Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Mal die Verantwortung eines KriegscommandoS auf ihrem Haupte fühlen?
Die Truppen haben sich geschlagen mit dem Feuer der Jugend und mit der
Dauer kampfharter Krieger und das Commando hat eine so sichere Energie
erwiesen, wie wir sie nur lange erprobten starken Feldherrn zutrauen.

ES war eine glorreiche Woche der preußischen Geschichte. Wir hoffen von
kundiger Feder eine genaue Schilderung der militärischen Einzelheiten zu er¬
halten, jetzt sind wir noch auf die spärlichen Nachrichten angewiesen, welche die
officiellen Telegramme deS preußischen Staatsanzeigers bringen. Denn auch
das ist charakteristisch für diesen Krieg, daß nur die einfachen, man darf sagen
bescheidenen Telegramme der Preußen die Wahrheit melden -- wenn auch nicht
die ganze Wahrheit; während die östreichischen Nachrichten, selbst die officiellen,
und noch mehr die Lügenberichte süddeutscher Blätter fast nichts von dem wirk¬
lichen Lauf der Dinge erkennen lassen. Sie sind sehr charakteristisch als Symptom
der momentanen Verstörung, an welcher unsere Landsleute im Süden leiden,
für Kenntniß der Sachlage ist zur Zeit nichts daraus zu entnehmen.

Das preußische Heer war, wie bekannt, in Schlesien längs der böhmischen
Grenze in zwei Armeen aufgestellt. Die erste Armee, Prinz Friedrich Karl, um¬
faßte das dritte und vierte Corps, deren Verband in Divisionen aufgelöst war, also
die fünfte, sechste, siebente und achte Division, außerdem die größere Hälfte des
siebenten Corps (die vierzehnte Division) und das achte Corps, welches unter
Herwarth von Bitterfeld als Elbarmee auf besonderem Kriegstheater operirte
und erst bei Münchengrätz sich mit der ersten Armee vereinte, nachdem das neu-
gebildete zehnte Corps unter General von der Mulde in die sächsischen Stel¬
lungen des achten eingerückt war. Außerdem war das Corps des Prinzen
Friedrich Karl durch vier Cavaleriedivisionen verstärkt, zu denen auch die Corps
der andern Armee Reiterei abgegeben hatten. -- Die zweite Armee, Kronprinz,
deren Truppentheile im Corpsverband geblieben sind, umfaßte im ersten Treffen
das fünfte Corps (Posen und Niederschlesien unter General Steinmetz), das
sechste Corps (Schlesien unter General Mutius), als zweites Treffen das zweite
Corps (Pommern unter General Schmidt), aus der Armecreserve waren ihm
das erste Corps (Ost- und Westpreußen unter General Bonin) und der größte
Theil der Garden zugetheilt.

Die Stellung der Oestreicher in Böhmen ist zu vergleichen mit einer un¬
geheuern Festung, deren Außenwerke die Gebirgspässe im Osten und Westen
des Riesenkammes sind, als deren Mittelpunkt die Stellung bei Pardubitz be¬
trachtet werden kann. Zwischen den Ausläufern des Riesengebirges und dem
Elblauf von Pardubitz bis Prag zieht sich noch von Königgrätz bis Jungbunz-
lau eine Hügelreihe, welche einer Armee, welche zurückgedrängt wird, Stütz-
Punkte und günstiges Terrain für eine Schlacht bietet.

Man hatte preußischerseits vielleicht erwartet, daß die stärkste Kraft der


Mal die Verantwortung eines KriegscommandoS auf ihrem Haupte fühlen?
Die Truppen haben sich geschlagen mit dem Feuer der Jugend und mit der
Dauer kampfharter Krieger und das Commando hat eine so sichere Energie
erwiesen, wie wir sie nur lange erprobten starken Feldherrn zutrauen.

ES war eine glorreiche Woche der preußischen Geschichte. Wir hoffen von
kundiger Feder eine genaue Schilderung der militärischen Einzelheiten zu er¬
halten, jetzt sind wir noch auf die spärlichen Nachrichten angewiesen, welche die
officiellen Telegramme deS preußischen Staatsanzeigers bringen. Denn auch
das ist charakteristisch für diesen Krieg, daß nur die einfachen, man darf sagen
bescheidenen Telegramme der Preußen die Wahrheit melden — wenn auch nicht
die ganze Wahrheit; während die östreichischen Nachrichten, selbst die officiellen,
und noch mehr die Lügenberichte süddeutscher Blätter fast nichts von dem wirk¬
lichen Lauf der Dinge erkennen lassen. Sie sind sehr charakteristisch als Symptom
der momentanen Verstörung, an welcher unsere Landsleute im Süden leiden,
für Kenntniß der Sachlage ist zur Zeit nichts daraus zu entnehmen.

