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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Die Art des Prinzen- Friedrich Karl ist wohl wissenschaftlich richtiger und ent¬
spricht der systematischen Schule des Erzherzogs Karl, während der Kronprinz,
nur den Erfolg vor Augen, mit seinen Leistungen an die schönsten Thaten aller
großen Feldherrn erinnert. Die Behandlung der einzelnen kriegerischen Acte
wird dies näher darthun.

Prinz Friedrich Karl hatte am 23. Juni seine Corps (General v. Herwarth
war mit der Elbarmee bis zum Eintreffen des Königs seinem Befehl untergeben)
bei Zittau und Rumburg an der böhmischen Grenze vereinigt und rückte an
diesem Tage Morgens in das östreichische Land ein, ohne vom Feind etwas
Anderes als Cavaleriepatrouillen zu treffen. Am 24. standen die Corps bei
Reichenberg und Gabel, drei Meilen Front einnehmend. Am 2S. hielt die
Armee einen Ruhetag, einzelne Abtheilungen, zumal der Elbarmee. die zurück¬
geblieben waren, näher heranziehend. Graf Clam-Gallas benutzte diese Zeit
seinerseits, um unter dem Schutz einer Arriöregardenstellung bei Turnau und
Hünerwasser seine längs der Grenze detachirten Brigaden hinter der Jser zu
vereinigen. Dieser Ruhetag der preußischen Armee, ehe der Feind erreicht und
getroffen war, muß als ein Fehler bezeichnet werden. Er gab den Vortheil der
Ueberraschung Preis und gestattete dem Feinde, die eigentliche Angriffslinie zu
erkennen. Es war ein doppelter Fehler, da das Vorrücken an den folgenden
Tagen um so schwerer war, da die Pässe für den Kronprinzen um so später
frei wurden. Am 26. ging Prinz Friedrich Karl mit der ersten Armee gegen
Turnau, mit der Elbarmee gegen Hünerwasser vor und kam an beiden Orten
zum ersten Kampf in diesem Feldzuge. Die Division Horn, welche die Avant¬
garde der ersten Armee hatte, traf bei Liebenau nördlich Turnau aus die feind¬
liche Arriöregarde. Das Gefecht beschränkte sich auf einen kurzen Artilleriekampf,
unter dessen Schutz sich die Oestreicher hinter die Jser zurückzogen, Turnau dem
Gegner ohne Gerecht preisgebend.

General v. Schöler mit der Avantgarde der Elbarmee nahm in raschem
Anlauf das leicht besetzte Hünerwasser und ging den von Münchengrätz mit
mehren Bataillonen vordringenden Oestreichern entgegen. Diese stürmten mit dem
Bajonnet muthig heran, aber ein kurzes Schnellfeuer brachte sie nach bedeuten¬
den Verlusten sehr rasch zurück. General v. Schöler schob seine Spitzen gegen
Münchengrätz vor, was von den Oestreichern stark besetzt war.

Prinz Friedrich Karl hatte die Jserlinie erreicht und bei Turnau bereits
überbrückt. Er stand nur noch drei Meilen von dem südöstlich gelegenen und
als Ziel gesteckten Gitschin; er glaubte aber nicht eher dorthin sich dirigiren zu
können, als bis er die Jserlinie ganz besetzt und den Feind von Münchengrätz
Vertrieben hätte. Den General v. Herwarth, der dort, wie sich später ergab,
mit Uebermacht stand, mochte er nicht für hinreichend erachten. Der Prinz
dirigirte auch die erste Armee dorthin und ließ damit die große Aufgabe über


Die Art des Prinzen- Friedrich Karl ist wohl wissenschaftlich richtiger und ent¬
spricht der systematischen Schule des Erzherzogs Karl, während der Kronprinz,
nur den Erfolg vor Augen, mit seinen Leistungen an die schönsten Thaten aller
großen Feldherrn erinnert. Die Behandlung der einzelnen kriegerischen Acte
wird dies näher darthun.

Prinz Friedrich Karl hatte am 23. Juni seine Corps (General v. Herwarth
war mit der Elbarmee bis zum Eintreffen des Königs seinem Befehl untergeben)
bei Zittau und Rumburg an der böhmischen Grenze vereinigt und rückte an
diesem Tage Morgens in das östreichische Land ein, ohne vom Feind etwas
Anderes als Cavaleriepatrouillen zu treffen. Am 24. standen die Corps bei
Reichenberg und Gabel, drei Meilen Front einnehmend. Am 2S. hielt die
Armee einen Ruhetag, einzelne Abtheilungen, zumal der Elbarmee. die zurück¬
geblieben waren, näher heranziehend. Graf Clam-Gallas benutzte diese Zeit
seinerseits, um unter dem Schutz einer Arriöregardenstellung bei Turnau und
Hünerwasser seine längs der Grenze detachirten Brigaden hinter der Jser zu
vereinigen. Dieser Ruhetag der preußischen Armee, ehe der Feind erreicht und
getroffen war, muß als ein Fehler bezeichnet werden. Er gab den Vortheil der
Ueberraschung Preis und gestattete dem Feinde, die eigentliche Angriffslinie zu
erkennen. Es war ein doppelter Fehler, da das Vorrücken an den folgenden
Tagen um so schwerer war, da die Pässe für den Kronprinzen um so später
frei wurden. Am 26. ging Prinz Friedrich Karl mit der ersten Armee gegen
Turnau, mit der Elbarmee gegen Hünerwasser vor und kam an beiden Orten
zum ersten Kampf in diesem Feldzuge. Die Division Horn, welche die Avant¬
garde der ersten Armee hatte, traf bei Liebenau nördlich Turnau aus die feind¬
liche Arriöregarde. Das Gefecht beschränkte sich auf einen kurzen Artilleriekampf,
unter dessen Schutz sich die Oestreicher hinter die Jser zurückzogen, Turnau dem
Gegner ohne Gerecht preisgebend.

