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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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heiligen Schrift (für unsre Lehre") vor. Der Priester war sehr gelehrt, mehr
als alle (syrische") Priester in Botan. Ein armenischer Kaufmann kam und
sagte dem Priester in kurdischer Sprache: "ni.min Dich in Acht vor diesen Men¬
schen, daß sie niemand in die Irre führen". Er aber sagte: "nein! nein! es
sind sehr gute Leute; sie nehme" all ihre Worte aus dem Alten und Neuen
Testament". "Und," fügte er hinzu, "wenns Dir gefällig ist, so frage sie doch
auf türkisch, und steh selbst zu." Da fragte der Kaufmann, ob wir Abendmahl,
Taufe u. f. w. hätten, und als wir ihm mit Gottes Hilfe Antwort gaben,
gefiel es ihm sehr.

Am Donnerstag gingen wir von Dergulc nach Berid zum R^ö
Dschimma. Da wir hier hörten, daß der Priester des Orts, Jschak, krank wäre,
so gingen wir zu ihm hin und redeten mit ihm. Er disputirte mit uns und
sagte: "Wenn jemand die Faste" brüht, so nehme ich ihn "icht an, mag er auch
Vom Himmel herabkomme"; denn die Propheten haben 'gesät, die Apostel ge¬
erntet-, aber erst die Kirchenlehrer haben das Getreide auf die Tenne gebracht,
gedroschen, gemahlen und Brod für die Menschheit bereitet" (d. h. erst die
Kirchenlehrer haben die Lehren der Bibel in die brauchbare und giltige Form
gebracht, daher auch ihre Fastenvorschriften, wenn auch nicht >n der Bib'el
zu finden, giltig sind). "Wie?" aniworlctcn wir, "die, welche den heiligen
Geist halten (Propheten und Apostel) hätten kein Bivo für die Menschheit be¬
reiten können, aber die, weiche ihn nicht hatten, sollten vermögt habe", für sie
Brode zu backe"?" Da wir sahen, daß er sehr u"^e>sse"d^r^r und mia't einmal
lesen konnte, so standen wir auf und gingen zum ^'is^urück. Am Abend
veiscimmeltcn sich die Bewohner des Ons und wir predigten >due" -von der
Siloahquelle (Joh. 9, 7 ff.). Ein Mensch aus der Versammlung sagte:
"Warum habt Ihr keinen Brief vom Patriarchen Mitgebracht? er ist durcoaus
nicht mit Euch einverstanden, darum habt Ihr keine" Brief von ihm." Da
wir ihm aber eine (zweckmäßige) Antwort gaben, so schwieg er.

Am Freitag gingen wir von Berid nach Schach. Beim Eintritt in den
Ort fürchteten wir uns sehr, weil die Bewohner das Jahr vorher die Diaconen
Sejad und Musche weggejagt hatten. Am Sonntag theilten wir das Abend¬
mahl aus. An die 200 Menschen. etwas mehr oder weniger, Versammelren
sich, und wir predigten ihnen darüber, wie man das Sacrament nehmen müsse,
nämlich über 1. Cor.11, 18*): "Wer aber unwüidig vom Brod des Herrn
isser und von seinem Kelch trinkt, der ist schuldig am Blut und Leib des Herrn.
Der Mensch prüfe sich selbst und danach esse er von diesem Brode und trinke
von diesem Kelch." Da konnten zwei Drittel der Gemeinde das Abendmahl
nicht erhallen. Wir gingen darauf aus der Kirche fort nach dem Pavillon



") Das Clerk muß heißen 1. Cor-11, 27 f.
Grenzbote" IV. 18VV.30

heiligen Schrift (für unsre Lehre») vor. Der Priester war sehr gelehrt, mehr
als alle (syrische») Priester in Botan. Ein armenischer Kaufmann kam und
sagte dem Priester in kurdischer Sprache: „ni.min Dich in Acht vor diesen Men¬
schen, daß sie niemand in die Irre führen". Er aber sagte: „nein! nein! es
sind sehr gute Leute; sie nehme» all ihre Worte aus dem Alten und Neuen
Testament". „Und," fügte er hinzu, „wenns Dir gefällig ist, so frage sie doch
auf türkisch, und steh selbst zu." Da fragte der Kaufmann, ob wir Abendmahl,
Taufe u. f. w. hätten, und als wir ihm mit Gottes Hilfe Antwort gaben,
gefiel es ihm sehr.

Am Donnerstag gingen wir von Dergulc nach Berid zum R^ö
Dschimma. Da wir hier hörten, daß der Priester des Orts, Jschak, krank wäre,
so gingen wir zu ihm hin und redeten mit ihm. Er disputirte mit uns und
sagte: „Wenn jemand die Faste» brüht, so nehme ich ihn »icht an, mag er auch
Vom Himmel herabkomme»; denn die Propheten haben 'gesät, die Apostel ge¬
erntet-, aber erst die Kirchenlehrer haben das Getreide auf die Tenne gebracht,
gedroschen, gemahlen und Brod für die Menschheit bereitet" (d. h. erst die
Kirchenlehrer haben die Lehren der Bibel in die brauchbare und giltige Form
gebracht, daher auch ihre Fastenvorschriften, wenn auch nicht >n der Bib'el
zu finden, giltig sind). „Wie?" aniworlctcn wir, „die, welche den heiligen
Geist halten (Propheten und Apostel) hätten kein Bivo für die Menschheit be¬
reiten können, aber die, weiche ihn nicht hatten, sollten vermögt habe», für sie
Brode zu backe»?" Da wir sahen, daß er sehr u»^e>sse»d^r^r und mia't einmal
lesen konnte, so standen wir auf und gingen zum ^'is^urück. Am Abend
veiscimmeltcn sich die Bewohner des Ons und wir predigten >due» -von der
Siloahquelle (Joh. 9, 7 ff.). Ein Mensch aus der Versammlung sagte:
„Warum habt Ihr keinen Brief vom Patriarchen Mitgebracht? er ist durcoaus
nicht mit Euch einverstanden, darum habt Ihr keine» Brief von ihm." Da
wir ihm aber eine (zweckmäßige) Antwort gaben, so schwieg er.

