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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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unter geistlichen Direktoren und fast ganz unter geistlichen Lehrern stehen. In
Kroatien und Slavonien haben wir zwei Gymnasien der Franziskaner und vier des
Staats, von denen zwei unter geistlicher Leitung; in Siebenbürgen eins der Pia¬
nisten, acht Communalgymnasien, von denen sieben geistliche Recloren und eine
Gesammtzahl von 32 geistlichen Lehrern haben. Daneben existiren sechs evan-
gelische und in der Militärgrenze zwei Staats'gymnasien mit zehn geistlichen
Lehrern.

Diesen Bildungsanstalten für die studirende Jugend schließen sich noch 89
theologische Lehranstalten an. während die Volksschulen unter der vollen Lei¬
tung des Klerus auch zum großen Theil mit geistlichen Lehrern besetzt sind,
ja selbst die Realschulen stehen vielfach unter geistlichen Directoren und haben
ein starkes Kontingent geistlicher Lehrer.

Am wirksamsten zeigen sich die mit Klöstern verbundenen Seminarien der
Jesuiten. Vermöge ihrer meist enormen pecuniären Hilfsmittel haben sie Ge¬
legenheit, die ihnen anvertraute Jugend in vollständiger 'Abhängigkeit zu erhalten,
und bei den billigen Zahlungen, die sie beanspruchen, oder der vollständigen
Zahlungsfreihcit, ist der Zulauf sehr bedeutend. Eines der bekanntesten dieser
Species von Seminaren ist das zu Mariaschein bei Teplitz, gegründet aus der
von den Jesuiten durch Erbschaft von Anna Maria von Bienchen im Jahre
1666 überkommenen Herrschaft Sobochleben, die eine Ausdehnung von 2,600
Joch hat und zu der die Ortschaften Mariaschein, Theresienfeld. Marschen,
Hohenstein, Sobochleben und Madian gehören, während das Kloster selbst durch
Besitzungen, Stiftungen und Geschenke eine höchst respectable Rente zieht. Wie
von Seiten der Geistlichkeit die Erziehung zuweilen in die Hand genommen
wird, beweist eine der reichsten und begütertsten Piämonstratenserabteien, das
Stift Josz in Ungarn, bekannt durch die ihm gehörigen Eisenwerke und an¬
ziehend durch seine trefflichen und wohlgefüllten Weinkeller. Die ehrwürdigen
Väter, welche in Beziehung des Leibes eine glänzende Existenz und einen fürst¬
lichen Tisch führe", legten nicht einmal die vom Staate vorgeschriebene Gymna-
siallchramtsprüfung ab, und waren bei der Seelsorge in einigen Pfarren und
bei dem Unterricht an mehren Gymnasien, der ihre Thätigkeit ausfüllte, ge¬
nöthigt, z. B. in Eperies. nur den Namen herzugeben. Sie mußten für sich
Franziskaner "ut fremde weltliche Hilfslehrer berufen, und bei der Wieder¬
übernahme des kaschauer Gymnasiums (October 1861) als Lehrer für die Fächer
Geographie. Geschichte. Mathematik und ungarische Sprache zwei Kleiiker ver¬
wenden, welche eben das Gymnasium verlassen hatten.

Die geistlichen Lehrer sofort zu entfernen und dem so stark in Anspruch ge¬
nommenen Staatshaushalt noch die Summen zuzumuthen, die für Pensionen
der alten und Besoldungen der neu anzustellenden Lehrer beschafft werden


unter geistlichen Direktoren und fast ganz unter geistlichen Lehrern stehen. In
Kroatien und Slavonien haben wir zwei Gymnasien der Franziskaner und vier des
Staats, von denen zwei unter geistlicher Leitung; in Siebenbürgen eins der Pia¬
nisten, acht Communalgymnasien, von denen sieben geistliche Recloren und eine
Gesammtzahl von 32 geistlichen Lehrern haben. Daneben existiren sechs evan-
gelische und in der Militärgrenze zwei Staats'gymnasien mit zehn geistlichen
Lehrern.

Diesen Bildungsanstalten für die studirende Jugend schließen sich noch 89
theologische Lehranstalten an. während die Volksschulen unter der vollen Lei¬
tung des Klerus auch zum großen Theil mit geistlichen Lehrern besetzt sind,
ja selbst die Realschulen stehen vielfach unter geistlichen Directoren und haben
ein starkes Kontingent geistlicher Lehrer.