Das preußische Heer war, wie bekannt, in Schlesien längs der böhmischen
Grenze in zwei Armeen aufgestellt. Die erste Armee, Prinz Friedrich Karl, um¬
faßte das dritte und vierte Corps, deren Verband in Divisionen aufgelöst war, also
die fünfte, sechste, siebente und achte Division, außerdem die größere Hälfte des
siebenten Corps (die vierzehnte Division) und das achte Corps, welches unter
Herwarth von Bitterfeld als Elbarmee auf besonderem Kriegstheater operirte
und erst bei Münchengrätz sich mit der ersten Armee vereinte, nachdem das neu-
gebildete zehnte Corps unter General von der Mulde in die sächsischen Stel¬
lungen des achten eingerückt war. Außerdem war das Corps des Prinzen
Friedrich Karl durch vier Cavaleriedivisionen verstärkt, zu denen auch die Corps
der andern Armee Reiterei abgegeben hatten. — Die zweite Armee, Kronprinz,
deren Truppentheile im Corpsverband geblieben sind, umfaßte im ersten Treffen
das fünfte Corps (Posen und Niederschlesien unter General Steinmetz), das
sechste Corps (Schlesien unter General Mutius), als zweites Treffen das zweite
Corps (Pommern unter General Schmidt), aus der Armecreserve waren ihm
das erste Corps (Ost- und Westpreußen unter General Bonin) und der größte
Theil der Garden zugetheilt.

Die Stellung der Oestreicher in Böhmen ist zu vergleichen mit einer un¬
geheuern Festung, deren Außenwerke die Gebirgspässe im Osten und Westen
des Riesenkammes sind, als deren Mittelpunkt die Stellung bei Pardubitz be¬
trachtet werden kann. Zwischen den Ausläufern des Riesengebirges und dem
Elblauf von Pardubitz bis Prag zieht sich noch von Königgrätz bis Jungbunz-
lau eine Hügelreihe, welche einer Armee, welche zurückgedrängt wird, Stütz-
Punkte und günstiges Terrain für eine Schlacht bietet.

