schuhe Bernadottes gründete er die hanseatische Bürgergarde und bekam überdies den Auf¬ trag zur militärischen Organisation der waffenfähigen Männer unter den Umwohnern Hamburgs, welche infolge der Verthcidigungsmaßrcgln des französischen Marschalls hatten flüchten müssen. Mit den größten Anstrengungen, im Kampfe mit allen ungünstigen Elementen sammelte und rüstete der wackere Mann mitten im Winter sein Rekrutendepot in Segeberg und Oldesloe. Unter dem russischen General Bcn- ningscn betheiligte sich sein Corps rühmlich an deu Kämpfen um Hamburg. Am 31. Mai 1814 zog Mcttlerkamp mit seiner aus 1262 Mann bestehenden Schaar vor den Russen her in die befreite Stadt. Allein die Elendigkcit des blos kaufmännisch- republikanischen Regiments vergällte dem edlen Bürger sein ferneres Wirken und er hat für antike Tugend antiken Undank geerntet^ Er starb 1850. Wiederholt hat er theils bei patriotischen Fragen, theils bei Fachangelcgcnheiten in kleinen Schriften seinen schlagfertigen gereiften Geist bekundet. Von dem organisatorischen Talent für Militärisches, welches ihn auszeichnete, giebt sein Werk über das „Neue Landwehr- systcm" ein Zeugniß, dem von namhaften Autoritäten aufrichtiger Beifall gespendet wird. Sein Schicksal und seine Thätigkeit ist eine lebendige Warnung, Kraft und Gut in Zeiten einzusetzen zur Abwehr der Fremdherrschaft, damit sie nicht — wie Hamburgs trauriges Schicksal zeigt — später dem Feinde zehnfach aber unrühmlich zum Opfer fallen. Verantwortlicher Redacteur: Gustav Frehtag. Verlag von F. L. Herbig. — Druck von Hüthel Legler in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/302>, abgerufen am 04.07.2024.