Am Freitag gingen wir von Berid nach Schach. Beim Eintritt in den
Ort fürchteten wir uns sehr, weil die Bewohner das Jahr vorher die Diaconen
Sejad und Musche weggejagt hatten. Am Sonntag theilten wir das Abend¬
mahl aus. An die 200 Menschen. etwas mehr oder weniger, Versammelren
sich, und wir predigten ihnen darüber, wie man das Sacrament nehmen müsse,
nämlich über 1. Cor.11, 18*): „Wer aber unwüidig vom Brod des Herrn
isser und von seinem Kelch trinkt, der ist schuldig am Blut und Leib des Herrn.
Der Mensch prüfe sich selbst und danach esse er von diesem Brode und trinke
von diesem Kelch." Da konnten zwei Drittel der Gemeinde das Abendmahl
nicht erhallen. Wir gingen darauf aus der Kirche fort nach dem Pavillon



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[0253] heiligen Schrift (für unsre Lehre») vor. Der Priester war sehr gelehrt, mehr als alle (syrische») Priester in Botan. Ein armenischer Kaufmann kam und sagte dem Priester in kurdischer Sprache: „ni.min Dich in Acht vor diesen Men¬ schen, daß sie niemand in die Irre führen". Er aber sagte: „nein! nein! es sind sehr gute Leute; sie nehme» all ihre Worte aus dem Alten und Neuen Testament". „Und," fügte er hinzu, „wenns Dir gefällig ist, so frage sie doch auf türkisch, und steh selbst zu." Da fragte der Kaufmann, ob wir Abendmahl, Taufe u. f. w. hätten, und als wir ihm mit Gottes Hilfe Antwort gaben, gefiel es ihm sehr. Am Donnerstag gingen wir von Dergulc nach Berid zum R^ö Dschimma. Da wir hier hörten, daß der Priester des Orts, Jschak, krank wäre, so gingen wir zu ihm hin und redeten mit ihm. Er disputirte mit uns und sagte: „Wenn jemand die Faste» brüht, so nehme ich ihn »icht an, mag er auch Vom Himmel herabkomme»; denn die Propheten haben 'gesät, die Apostel ge¬ erntet-, aber erst die Kirchenlehrer haben das Getreide auf die Tenne gebracht, gedroschen, gemahlen und Brod für die Menschheit bereitet" (d. h. erst die Kirchenlehrer haben die Lehren der Bibel in die brauchbare und giltige Form gebracht, daher auch ihre Fastenvorschriften, wenn auch nicht >n der Bib'el zu finden, giltig sind). „Wie?" aniworlctcn wir, „die, welche den heiligen Geist halten (Propheten und Apostel) hätten kein Bivo für die Menschheit be¬ reiten können, aber die, weiche ihn nicht hatten, sollten vermögt habe», für sie Brode zu backe»?" Da wir sahen, daß er sehr u»^e>sse»d^r^r und mia't einmal lesen konnte, so standen wir auf und gingen zum ^'is^urück. Am Abend veiscimmeltcn sich die Bewohner des Ons und wir predigten >due» -von der Siloahquelle (Joh. 9, 7 ff.). Ein Mensch aus der Versammlung sagte: „Warum habt Ihr keinen Brief vom Patriarchen Mitgebracht? er ist durcoaus nicht mit Euch einverstanden, darum habt Ihr keine» Brief von ihm." Da wir ihm aber eine (zweckmäßige) Antwort gaben, so schwieg er. Am Freitag gingen wir von Berid nach Schach. Beim Eintritt in den Ort fürchteten wir uns sehr, weil die Bewohner das Jahr vorher die Diaconen Sejad und Musche weggejagt hatten. Am Sonntag theilten wir das Abend¬ mahl aus. An die 200 Menschen. etwas mehr oder weniger, Versammelren sich, und wir predigten ihnen darüber, wie man das Sacrament nehmen müsse, nämlich über 1. Cor.11, 18*): „Wer aber unwüidig vom Brod des Herrn isser und von seinem Kelch trinkt, der ist schuldig am Blut und Leib des Herrn. Der Mensch prüfe sich selbst und danach esse er von diesem Brode und trinke von diesem Kelch." Da konnten zwei Drittel der Gemeinde das Abendmahl nicht erhallen. Wir gingen darauf aus der Kirche fort nach dem Pavillon ") Das Clerk muß heißen 1. Cor-11, 27 f. Grenzbote» IV. 18VV.30

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/253>, abgerufen am 04.07.2024.