Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

welches sich um Frankfurt concentrirt -- ich sage um Frankfurt und nicht in
Frankfurt, denn diese an östreichischen Papieren und Sympathien außerordentlich
reiche Stadt wird hinsichtlich der Einquartierung, vorerst wenigstens, mit der
äußersten Schonung behandelt -- wird commentirt von dem Prinzen Alexander
von Hessen. Letztrer ist östreichischer Feldmarschall und Oberstinhaber des sechsten
k. k. Kürassierrcgiments. Bekanntlich hat dieser Prinz sich in dem italienischen
Feldzug von 1859 auf östreichischer Seite durch eine besondere Bravour aus¬
gezeichnet, welche seine Gegner als zwecklose Tollkühnheit, seine Anhänger
als unerhörte Tapferkeit bezeichnen, und welche ihm den Maria-Theresia-
Orden eingetragen hat. Dieser Orden wird nur verliehen wegen militärischer
Heldenthaten ersten Ranges, welche weit über die bloße Pflichterfüllung hinaus¬
gehen und gleichzeitig von Erfolg gekrönt worden sind. Das ganze Capitel
muß wegen Verleihung des Ordens einstimmig sein.

Als Bundesfeldherr, d. h. als Höchstcommandirender der Truppen derjenigen
deutschen Staaten, welche dem Bundesbeschluß vom 14. Juni zugestimmt haben
und sich an dessen Ausführung betheiligen, ist in Aussicht genommen der Prinz
Karl von Bayern. Er hat sich in den Kriegsjahren von 1814 und 181ö aus¬
gezeichnet und war unter den jugendlichen Löwen des wiener Congresses einer
der jugendlichsten und ersten, woraus hervorgeht, daß er nicht mehr ganz jung
sein kann. In der That ist er in die siebenzig. Daß man indeß auch mit
Achtzig noch ein guter Oberseldherr sein kann, hat der alte Radetzky bewiesen.
In Bayern ist Prinz Karl, der übrigens bisher.meist in stiller Zurückgezogenheit
auf seinem schönen Landsitze bei Tegernsee residirte, wo er mit der Regelmäßig¬
keit eines Uhrwerks lebt, Feldmarschall und Generalinspector des Heeres. Außer¬
dem ist er preußischer Husarengeneral und Inhaber eines bayerischen, eines
preußischen, eines östreichischen und eines russischen Regiments -- viel Ehren
und Würden, die sich auf diesem greisen Haupte vereinigen, deren Cumulation
aber doch nur im Frieden statthaft sein dürfte. Dem Prinzen Karl zur Seite
steht der General von der Tann, von 1848 her bekannt als Freicorpssührer
in Holstein.

Daß sich dem Bundesfeldherrn auch die östreichischen Bundesarmeecorps
unterordnen, ist zu bezweifeln. Daß es die Bundescontingente der auf preu¬
ßischer Seite stehenden norddeutschen Staaten nicht thun werden, ist gewiß. Er "
wird also factisch vorerst nur Generalissimus der "Liga" der südwcstdeutschen
Gruppe sein.

Dies ist der äußere Nahmen, in welchen sich Zustände und Stimmungen
hierzulande einzufügen haben. Wir liegen leider so recht grade.mitten in dem
bedauerlichen Riß. Das Land wird durch die Lahn, längs der eine Staats-
eiscnbahn hinläuft, die ihre Endpunkte in Ehrenbreitstcin-Koblenz im Westen,
in Wetzlar im Osten hat, in zwei etwa gleiche Theile getheilt. Der Theil nord


welches sich um Frankfurt concentrirt — ich sage um Frankfurt und nicht in
Frankfurt, denn diese an östreichischen Papieren und Sympathien außerordentlich
reiche Stadt wird hinsichtlich der Einquartierung, vorerst wenigstens, mit der
äußersten Schonung behandelt — wird commentirt von dem Prinzen Alexander
von Hessen. Letztrer ist östreichischer Feldmarschall und Oberstinhaber des sechsten
k. k. Kürassierrcgiments. Bekanntlich hat dieser Prinz sich in dem italienischen
Feldzug von 1859 auf östreichischer Seite durch eine besondere Bravour aus¬
gezeichnet, welche seine Gegner als zwecklose Tollkühnheit, seine Anhänger
als unerhörte Tapferkeit bezeichnen, und welche ihm den Maria-Theresia-
Orden eingetragen hat. Dieser Orden wird nur verliehen wegen militärischer
Heldenthaten ersten Ranges, welche weit über die bloße Pflichterfüllung hinaus¬
gehen und gleichzeitig von Erfolg gekrönt worden sind. Das ganze Capitel
muß wegen Verleihung des Ordens einstimmig sein.

