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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Oestreicher sich gegen die erste preußische Armee und das Elbthal richten würde.
Dies war nicht der Fall. Die Armee Friedrich Karl fand, als sie von Gör-
litz über Reichenberg in Böhmen eindrang nur das erste östreichische Corps
(Clam Gallas) sich gegenüber, sie vermochte mit verhältnißmäßig geringen
Opfern bei Münchengrätz ihre Bereinigung mit der Elbarmee zu bewirken. Die
ganze Kraft des östreichischen Gegenstoßes concentrirte sich gegen die Armee des
Kronprinzen, dort hatte am 27. das erste preußische Corps gegen das zehnte
östreichische (Gablenz) auf der Straße von Liebau auf Trauten"" harten und
ungünstigen Kampf, während das fünfte preußische Corps, welches von Nachod
nach Skalitz vordrang, den Gegenstoß des östreichischen Corps Namming aus¬
hielt und den Feind in dreitägigen Gefecht so übel zurichtete, daß am 28.
und 29. noch die östreichischen Corps Festetis und Erzherzog Leopold vergeb¬
lich aufgewandt wurden, den Bormarsch der Preußen aufzuhalten. Unterdeß
hatte der Kronprinz gegen das Corps Gablenz am 28. die preußischen Garden
geführt und auch auf dieser Straße den Feind vollständig geschlagen. Nachdem
durch drei blutige und siegreiche Tage von der einbrechenden Armee das Ge-
birgsterrain mit seinen Defileen und Positionen erobert war, kam alles darauf
an, die Verbindung mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl durchzusetzen.
Der Sturm auf Gitschin nahm den Oestreichern die Möglichkeit, sich als Keil
zwischen die beiden preußischen Armeen zu treiben, er vereinigte die gesammte
Streitmacht der Preußen und bezeichnete die Vollendung der Operationen,
welche den entscheidenden Zusammenstoß der beiden großen Heere einzuleiten
hatten.

Die harten Kämpfe, welche in dem kurzen Zeitraum von fünf Tagen ge¬
liefert waren, hatten für die Preußen das Resultat einer großen gewonnenen
Schlacht gehabt. Sie hatten weites, hart vertheidigtes und strategisch wichtiges
Terrain in ihren Besitz gebracht und sie hatten die Kraft des Feindes gewaltig
erschüttert. Seine fünf großen Corps waren sämmtlich engagirt gewesen und
sämmtlich geschlagen worden, das zehnte bis zur Auflösung, die Verluste an
Todten und Kriegsmaterial waren beträchtlich, unverhältnißmäßig groß die Zahl
der Gefangenen. Die Preußen hatten vor der ersten Entscheidungsschlacht
bereits mehr als 20,000 östreichische Gefangene. Gefährlicher aber als die
Berluste war die Empfindung, welche der östreichischen Armee in diesen fünf
Tagen eingeschlagen worden war, daß trotz ihrer Bravour die Bewaffnung,
Taktik, Intelligenz der Mannschaft und die Energie und Sicherheit des Com-
mandos dem preußischen Heer eine sichere Ueberlegenheit gebe. Unter diesen
schwierigen Verhältnissen wagte Benedek die Schlacht bei Königgrätz. Noch
Vermag man, während dies geschrieben wird, die Resultate derselben nicht zu
übersehen, es ist kein Zweifel, daß sie die östreichische Armee für die nächste
Zeit ""fähig macht, dem preußischen Heer im Feld Widerstand zu leisten.


Oestreicher sich gegen die erste preußische Armee und das Elbthal richten würde.
Dies war nicht der Fall. Die Armee Friedrich Karl fand, als sie von Gör-
litz über Reichenberg in Böhmen eindrang nur das erste östreichische Corps
(Clam Gallas) sich gegenüber, sie vermochte mit verhältnißmäßig geringen
Opfern bei Münchengrätz ihre Bereinigung mit der Elbarmee zu bewirken. Die
ganze Kraft des östreichischen Gegenstoßes concentrirte sich gegen die Armee des
Kronprinzen, dort hatte am 27. das erste preußische Corps gegen das zehnte
östreichische (Gablenz) auf der Straße von Liebau auf Trauten«» harten und
ungünstigen Kampf, während das fünfte preußische Corps, welches von Nachod
nach Skalitz vordrang, den Gegenstoß des östreichischen Corps Namming aus¬
hielt und den Feind in dreitägigen Gefecht so übel zurichtete, daß am 28.
und 29. noch die östreichischen Corps Festetis und Erzherzog Leopold vergeb¬
lich aufgewandt wurden, den Bormarsch der Preußen aufzuhalten. Unterdeß
hatte der Kronprinz gegen das Corps Gablenz am 28. die preußischen Garden
geführt und auch auf dieser Straße den Feind vollständig geschlagen. Nachdem
durch drei blutige und siegreiche Tage von der einbrechenden Armee das Ge-
birgsterrain mit seinen Defileen und Positionen erobert war, kam alles darauf
an, die Verbindung mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl durchzusetzen.
Der Sturm auf Gitschin nahm den Oestreichern die Möglichkeit, sich als Keil
zwischen die beiden preußischen Armeen zu treiben, er vereinigte die gesammte
Streitmacht der Preußen und bezeichnete die Vollendung der Operationen,
welche den entscheidenden Zusammenstoß der beiden großen Heere einzuleiten
hatten.

Die harten Kämpfe, welche in dem kurzen Zeitraum von fünf Tagen ge¬
liefert waren, hatten für die Preußen das Resultat einer großen gewonnenen
Schlacht gehabt. Sie hatten weites, hart vertheidigtes und strategisch wichtiges
Terrain in ihren Besitz gebracht und sie hatten die Kraft des Feindes gewaltig
erschüttert. Seine fünf großen Corps waren sämmtlich engagirt gewesen und
sämmtlich geschlagen worden, das zehnte bis zur Auflösung, die Verluste an
Todten und Kriegsmaterial waren beträchtlich, unverhältnißmäßig groß die Zahl
der Gefangenen. Die Preußen hatten vor der ersten Entscheidungsschlacht
bereits mehr als 20,000 östreichische Gefangene. Gefährlicher aber als die
Berluste war die Empfindung, welche der östreichischen Armee in diesen fünf
Tagen eingeschlagen worden war, daß trotz ihrer Bravour die Bewaffnung,
Taktik, Intelligenz der Mannschaft und die Energie und Sicherheit des Com-
mandos dem preußischen Heer eine sichere Ueberlegenheit gebe. Unter diesen
schwierigen Verhältnissen wagte Benedek die Schlacht bei Königgrätz. Noch
Vermag man, während dies geschrieben wird, die Resultate derselben nicht zu
übersehen, es ist kein Zweifel, daß sie die östreichische Armee für die nächste
Zeit »»fähig macht, dem preußischen Heer im Feld Widerstand zu leisten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/90>, abgerufen am 22.07.2024.