Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.Einziehung der Militärpflichtiger klang die Aufstellung kaiserlicher Offiziere zur Wir wollen hierbei nicht verschweigen, daß beim Einzug der Oestreicher Einziehung der Militärpflichtiger klang die Aufstellung kaiserlicher Offiziere zur Wir wollen hierbei nicht verschweigen, daß beim Einzug der Oestreicher <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0126" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286274"/> <p xml:id="ID_343" prev="#ID_342"> Einziehung der Militärpflichtiger klang die Aufstellung kaiserlicher Offiziere zur<lb/> Leitung, grade als ob man das Corps sonst nicht zusammenhalten könnte.<lb/> Wenn so große Vorsicht noth that, ließ der Patriotismus manches zu wünschen<lb/> übrig. Auch konnte man angesichts der Adressen, welche Victor Emanuel von<lb/> den Vorstehern und Räthen mancher Gemeinden überbracht wurden, und stür¬<lb/> misch den Anschluß Wälschtirols an Italien forderten, eine Unterdrückung des<lb/> wahren Voltswillens nur durch die überwiegende Menge andrer nachweisen, die<lb/> sich für Oestreich erklärten. Beispiele sind verführerisch, und so wurde denn<lb/> bald nach dem Abzug der feindlichen Dränger eine Aufforderung an alle Ge¬<lb/> meindevorsteher in Umlauf gesetzt, „sofort die Gemeindevertretungen einzuberufen<lb/> und auf Grund ihres Beschlusses eine Adresse an Se. k. k. Majestät abzufassen,<lb/> in welcher die Gemeinde im Namen aller ihrer Glieder den Wunsch ausspricht,<lb/> mit Oestreich vereinigt zu bleiben, ohne sich auf irgendwelche Bemerkungen ein¬<lb/> zulassen". Es verstehe sich von selbst, hieß es dann weiter, „daß diese Adresse<lb/> als von der Gemeindevertretung freiwillig und nicht zufolge höherer Einflüste¬<lb/> rung verfaßt figuriren muß". Wir wissen zwar nicht, wie viele solcher Adressen<lb/> an den k. k. Hofrath Gras Hvhenwart, der sie überliefern sollte, gelangten, ihr<lb/> Zudrang scheint aber nicht befriedigt zu haben, da ein officiöser Correspondent<lb/> der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" trotz der bestimmtesten Abläugnung einer<lb/> diesfälligen Anregung aus Wien auch ihre fernere Annahme zusichern zu können<lb/> meinte.</p><lb/> <p xml:id="ID_344" next="#ID_345"> Wir wollen hierbei nicht verschweigen, daß beim Einzug der Oestreicher<lb/> eine übergroße Menge Menschen, in Pergine bei 20,000, herbeiströmte, um sie<lb/> wie im Triumphe zu empfangen. Generalmajor Kühn wurde fast erdrückt von<lb/> den schlichten Leuten, die sich drängten, ihm die Hände zu küssen, er konnte die<lb/> Freudenthränen nicht unterdrücken. In Levico, das für sehr garibaldianisch<lb/> galt, schmückten sich die Bauern mit grünen Zweigen, von den Fenstern flaggte<lb/> die tiroler Fahne, das Volk schrie: Lvvivg. l'^Vustria,, ewivv 1'Imxeiatore!<lb/> Auch die Bauernhäuser auf der Straße uach Borgo prangten in festlichem<lb/> schwarzgelb und in Borgo selbst entkleidete die Menge die östreichischen Fahnen<lb/> ihrer Hüllen und schmückte sie mit Kränzen. Man muß aber auch erfahren,<lb/> wie die Bewohner des Valsugano von den italienischen Truppen behandelt<lb/> wurden. Das Vieh nahmen sie ihnen von der Weide, selbst die noch unreife<lb/> Frucht vom Acker, die erzwungenen Lieferungen bezahlten sie mit italienischem<lb/> Papiergeld und in den letzten Tagen gar nicht. Gleichwohl möchten wir es<lb/> bei der Beweglichkeit des wälschen Blutes und der Stammverwandtschaft mit<lb/> den südlichen Nachbarn sehr bezweifeln, daß sie diesen bei einem neuen Einfall<lb/> als erbitterte Feinde gegenüberstehen. Was Generalmajor Kühn beim feierlichen<lb/> Empfange in Pergine den Abgeordneten des Marktes sagte, dürfte auf viele<lb/> passen: - „Sie haben, grade so wie heute mich, früher den General Medici</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0126]
Einziehung der Militärpflichtiger klang die Aufstellung kaiserlicher Offiziere zur
Leitung, grade als ob man das Corps sonst nicht zusammenhalten könnte.
