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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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gezogene Befähigung des Generalstabchefs zu diesem Posten.*) Wir wollen
keiner dieser hochgestellten Persönlichkeiten hier einen Vorwurf machen, es scheint
das mehr im Berhängniß zu liegen. Alle drei mögen vom besten Willen be¬
seelt gewesen sein, aber damit ist es nicht immer gethan, namentlich da, wo
das Geschick der Staaten und Völker von der Befähigung und Thatkraft Ein¬
zelner abhängt. Es war somit kein guter Stern, der in dieser schweren und
verhängnißvollen Zeit über dem Bayerlande leuchtete.

Ob man durch Erfahrungen klüger gemacht wird, muß die Zukunft lehren.
Nach dem, was vorgekommen, ist in Bayern in Bezug auf das Heerwesen noch
manches nachzuholen, wenn es mit anderen, ihm vorausgeschrittenen concurriren
will. Aus einem solchen Material, wie es Bayern mit allen Hilfsmitteln be¬
sitzt, ist sicher etwas herauszuarbeiten, es kommt nur auf das Geschick und
etwas mehr Fleiß an. Die Zeit wartet nicht, man muß mit ihr gleichen Schritt
halten, wenn man nicht zurückbleiben will.

Hätte man das alles etwas früher bedacht, so würde dem Staate an
Opfern von Menschen. Geld und anderem Werthvollen vieles erspart worden
sein. In der That aber, wenn Bayern beim Friedensschluß unverhältnißmäßig
glimpflich davon gekommen ist, so wird es dies nach unserer Meinung schwerlich
seiner kriegerischen Action zu danken haben.




Das Kirchenvermögen in Oestreich und der Staat.

Das größte Leiden Oestreichs ist das Concordat und die römische Herrschaft;
so lange diese bestehen, ist keine Aussicht, der Volkswirthschaft Gedeihen zu
schaffen, ist keine Regulirung des Staatshaushaltes und keine Entwickelung
des Nationalwohlstandes möglich. Wie eine Zuchtruthe lastet das Piiester-
regiment auf Oestreich; seine Aufhebung ist gleichbedeutend geworden mit dem
Fortschritt, seine Dauer ist der Ruin des Kaiscrsiaates.

Die Finanznoth des Reichs lastet drückend auf jeder Unternehmung, auf
jedem Beruf -- allenfalls den ungesunden Eiwerb der Geldhändler ausge-



') Der General v. d. Tann gilt allgemein und mit Recht als ein braver Mann und
tapferer Soldat. Aber in seine Hand, paßt besser das Soweit als die Feder. Schon in der
Schlacht bei Jdsttdt leistete er als Ehef des Veneralstabes das nicht, was man von ihm
erwartet hatte.

gezogene Befähigung des Generalstabchefs zu diesem Posten.*) Wir wollen
keiner dieser hochgestellten Persönlichkeiten hier einen Vorwurf machen, es scheint
das mehr im Berhängniß zu liegen. Alle drei mögen vom besten Willen be¬
seelt gewesen sein, aber damit ist es nicht immer gethan, namentlich da, wo
das Geschick der Staaten und Völker von der Befähigung und Thatkraft Ein¬
zelner abhängt. Es war somit kein guter Stern, der in dieser schweren und
verhängnißvollen Zeit über dem Bayerlande leuchtete.

Ob man durch Erfahrungen klüger gemacht wird, muß die Zukunft lehren.
Nach dem, was vorgekommen, ist in Bayern in Bezug auf das Heerwesen noch
manches nachzuholen, wenn es mit anderen, ihm vorausgeschrittenen concurriren
will. Aus einem solchen Material, wie es Bayern mit allen Hilfsmitteln be¬
sitzt, ist sicher etwas herauszuarbeiten, es kommt nur auf das Geschick und
etwas mehr Fleiß an. Die Zeit wartet nicht, man muß mit ihr gleichen Schritt
halten, wenn man nicht zurückbleiben will.

Hätte man das alles etwas früher bedacht, so würde dem Staate an
Opfern von Menschen. Geld und anderem Werthvollen vieles erspart worden
sein. In der That aber, wenn Bayern beim Friedensschluß unverhältnißmäßig
glimpflich davon gekommen ist, so wird es dies nach unserer Meinung schwerlich
seiner kriegerischen Action zu danken haben.




Das Kirchenvermögen in Oestreich und der Staat.

Das größte Leiden Oestreichs ist das Concordat und die römische Herrschaft;
so lange diese bestehen, ist keine Aussicht, der Volkswirthschaft Gedeihen zu
schaffen, ist keine Regulirung des Staatshaushaltes und keine Entwickelung
des Nationalwohlstandes möglich. Wie eine Zuchtruthe lastet das Piiester-
regiment auf Oestreich; seine Aufhebung ist gleichbedeutend geworden mit dem
Fortschritt, seine Dauer ist der Ruin des Kaiscrsiaates.

Die Finanznoth des Reichs lastet drückend auf jeder Unternehmung, auf
jedem Beruf — allenfalls den ungesunden Eiwerb der Geldhändler ausge-



') Der General v. d. Tann gilt allgemein und mit Recht als ein braver Mann und
tapferer Soldat. Aber in seine Hand, paßt besser das Soweit als die Feder. Schon in der
Schlacht bei Jdsttdt leistete er als Ehef des Veneralstabes das nicht, was man von ihm
erwartet hatte.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/501>, abgerufen am 22.07.2024.