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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Schaden zufügen und ihn aus der Kirche ausweisen möchte, sagte er: "nein,
ich fürchte mich nicht".

Nun lasen wir zuerst aus dem Alten Testament und nahmen Beweise
daraus; darüber freute er sich sehr. Wenn wir nun in seinem Hause predigten,
so ward unsre Predigt auch im Hause des Priesters Goriel gehört, weil zwischen
beiden nur ein einziger Zaun war. Darüber ward dieser auf Daniel so zornig,
daß er eines Tages zu ihm sagte: "Es ist besser, daß Du Unzucht begehst, als
daß Du die Predigt dieser Verirrten anhörest." Daniel erwiederte ihm aber:
"O Priester Goriel, wisse, daß wenn ein heidnischer (muslimischer) Mokka käme,
und mir diese Worte unsers Herrn predigte, ich ihn annehmen würde." Da
schwieg er.

An einigen Sonntagen gingen wir ins Haus des Diaconus Markos und
entnahmen der heiligen Schrift Beweise. Dieser nimmt die Wahrheit freudig
auf. Als nun der Priester Goriel sah, wie wir die Leute belehrten, so kam er
wiederholt, um mit uns zu disputiren und unsere Worte zu entkräften. Er
redete mit uns über die alten Gebräuche, wir aber brachten Beweise aus der
heiligen Schrift vor; da nannte er uns Esel.

Als wir von Mosul Antwort bekamen, erfuhren wir, daß die Sahebs da¬
hin geschrieben hätten, wir möchten uns Mühe geben um das Land Botan;
die Brüder in Mosul hatten aber gesagt: "wenn sie ganz hilflos sind, so
mögen sie nach Mosul kommen."

So verließen wir denn Donnerstag den 7. Februar Mar Aehä und gingen
nach Gezira, wo^)ir uns auf ein Kekek (ein Floß, welches durch aufgeblasene
Schläuche getragen wird) fehlen, das im Begriff war, nach Mosul abzugehen.
Mit uus reiste ein papistischer Kaufmann. Unser Kekek war sehr schwer be¬
lastet: seine Ladung bestand aus 6 Menschen, 4 großen Mühlsteinen, SO Paar
Handmühlsteinen und tausend Stück Holz von der Größe eines Harkenstiels.
Am Freitag reisten wir nur zwei Stunden, am Sonnabend zehn. Wir waren
in Angst wegen, der Stromschnellen (?).

Am Sonntag fuhren wir wieder zehn Stunden: wir waren in Furcht vor
dem Wasser und dazu vom Land her vor den Arabern, aber Gottes Macht war
groß und wir wurden aus den Nöthen errettet.

Am Montag 7 Uhr kamen wir in Mosul an und wurden von den Brü¬
dern freudig empfangen. Wir ließen uns beim Diaconus Eramja (Jeremias)
nieder, der uns voll Freude aufnahm und viel Sorge um uns trug. Nach
einigen Tagen gingen Wir mit dem Diaconus Eramja nach Tel Kaf. Er
kehrte um, wir aber blieben vier Tage im Hause des Diaconus Habbe. Eines
Tages gingen wir und setzten uns vor die Thür der Papistenkirche zu einigen
Leuten hin. Als wir ihre Frage, ob wir Christen wären, bejahten, so sagten
sie: "Keiner, der den Papst nicht annimmt, nimmt Christum an." Wir sagten:


Schaden zufügen und ihn aus der Kirche ausweisen möchte, sagte er: „nein,
ich fürchte mich nicht".

Nun lasen wir zuerst aus dem Alten Testament und nahmen Beweise
daraus; darüber freute er sich sehr. Wenn wir nun in seinem Hause predigten,
so ward unsre Predigt auch im Hause des Priesters Goriel gehört, weil zwischen
beiden nur ein einziger Zaun war. Darüber ward dieser auf Daniel so zornig,
daß er eines Tages zu ihm sagte: „Es ist besser, daß Du Unzucht begehst, als
daß Du die Predigt dieser Verirrten anhörest." Daniel erwiederte ihm aber:
„O Priester Goriel, wisse, daß wenn ein heidnischer (muslimischer) Mokka käme,
und mir diese Worte unsers Herrn predigte, ich ihn annehmen würde." Da
schwieg er.

An einigen Sonntagen gingen wir ins Haus des Diaconus Markos und
entnahmen der heiligen Schrift Beweise. Dieser nimmt die Wahrheit freudig
auf. Als nun der Priester Goriel sah, wie wir die Leute belehrten, so kam er
wiederholt, um mit uns zu disputiren und unsere Worte zu entkräften. Er
redete mit uns über die alten Gebräuche, wir aber brachten Beweise aus der
heiligen Schrift vor; da nannte er uns Esel.

Als wir von Mosul Antwort bekamen, erfuhren wir, daß die Sahebs da¬
hin geschrieben hätten, wir möchten uns Mühe geben um das Land Botan;
die Brüder in Mosul hatten aber gesagt: „wenn sie ganz hilflos sind, so
mögen sie nach Mosul kommen."

So verließen wir denn Donnerstag den 7. Februar Mar Aehä und gingen
nach Gezira, wo^)ir uns auf ein Kekek (ein Floß, welches durch aufgeblasene
Schläuche getragen wird) fehlen, das im Begriff war, nach Mosul abzugehen.
Mit uus reiste ein papistischer Kaufmann. Unser Kekek war sehr schwer be¬
lastet: seine Ladung bestand aus 6 Menschen, 4 großen Mühlsteinen, SO Paar
Handmühlsteinen und tausend Stück Holz von der Größe eines Harkenstiels.
Am Freitag reisten wir nur zwei Stunden, am Sonnabend zehn. Wir waren
in Angst wegen, der Stromschnellen (?).

Am Sonntag fuhren wir wieder zehn Stunden: wir waren in Furcht vor
dem Wasser und dazu vom Land her vor den Arabern, aber Gottes Macht war
groß und wir wurden aus den Nöthen errettet.

Am Montag 7 Uhr kamen wir in Mosul an und wurden von den Brü¬
dern freudig empfangen. Wir ließen uns beim Diaconus Eramja (Jeremias)
nieder, der uns voll Freude aufnahm und viel Sorge um uns trug. Nach
einigen Tagen gingen Wir mit dem Diaconus Eramja nach Tel Kaf. Er
kehrte um, wir aber blieben vier Tage im Hause des Diaconus Habbe. Eines
Tages gingen wir und setzten uns vor die Thür der Papistenkirche zu einigen
Leuten hin. Als wir ihre Frage, ob wir Christen wären, bejahten, so sagten
sie: „Keiner, der den Papst nicht annimmt, nimmt Christum an." Wir sagten:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/258>, abgerufen am 04.07.2024.