Wenn so große Vorsicht noth that, ließ der Patriotismus manches zu wünschen
übrig. Auch konnte man angesichts der Adressen, welche Victor Emanuel von
den Vorstehern und Räthen mancher Gemeinden überbracht wurden, und stür¬
misch den Anschluß Wälschtirols an Italien forderten, eine Unterdrückung des
wahren Voltswillens nur durch die überwiegende Menge andrer nachweisen, die
sich für Oestreich erklärten. Beispiele sind verführerisch, und so wurde denn
bald nach dem Abzug der feindlichen Dränger eine Aufforderung an alle Ge¬
meindevorsteher in Umlauf gesetzt, „sofort die Gemeindevertretungen einzuberufen
und auf Grund ihres Beschlusses eine Adresse an Se. k. k. Majestät abzufassen,
in welcher die Gemeinde im Namen aller ihrer Glieder den Wunsch ausspricht,
mit Oestreich vereinigt zu bleiben, ohne sich auf irgendwelche Bemerkungen ein¬
zulassen". Es verstehe sich von selbst, hieß es dann weiter, „daß diese Adresse
als von der Gemeindevertretung freiwillig und nicht zufolge höherer Einflüste¬
rung verfaßt figuriren muß". Wir wissen zwar nicht, wie viele solcher Adressen
an den k. k. Hofrath Gras Hvhenwart, der sie überliefern sollte, gelangten, ihr
Zudrang scheint aber nicht befriedigt zu haben, da ein officiöser Correspondent
der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" trotz der bestimmtesten Abläugnung einer
diesfälligen Anregung aus Wien auch ihre fernere Annahme zusichern zu können
meinte.
Wir wollen hierbei nicht verschweigen, daß beim Einzug der Oestreicher
eine übergroße Menge Menschen, in Pergine bei 20,000, herbeiströmte, um sie
wie im Triumphe zu empfangen. Generalmajor Kühn wurde fast erdrückt von
den schlichten Leuten, die sich drängten, ihm die Hände zu küssen, er konnte die
Freudenthränen nicht unterdrücken. In Levico, das für sehr garibaldianisch
galt, schmückten sich die Bauern mit grünen Zweigen, von den Fenstern flaggte
die tiroler Fahne, das Volk schrie: Lvvivg. l'^Vustria,, ewivv 1'Imxeiatore!
Auch die Bauernhäuser auf der Straße uach Borgo prangten in festlichem
schwarzgelb und in Borgo selbst entkleidete die Menge die östreichischen Fahnen
ihrer Hüllen und schmückte sie mit Kränzen. Man muß aber auch erfahren,
wie die Bewohner des Valsugano von den italienischen Truppen behandelt
wurden. Das Vieh nahmen sie ihnen von der Weide, selbst die noch unreife
Frucht vom Acker, die erzwungenen Lieferungen bezahlten sie mit italienischem
Papiergeld und in den letzten Tagen gar nicht. Gleichwohl möchten wir es
bei der Beweglichkeit des wälschen Blutes und der Stammverwandtschaft mit
den südlichen Nachbarn sehr bezweifeln, daß sie diesen bei einem neuen Einfall
als erbitterte Feinde gegenüberstehen. Was Generalmajor Kühn beim feierlichen
Empfange in Pergine den Abgeordneten des Marktes sagte, dürfte auf viele
passen: - „Sie haben, grade so wie heute mich, früher den General Medici
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