Man hatte preußischerseits vielleicht erwartet, daß die stärkste Kraft der


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0089" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285677"/>
          <p xml:id="ID_267" prev="#ID_266"> Mal die Verantwortung eines KriegscommandoS auf ihrem Haupte fühlen?<lb/>
Die Truppen haben sich geschlagen mit dem Feuer der Jugend und mit der<lb/>
Dauer kampfharter Krieger und das Commando hat eine so sichere Energie<lb/>
erwiesen, wie wir sie nur lange erprobten starken Feldherrn zutrauen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_268"> ES war eine glorreiche Woche der preußischen Geschichte. Wir hoffen von<lb/>
kundiger Feder eine genaue Schilderung der militärischen Einzelheiten zu er¬<lb/>
halten, jetzt sind wir noch auf die spärlichen Nachrichten angewiesen, welche die<lb/>
officiellen Telegramme deS preußischen Staatsanzeigers bringen. Denn auch<lb/>
das ist charakteristisch für diesen Krieg, daß nur die einfachen, man darf sagen<lb/>
bescheidenen Telegramme der Preußen die Wahrheit melden &#x2014; wenn auch nicht<lb/>
die ganze Wahrheit; während die östreichischen Nachrichten, selbst die officiellen,<lb/>
und noch mehr die Lügenberichte süddeutscher Blätter fast nichts von dem wirk¬<lb/>
lichen Lauf der Dinge erkennen lassen. Sie sind sehr charakteristisch als Symptom<lb/>
der momentanen Verstörung, an welcher unsere Landsleute im Süden leiden,<lb/>
für Kenntniß der Sachlage ist zur Zeit nichts daraus zu entnehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_269"> Das preußische Heer war, wie bekannt, in Schlesien längs der böhmischen<lb/>
Grenze in zwei Armeen aufgestellt. Die erste Armee, Prinz Friedrich Karl, um¬<lb/>
faßte das dritte und vierte Corps, deren Verband in Divisionen aufgelöst war, also<lb/>
die fünfte, sechste, siebente und achte Division, außerdem die größere Hälfte des<lb/>
siebenten Corps (die vierzehnte Division) und das achte Corps, welches unter<lb/>
Herwarth von Bitterfeld als Elbarmee auf besonderem Kriegstheater operirte<lb/>
und erst bei Münchengrätz sich mit der ersten Armee vereinte, nachdem das neu-<lb/>
gebildete zehnte Corps unter General von der Mulde in die sächsischen Stel¬<lb/>
lungen des achten eingerückt war. Außerdem war das Corps des Prinzen<lb/>
Friedrich Karl durch vier Cavaleriedivisionen verstärkt, zu denen auch die Corps<lb/>
der andern Armee Reiterei abgegeben hatten. &#x2014; Die zweite Armee, Kronprinz,<lb/>
deren Truppentheile im Corpsverband geblieben sind, umfaßte im ersten Treffen<lb/>
das fünfte Corps (Posen und Niederschlesien unter General Steinmetz), das<lb/>
sechste Corps (Schlesien unter General Mutius), als zweites Treffen das zweite<lb/>
Corps (Pommern unter General Schmidt), aus der Armecreserve waren ihm<lb/>
das erste Corps (Ost- und Westpreußen unter General Bonin) und der größte<lb/>
Theil der Garden zugetheilt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_270"> Die Stellung der Oestreicher in Böhmen ist zu vergleichen mit einer un¬<lb/>
geheuern Festung, deren Außenwerke die Gebirgspässe im Osten und Westen<lb/>
des Riesenkammes sind, als deren Mittelpunkt die Stellung bei Pardubitz be¬<lb/>
trachtet werden kann. Zwischen den Ausläufern des Riesengebirges und dem<lb/>
Elblauf von Pardubitz bis Prag zieht sich noch von Königgrätz bis Jungbunz-<lb/>
lau eine Hügelreihe, welche einer Armee, welche zurückgedrängt wird, Stütz-<lb/>
Punkte und günstiges Terrain für eine Schlacht bietet.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_271" next="#ID_272"> Man hatte preußischerseits vielleicht erwartet, daß die stärkste Kraft der</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0089] Mal die Verantwortung eines KriegscommandoS auf ihrem Haupte fühlen? Die Truppen haben sich geschlagen mit dem Feuer der Jugend und mit der Dauer kampfharter Krieger und das Commando hat eine so sichere Energie erwiesen, wie wir sie nur lange erprobten starken Feldherrn zutrauen. ES war eine glorreiche Woche der preußischen Geschichte. Wir hoffen von kundiger Feder eine genaue Schilderung der militärischen Einzelheiten zu er¬ halten, jetzt sind wir noch auf die spärlichen Nachrichten angewiesen, welche die officiellen Telegramme deS preußischen Staatsanzeigers bringen. Denn auch das ist charakteristisch für diesen Krieg, daß nur die einfachen, man darf sagen bescheidenen Telegramme der Preußen die Wahrheit melden — wenn auch nicht die ganze Wahrheit; während die östreichischen Nachrichten, selbst die officiellen, und noch mehr die Lügenberichte süddeutscher Blätter fast nichts von dem wirk¬ lichen Lauf der Dinge erkennen lassen. Sie sind sehr charakteristisch als Symptom der momentanen Verstörung, an welcher unsere Landsleute im Süden leiden, für Kenntniß der Sachlage ist zur Zeit nichts daraus zu entnehmen. Das preußische Heer war, wie bekannt, in Schlesien längs der böhmischen Grenze in zwei Armeen aufgestellt. Die erste Armee, Prinz Friedrich Karl, um¬ faßte das dritte und vierte Corps, deren Verband in Divisionen aufgelöst war, also die fünfte, sechste, siebente und achte Division, außerdem die größere Hälfte des siebenten Corps (die vierzehnte Division) und das achte Corps, welches unter Herwarth von Bitterfeld als Elbarmee auf besonderem Kriegstheater operirte und erst bei Münchengrätz sich mit der ersten Armee vereinte, nachdem das neu- gebildete zehnte Corps unter General von der Mulde in die sächsischen Stel¬ lungen des achten eingerückt war. Außerdem war das Corps des Prinzen Friedrich Karl durch vier Cavaleriedivisionen verstärkt, zu denen auch die Corps der andern Armee Reiterei abgegeben hatten. — Die zweite Armee, Kronprinz, deren Truppentheile im Corpsverband geblieben sind, umfaßte im ersten Treffen das fünfte Corps (Posen und Niederschlesien unter General Steinmetz), das sechste Corps (Schlesien unter General Mutius), als zweites Treffen das zweite Corps (Pommern unter General Schmidt), aus der Armecreserve waren ihm das erste Corps (Ost- und Westpreußen unter General Bonin) und der größte Theil der Garden zugetheilt. Die Stellung der Oestreicher in Böhmen ist zu vergleichen mit einer un¬ geheuern Festung, deren Außenwerke die Gebirgspässe im Osten und Westen des Riesenkammes sind, als deren Mittelpunkt die Stellung bei Pardubitz be¬ trachtet werden kann. Zwischen den Ausläufern des Riesengebirges und dem Elblauf von Pardubitz bis Prag zieht sich noch von Königgrätz bis Jungbunz- lau eine Hügelreihe, welche einer Armee, welche zurückgedrängt wird, Stütz- Punkte und günstiges Terrain für eine Schlacht bietet. Man hatte preußischerseits vielleicht erwartet, daß die stärkste Kraft der

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/89
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/89>, abgerufen am 22.07.2024.