Als Bundesfeldherr, d. h. als Höchstcommandirender der Truppen derjenigen
deutschen Staaten, welche dem Bundesbeschluß vom 14. Juni zugestimmt haben
und sich an dessen Ausführung betheiligen, ist in Aussicht genommen der Prinz
Karl von Bayern. Er hat sich in den Kriegsjahren von 1814 und 181ö aus¬
gezeichnet und war unter den jugendlichen Löwen des wiener Congresses einer
der jugendlichsten und ersten, woraus hervorgeht, daß er nicht mehr ganz jung
sein kann. In der That ist er in die siebenzig. Daß man indeß auch mit
Achtzig noch ein guter Oberseldherr sein kann, hat der alte Radetzky bewiesen.
In Bayern ist Prinz Karl, der übrigens bisher.meist in stiller Zurückgezogenheit
auf seinem schönen Landsitze bei Tegernsee residirte, wo er mit der Regelmäßig¬
keit eines Uhrwerks lebt, Feldmarschall und Generalinspector des Heeres. Außer¬
dem ist er preußischer Husarengeneral und Inhaber eines bayerischen, eines
preußischen, eines östreichischen und eines russischen Regiments — viel Ehren
und Würden, die sich auf diesem greisen Haupte vereinigen, deren Cumulation
aber doch nur im Frieden statthaft sein dürfte. Dem Prinzen Karl zur Seite
steht der General von der Tann, von 1848 her bekannt als Freicorpssührer
in Holstein.

Daß sich dem Bundesfeldherrn auch die östreichischen Bundesarmeecorps
unterordnen, ist zu bezweifeln. Daß es die Bundescontingente der auf preu¬
ßischer Seite stehenden norddeutschen Staaten nicht thun werden, ist gewiß. Er «
wird also factisch vorerst nur Generalissimus der „Liga" der südwcstdeutschen
Gruppe sein.

Dies ist der äußere Nahmen, in welchen sich Zustände und Stimmungen
hierzulande einzufügen haben. Wir liegen leider so recht grade.mitten in dem
bedauerlichen Riß. Das Land wird durch die Lahn, längs der eine Staats-
eiscnbahn hinläuft, die ihre Endpunkte in Ehrenbreitstcin-Koblenz im Westen,
in Wetzlar im Osten hat, in zwei etwa gleiche Theile getheilt. Der Theil nord