Am wirksamsten zeigen sich die mit Klöstern verbundenen Seminarien der
Jesuiten. Vermöge ihrer meist enormen pecuniären Hilfsmittel haben sie Ge¬
legenheit, die ihnen anvertraute Jugend in vollständiger 'Abhängigkeit zu erhalten,
und bei den billigen Zahlungen, die sie beanspruchen, oder der vollständigen
Zahlungsfreihcit, ist der Zulauf sehr bedeutend. Eines der bekanntesten dieser
Species von Seminaren ist das zu Mariaschein bei Teplitz, gegründet aus der
von den Jesuiten durch Erbschaft von Anna Maria von Bienchen im Jahre
1666 überkommenen Herrschaft Sobochleben, die eine Ausdehnung von 2,600
Joch hat und zu der die Ortschaften Mariaschein, Theresienfeld. Marschen,
Hohenstein, Sobochleben und Madian gehören, während das Kloster selbst durch
Besitzungen, Stiftungen und Geschenke eine höchst respectable Rente zieht. Wie
von Seiten der Geistlichkeit die Erziehung zuweilen in die Hand genommen
wird, beweist eine der reichsten und begütertsten Piämonstratenserabteien, das
Stift Josz in Ungarn, bekannt durch die ihm gehörigen Eisenwerke und an¬
ziehend durch seine trefflichen und wohlgefüllten Weinkeller. Die ehrwürdigen
Väter, welche in Beziehung des Leibes eine glänzende Existenz und einen fürst¬
lichen Tisch führe», legten nicht einmal die vom Staate vorgeschriebene Gymna-
siallchramtsprüfung ab, und waren bei der Seelsorge in einigen Pfarren und
bei dem Unterricht an mehren Gymnasien, der ihre Thätigkeit ausfüllte, ge¬
nöthigt, z. B. in Eperies. nur den Namen herzugeben. Sie mußten für sich
Franziskaner »ut fremde weltliche Hilfslehrer berufen, und bei der Wieder¬
übernahme des kaschauer Gymnasiums (October 1861) als Lehrer für die Fächer
Geographie. Geschichte. Mathematik und ungarische Sprache zwei Kleiiker ver¬
wenden, welche eben das Gymnasium verlassen hatten.

Die geistlichen Lehrer sofort zu entfernen und dem so stark in Anspruch ge¬
nommenen Staatshaushalt noch die Summen zuzumuthen, die für Pensionen
der alten und Besoldungen der neu anzustellenden Lehrer beschafft werden


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[0509] unter geistlichen Direktoren und fast ganz unter geistlichen Lehrern stehen. In Kroatien und Slavonien haben wir zwei Gymnasien der Franziskaner und vier des Staats, von denen zwei unter geistlicher Leitung; in Siebenbürgen eins der Pia¬ nisten, acht Communalgymnasien, von denen sieben geistliche Recloren und eine Gesammtzahl von 32 geistlichen Lehrern haben. Daneben existiren sechs evan- gelische und in der Militärgrenze zwei Staats'gymnasien mit zehn geistlichen Lehrern. Diesen Bildungsanstalten für die studirende Jugend schließen sich noch 89 theologische Lehranstalten an. während die Volksschulen unter der vollen Lei¬ tung des Klerus auch zum großen Theil mit geistlichen Lehrern besetzt sind, ja selbst die Realschulen stehen vielfach unter geistlichen Directoren und haben ein starkes Kontingent geistlicher Lehrer. Am wirksamsten zeigen sich die mit Klöstern verbundenen Seminarien der Jesuiten. Vermöge ihrer meist enormen pecuniären Hilfsmittel haben sie Ge¬ legenheit, die ihnen anvertraute Jugend in vollständiger 'Abhängigkeit zu erhalten, und bei den billigen Zahlungen, die sie beanspruchen, oder der vollständigen Zahlungsfreihcit, ist der Zulauf sehr bedeutend. Eines der bekanntesten dieser Species von Seminaren ist das zu Mariaschein bei Teplitz, gegründet aus der von den Jesuiten durch Erbschaft von Anna Maria von Bienchen im Jahre 1666 überkommenen Herrschaft Sobochleben, die eine Ausdehnung von 2,600 Joch hat und zu der die Ortschaften Mariaschein, Theresienfeld. Marschen, Hohenstein, Sobochleben und Madian gehören, während das Kloster selbst durch Besitzungen, Stiftungen und Geschenke eine höchst respectable Rente zieht. Wie von Seiten der Geistlichkeit die Erziehung zuweilen in die Hand genommen wird, beweist eine der reichsten und begütertsten Piämonstratenserabteien, das Stift Josz in Ungarn, bekannt durch die ihm gehörigen Eisenwerke und an¬ ziehend durch seine trefflichen und wohlgefüllten Weinkeller. Die ehrwürdigen Väter, welche in Beziehung des Leibes eine glänzende Existenz und einen fürst¬ lichen Tisch führe», legten nicht einmal die vom Staate vorgeschriebene Gymna- siallchramtsprüfung ab, und waren bei der Seelsorge in einigen Pfarren und bei dem Unterricht an mehren Gymnasien, der ihre Thätigkeit ausfüllte, ge¬ nöthigt, z. B. in Eperies. nur den Namen herzugeben. Sie mußten für sich Franziskaner »ut fremde weltliche Hilfslehrer berufen, und bei der Wieder¬ übernahme des kaschauer Gymnasiums (October 1861) als Lehrer für die Fächer Geographie. Geschichte. Mathematik und ungarische Sprache zwei Kleiiker ver¬ wenden, welche eben das Gymnasium verlassen hatten. Die geistlichen Lehrer sofort zu entfernen und dem so stark in Anspruch ge¬ nommenen Staatshaushalt noch die Summen zuzumuthen, die für Pensionen der alten und Besoldungen der neu anzustellenden Lehrer beschafft werden

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/509>, abgerufen am 22.07.2024.