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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Wie würd'se du Lilly weitaus übereilen,
Den Späßer Kid und Marloves macht'ge Zeilen,
Hätt'se du auch kaum Latein, noch Griechisch inne.
Ich müßt' Euripides und Aeschylus.
Pacuvius, Sophokles und Accius,
Der bei Cordova fiel, heraufbeschwören,
Damit sie, neu belebt, dein Pathos hören,
Das Hörer schüttelt (sdaking). -- Zieh den Soccus
Und stelle dich zu der Vergleichung dann
Dem stolzen Rom und kecken Griechenland,
Die ausgestiegen aus dem Schattenland. --
Triumph, mein England! Denn ein Mann ist dein,
Dem alle Bühr' Europens Huld'gnug weih'n.
Ohr' Alter war er und für alle Zeit!
Die Musen schritten noch im Kinderkleid,
Als wie Apoll er kam in Götterkraft,
Wie Hermes, schon als Knab' in Meisterschaft.
Stolz spendete Natur ihm ihre Gaben,
Erfreut, die Spindel seines Worts zu haben.
So reichlich spinnt er es und webt so nutz,
Daß sie jetzt abhold jedem andern Witz.
Die Scherze des Terenz und des Aristophan,
Der witzgc Plautus stehe ihr nicht mehr an. --
Doch nicht Natur allein, auch deine Kunst,
Mein edler Shakespeare, fordert Gunst:
Ist auch des Dichters Stoff Natur allein,
Die Kunst giebt ihm die Form. Die nenne sein,
Wer Leben schildern will; er tauche gut,
Wie du, den Stoff in seines Herzens Gluth
Und auf der Musen Amboß strecke, wende
Das Eisen zweckvoll er zum guten Ende.
Sonst erntet er nur Spott statt Lorbeer ein,
Fleiß auch macht Dichter, nicht Geburt allein.
So war's mit Dir. Wie Vater's Angesicht
In seinen Erben lebt, so leuchtend spricht
Shakespeares Gemüth und Geist in allen Theilen
An" seinem Vers, den wohlgewebtcn Zeilen:
In jeder, scheint es, schüttelt er den Speer*)
Und schwingt ihn gegen der Verdünnter Heer.
Was für ein Anblick, süßer Avonschwan!
Zögst du auf unsern Wassern jetzt heran,
Um auf der Themse Sand der Kunst zu walten,
'
Die einst Elis und Jacob hoch gehalten!


-) Spiel mit dem Namen: sKs,Ks-sxear.
Wie würd'se du Lilly weitaus übereilen,
Den Späßer Kid und Marloves macht'ge Zeilen,
Hätt'se du auch kaum Latein, noch Griechisch inne.
Ich müßt' Euripides und Aeschylus.
Pacuvius, Sophokles und Accius,
Der bei Cordova fiel, heraufbeschwören,
Damit sie, neu belebt, dein Pathos hören,
Das Hörer schüttelt (sdaking). — Zieh den Soccus
Und stelle dich zu der Vergleichung dann
Dem stolzen Rom und kecken Griechenland,
Die ausgestiegen aus dem Schattenland. —
Triumph, mein England! Denn ein Mann ist dein,
Dem alle Bühr' Europens Huld'gnug weih'n.
Ohr' Alter war er und für alle Zeit!
Die Musen schritten noch im Kinderkleid,
Als wie Apoll er kam in Götterkraft,
Wie Hermes, schon als Knab' in Meisterschaft.
Stolz spendete Natur ihm ihre Gaben,
Erfreut, die Spindel seines Worts zu haben.
So reichlich spinnt er es und webt so nutz,
Daß sie jetzt abhold jedem andern Witz.
Die Scherze des Terenz und des Aristophan,
Der witzgc Plautus stehe ihr nicht mehr an. —
Doch nicht Natur allein, auch deine Kunst,
Mein edler Shakespeare, fordert Gunst:
Ist auch des Dichters Stoff Natur allein,
Die Kunst giebt ihm die Form. Die nenne sein,
Wer Leben schildern will; er tauche gut,
Wie du, den Stoff in seines Herzens Gluth
Und auf der Musen Amboß strecke, wende
Das Eisen zweckvoll er zum guten Ende.
Sonst erntet er nur Spott statt Lorbeer ein,
Fleiß auch macht Dichter, nicht Geburt allein.
So war's mit Dir. Wie Vater's Angesicht
In seinen Erben lebt, so leuchtend spricht
Shakespeares Gemüth und Geist in allen Theilen
An« seinem Vers, den wohlgewebtcn Zeilen:
In jeder, scheint es, schüttelt er den Speer*)
Und schwingt ihn gegen der Verdünnter Heer.
Was für ein Anblick, süßer Avonschwan!
Zögst du auf unsern Wassern jetzt heran,
Um auf der Themse Sand der Kunst zu walten,
'
Die einst Elis und Jacob hoch gehalten!


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[0209] Wie würd'se du Lilly weitaus übereilen, Den Späßer Kid und Marloves macht'ge Zeilen, Hätt'se du auch kaum Latein, noch Griechisch inne. Ich müßt' Euripides und Aeschylus. Pacuvius, Sophokles und Accius, Der bei Cordova fiel, heraufbeschwören, Damit sie, neu belebt, dein Pathos hören, Das Hörer schüttelt (sdaking). — Zieh den Soccus Und stelle dich zu der Vergleichung dann Dem stolzen Rom und kecken Griechenland, Die ausgestiegen aus dem Schattenland. — Triumph, mein England! Denn ein Mann ist dein, Dem alle Bühr' Europens Huld'gnug weih'n. Ohr' Alter war er und für alle Zeit! Die Musen schritten noch im Kinderkleid, Als wie Apoll er kam in Götterkraft, Wie Hermes, schon als Knab' in Meisterschaft. Stolz spendete Natur ihm ihre Gaben, Erfreut, die Spindel seines Worts zu haben. So reichlich spinnt er es und webt so nutz, Daß sie jetzt abhold jedem andern Witz. Die Scherze des Terenz und des Aristophan, Der witzgc Plautus stehe ihr nicht mehr an. — Doch nicht Natur allein, auch deine Kunst, Mein edler Shakespeare, fordert Gunst: Ist auch des Dichters Stoff Natur allein, Die Kunst giebt ihm die Form. Die nenne sein, Wer Leben schildern will; er tauche gut, Wie du, den Stoff in seines Herzens Gluth Und auf der Musen Amboß strecke, wende Das Eisen zweckvoll er zum guten Ende. Sonst erntet er nur Spott statt Lorbeer ein, Fleiß auch macht Dichter, nicht Geburt allein. So war's mit Dir. Wie Vater's Angesicht In seinen Erben lebt, so leuchtend spricht Shakespeares Gemüth und Geist in allen Theilen An« seinem Vers, den wohlgewebtcn Zeilen: In jeder, scheint es, schüttelt er den Speer*) Und schwingt ihn gegen der Verdünnter Heer. Was für ein Anblick, süßer Avonschwan! Zögst du auf unsern Wassern jetzt heran, Um auf der Themse Sand der Kunst zu walten, ' Die einst Elis und Jacob hoch gehalten! -) Spiel mit dem Namen: sKs,Ks-sxear.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/209>, abgerufen am 04.07.2024.