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0054" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285642"/>
          <p xml:id="ID_140" prev="#ID_139"> welches sich um Frankfurt concentrirt &#x2014; ich sage um Frankfurt und nicht in<lb/>
Frankfurt, denn diese an östreichischen Papieren und Sympathien außerordentlich<lb/>
reiche Stadt wird hinsichtlich der Einquartierung, vorerst wenigstens, mit der<lb/>
äußersten Schonung behandelt &#x2014; wird commentirt von dem Prinzen Alexander<lb/>
von Hessen. Letztrer ist östreichischer Feldmarschall und Oberstinhaber des sechsten<lb/>
k. k. Kürassierrcgiments. Bekanntlich hat dieser Prinz sich in dem italienischen<lb/>
Feldzug von 1859 auf östreichischer Seite durch eine besondere Bravour aus¬<lb/>
gezeichnet, welche seine Gegner als zwecklose Tollkühnheit, seine Anhänger<lb/>
als unerhörte Tapferkeit bezeichnen, und welche ihm den Maria-Theresia-<lb/>
Orden eingetragen hat. Dieser Orden wird nur verliehen wegen militärischer<lb/>
Heldenthaten ersten Ranges, welche weit über die bloße Pflichterfüllung hinaus¬<lb/>
gehen und gleichzeitig von Erfolg gekrönt worden sind. Das ganze Capitel<lb/>
muß wegen Verleihung des Ordens einstimmig sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_141"> Als Bundesfeldherr, d. h. als Höchstcommandirender der Truppen derjenigen<lb/>
deutschen Staaten, welche dem Bundesbeschluß vom 14. Juni zugestimmt haben<lb/>
und sich an dessen Ausführung betheiligen, ist in Aussicht genommen der Prinz<lb/>
Karl von Bayern. Er hat sich in den Kriegsjahren von 1814 und 181ö aus¬<lb/>
gezeichnet und war unter den jugendlichen Löwen des wiener Congresses einer<lb/>
der jugendlichsten und ersten, woraus hervorgeht, daß er nicht mehr ganz jung<lb/>
sein kann. In der That ist er in die siebenzig. Daß man indeß auch mit<lb/>
Achtzig noch ein guter Oberseldherr sein kann, hat der alte Radetzky bewiesen.<lb/>
In Bayern ist Prinz Karl, der übrigens bisher.meist in stiller Zurückgezogenheit<lb/>
auf seinem schönen Landsitze bei Tegernsee residirte, wo er mit der Regelmäßig¬<lb/>
keit eines Uhrwerks lebt, Feldmarschall und Generalinspector des Heeres. Außer¬<lb/>
dem ist er preußischer Husarengeneral und Inhaber eines bayerischen, eines<lb/>
preußischen, eines östreichischen und eines russischen Regiments &#x2014; viel Ehren<lb/>
und Würden, die sich auf diesem greisen Haupte vereinigen, deren Cumulation<lb/>
aber doch nur im Frieden statthaft sein dürfte. Dem Prinzen Karl zur Seite<lb/>
steht der General von der Tann, von 1848 her bekannt als Freicorpssührer<lb/>
in Holstein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_142"> Daß sich dem Bundesfeldherrn auch die östreichischen Bundesarmeecorps<lb/>
unterordnen, ist zu bezweifeln.  Daß es die Bundescontingente der auf preu¬<lb/>
ßischer Seite stehenden norddeutschen Staaten nicht thun werden, ist gewiß. Er «<lb/>
wird also factisch vorerst nur Generalissimus der &#x201E;Liga" der südwcstdeutschen<lb/>
Gruppe sein.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_143" next="#ID_144"> Dies ist der äußere Nahmen, in welchen sich Zustände und Stimmungen<lb/>
hierzulande einzufügen haben. Wir liegen leider so recht grade.mitten in dem<lb/>
bedauerlichen Riß. Das Land wird durch die Lahn, längs der eine Staats-<lb/>
eiscnbahn hinläuft, die ihre Endpunkte in Ehrenbreitstcin-Koblenz im Westen,<lb/>
in Wetzlar im Osten hat, in zwei etwa gleiche Theile getheilt. Der Theil nord</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0054] welches sich um Frankfurt concentrirt — ich sage um Frankfurt und nicht in Frankfurt, denn diese an östreichischen Papieren und Sympathien außerordentlich reiche Stadt wird hinsichtlich der Einquartierung, vorerst wenigstens, mit der äußersten Schonung behandelt — wird commentirt von dem Prinzen Alexander von Hessen. Letztrer ist östreichischer Feldmarschall und Oberstinhaber des sechsten k. k. Kürassierrcgiments. Bekanntlich hat dieser Prinz sich in dem italienischen Feldzug von 1859 auf östreichischer Seite durch eine besondere Bravour aus¬ gezeichnet, welche seine Gegner als zwecklose Tollkühnheit, seine Anhänger als unerhörte Tapferkeit bezeichnen, und welche ihm den Maria-Theresia- Orden eingetragen hat. Dieser Orden wird nur verliehen wegen militärischer Heldenthaten ersten Ranges, welche weit über die bloße Pflichterfüllung hinaus¬ gehen und gleichzeitig von Erfolg gekrönt worden sind. Das ganze Capitel muß wegen Verleihung des Ordens einstimmig sein. Als Bundesfeldherr, d. h. als Höchstcommandirender der Truppen derjenigen deutschen Staaten, welche dem Bundesbeschluß vom 14. Juni zugestimmt haben und sich an dessen Ausführung betheiligen, ist in Aussicht genommen der Prinz Karl von Bayern. Er hat sich in den Kriegsjahren von 1814 und 181ö aus¬ gezeichnet und war unter den jugendlichen Löwen des wiener Congresses einer der jugendlichsten und ersten, woraus hervorgeht, daß er nicht mehr ganz jung sein kann. In der That ist er in die siebenzig. Daß man indeß auch mit Achtzig noch ein guter Oberseldherr sein kann, hat der alte Radetzky bewiesen. In Bayern ist Prinz Karl, der übrigens bisher.meist in stiller Zurückgezogenheit auf seinem schönen Landsitze bei Tegernsee residirte, wo er mit der Regelmäßig¬ keit eines Uhrwerks lebt, Feldmarschall und Generalinspector des Heeres. Außer¬ dem ist er preußischer Husarengeneral und Inhaber eines bayerischen, eines preußischen, eines östreichischen und eines russischen Regiments — viel Ehren und Würden, die sich auf diesem greisen Haupte vereinigen, deren Cumulation aber doch nur im Frieden statthaft sein dürfte. Dem Prinzen Karl zur Seite steht der General von der Tann, von 1848 her bekannt als Freicorpssührer in Holstein. Daß sich dem Bundesfeldherrn auch die östreichischen Bundesarmeecorps unterordnen, ist zu bezweifeln. Daß es die Bundescontingente der auf preu¬ ßischer Seite stehenden norddeutschen Staaten nicht thun werden, ist gewiß. Er « wird also factisch vorerst nur Generalissimus der „Liga" der südwcstdeutschen Gruppe sein. Dies ist der äußere Nahmen, in welchen sich Zustände und Stimmungen hierzulande einzufügen haben. Wir liegen leider so recht grade.mitten in dem bedauerlichen Riß. Das Land wird durch die Lahn, längs der eine Staats- eiscnbahn hinläuft, die ihre Endpunkte in Ehrenbreitstcin-Koblenz im Westen, in Wetzlar im Osten hat, in zwei etwa gleiche Theile getheilt. Der Theil nord

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/54
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/54>, abgerufen am 22.07.2024.