General v. Schöler mit der Avantgarde der Elbarmee nahm in raschem
Anlauf das leicht besetzte Hünerwasser und ging den von Münchengrätz mit
mehren Bataillonen vordringenden Oestreichern entgegen. Diese stürmten mit dem
Bajonnet muthig heran, aber ein kurzes Schnellfeuer brachte sie nach bedeuten¬
den Verlusten sehr rasch zurück. General v. Schöler schob seine Spitzen gegen
Münchengrätz vor, was von den Oestreichern stark besetzt war.

Prinz Friedrich Karl hatte die Jserlinie erreicht und bei Turnau bereits
überbrückt. Er stand nur noch drei Meilen von dem südöstlich gelegenen und
als Ziel gesteckten Gitschin; er glaubte aber nicht eher dorthin sich dirigiren zu
können, als bis er die Jserlinie ganz besetzt und den Feind von Münchengrätz
Vertrieben hätte. Den General v. Herwarth, der dort, wie sich später ergab,
mit Uebermacht stand, mochte er nicht für hinreichend erachten. Der Prinz
dirigirte auch die erste Armee dorthin und ließ damit die große Aufgabe über


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[0266] Die Art des Prinzen- Friedrich Karl ist wohl wissenschaftlich richtiger und ent¬ spricht der systematischen Schule des Erzherzogs Karl, während der Kronprinz, nur den Erfolg vor Augen, mit seinen Leistungen an die schönsten Thaten aller großen Feldherrn erinnert. Die Behandlung der einzelnen kriegerischen Acte wird dies näher darthun. Prinz Friedrich Karl hatte am 23. Juni seine Corps (General v. Herwarth war mit der Elbarmee bis zum Eintreffen des Königs seinem Befehl untergeben) bei Zittau und Rumburg an der böhmischen Grenze vereinigt und rückte an diesem Tage Morgens in das östreichische Land ein, ohne vom Feind etwas Anderes als Cavaleriepatrouillen zu treffen. Am 24. standen die Corps bei Reichenberg und Gabel, drei Meilen Front einnehmend. Am 2S. hielt die Armee einen Ruhetag, einzelne Abtheilungen, zumal der Elbarmee. die zurück¬ geblieben waren, näher heranziehend. Graf Clam-Gallas benutzte diese Zeit seinerseits, um unter dem Schutz einer Arriöregardenstellung bei Turnau und Hünerwasser seine längs der Grenze detachirten Brigaden hinter der Jser zu vereinigen. Dieser Ruhetag der preußischen Armee, ehe der Feind erreicht und getroffen war, muß als ein Fehler bezeichnet werden. Er gab den Vortheil der Ueberraschung Preis und gestattete dem Feinde, die eigentliche Angriffslinie zu erkennen. Es war ein doppelter Fehler, da das Vorrücken an den folgenden Tagen um so schwerer war, da die Pässe für den Kronprinzen um so später frei wurden. Am 26. ging Prinz Friedrich Karl mit der ersten Armee gegen Turnau, mit der Elbarmee gegen Hünerwasser vor und kam an beiden Orten zum ersten Kampf in diesem Feldzuge. Die Division Horn, welche die Avant¬ garde der ersten Armee hatte, traf bei Liebenau nördlich Turnau aus die feind¬ liche Arriöregarde. Das Gefecht beschränkte sich auf einen kurzen Artilleriekampf, unter dessen Schutz sich die Oestreicher hinter die Jser zurückzogen, Turnau dem Gegner ohne Gerecht preisgebend. General v. Schöler mit der Avantgarde der Elbarmee nahm in raschem Anlauf das leicht besetzte Hünerwasser und ging den von Münchengrätz mit mehren Bataillonen vordringenden Oestreichern entgegen. Diese stürmten mit dem Bajonnet muthig heran, aber ein kurzes Schnellfeuer brachte sie nach bedeuten¬ den Verlusten sehr rasch zurück. General v. Schöler schob seine Spitzen gegen Münchengrätz vor, was von den Oestreichern stark besetzt war. Prinz Friedrich Karl hatte die Jserlinie erreicht und bei Turnau bereits überbrückt. Er stand nur noch drei Meilen von dem südöstlich gelegenen und als Ziel gesteckten Gitschin; er glaubte aber nicht eher dorthin sich dirigiren zu können, als bis er die Jserlinie ganz besetzt und den Feind von Münchengrätz Vertrieben hätte. Den General v. Herwarth, der dort, wie sich später ergab, mit Uebermacht stand, mochte er nicht für hinreichend erachten. Der Prinz dirigirte auch die erste Armee dorthin und ließ damit die große Aufgabe über

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/266>, abgerufen am 04.07.2024.