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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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an dem sie die Wiederaufnahme des Gefechtes erwarteten, das Feld zu ihrer
nicht geringen Verwunderung geräumt. Der Wahlplatz war mit Todten und
Verwundeten übersäet, deren Zahl von beiden Seiten auf etwa 600 angegeben
wird. Ueber alle Maßen schlecht hatten aber die Bayern für ihre blutenden
Krieger gesorgt, denn nur ein einziger Arzt mit wenigen Lazarethgehilfen
war von ihrer Seite bei diesem Gefecht und der hatte nicht einmal die nöthigsten
Instrumente, viel weniger Verbandzeug bei sich. Einem bayerischen Stabs-
oifizicr, der arrondirt werden mußte, wurde das Bein mit einer herbeigeholten
Baumsäge abgenommen. Der Unglückliche mußte natürlich einer so bar¬
barischen Behandlung bald erliegen. Es klingt das unglaublich, ist aber buch¬
stäblich war.

Die zurückgebliebenen bayrischen Verwundeten wurden auch großentheils
der Großmuth anderer überlassen, da man nur wenige Leute zu ihrer Aufnahme
zurückgelassen hatte. nothdürftig wurden sie von den Bewohnern der benach¬
barten Dörfer untergebracht. Es fanden sich auch keine bayrischen Aerzte weiter
ein. und so lagen noch am dritten Tage viele brave Kämpfer unverbunden, bis
endlich von Meiningen und Schmalkalden ärztliche Hilfe herbeikam. Besonders
der Gutsbesitzer von Noßdorf, Freiherr v. Wechmar (ehemaliger badischer Staats¬
minister) nahm sich der Hilflosen edelmüthig an und machte aus seinem statt¬
lichen Schloß ein Lazarett), das bis vor wenigen Tagen noch belegt war. Die
Preußen hatten besser für ihre Verwundeten gesorgt und diese zunächst in der
Küche zu Wiesenthal untergebracht, von deren Thurm schon während des Ge¬
fechtes eine weiße Flagge wehte. Von da kamen sie nach Ticfenort. Mehre
verwundete Preußen und Bayern würden auch nach dem etwa drei Stunden
entfernten Schnialt'alden gebracht.

Auch Viele Offiziere waren gefallen und verwundet. Unter den Todten
befand sich auch der dort Cvmmandircnde, General v. Faust, der gleich im An¬
fang des Treffens von einer Stückkugel getroffen wurde. Hart wurde auch
Aldessers Regiment mitgenommen, das die Arrieregarde mit bildete. Der Oberst
selbst wurde an der Hand verwundet. Major v. Guttenberg, welcher den Martern
der Baumsäge erlag, Hauptmann v. d. Tann und Kvlbinger waren gefallen.

In dem Berichte eines Augenzeugen ist gesagt: "Viele Hunderte von Tor¬
nister", Gewehren, Säbeln ze. bedeckten das Schlachtfeld, Hunderte von Briefen
und PHolographien lagen darunter herum. Das war nämlich vorzugsweise
bayrisches Gut. Viele waren davon gelaufen und hatten sichs leicht gemacht.
Sogar in Holzklaftern im Walde hatten sie Faschinenmesser hineingesteckt."

Die Bayern hatten meist treffliche Positionen, so namentlich in Zell, dem
alten Kloster mit festen Mauern auf einer Anhöhe, das dort das Thal beherrschte;
überall wurden sie zurückgedrängt und überall waren sie die stärkeren. Die
Stärke des preußischen Corps unter General v. Goben war etwa 6--7,000


an dem sie die Wiederaufnahme des Gefechtes erwarteten, das Feld zu ihrer
nicht geringen Verwunderung geräumt. Der Wahlplatz war mit Todten und
Verwundeten übersäet, deren Zahl von beiden Seiten auf etwa 600 angegeben
wird. Ueber alle Maßen schlecht hatten aber die Bayern für ihre blutenden
Krieger gesorgt, denn nur ein einziger Arzt mit wenigen Lazarethgehilfen
war von ihrer Seite bei diesem Gefecht und der hatte nicht einmal die nöthigsten
Instrumente, viel weniger Verbandzeug bei sich. Einem bayerischen Stabs-
oifizicr, der arrondirt werden mußte, wurde das Bein mit einer herbeigeholten
Baumsäge abgenommen. Der Unglückliche mußte natürlich einer so bar¬
barischen Behandlung bald erliegen. Es klingt das unglaublich, ist aber buch¬
stäblich war.

Die zurückgebliebenen bayrischen Verwundeten wurden auch großentheils
der Großmuth anderer überlassen, da man nur wenige Leute zu ihrer Aufnahme
zurückgelassen hatte. nothdürftig wurden sie von den Bewohnern der benach¬
barten Dörfer untergebracht. Es fanden sich auch keine bayrischen Aerzte weiter
ein. und so lagen noch am dritten Tage viele brave Kämpfer unverbunden, bis
endlich von Meiningen und Schmalkalden ärztliche Hilfe herbeikam. Besonders
der Gutsbesitzer von Noßdorf, Freiherr v. Wechmar (ehemaliger badischer Staats¬
minister) nahm sich der Hilflosen edelmüthig an und machte aus seinem statt¬
lichen Schloß ein Lazarett), das bis vor wenigen Tagen noch belegt war. Die
Preußen hatten besser für ihre Verwundeten gesorgt und diese zunächst in der
Küche zu Wiesenthal untergebracht, von deren Thurm schon während des Ge¬
fechtes eine weiße Flagge wehte. Von da kamen sie nach Ticfenort. Mehre
verwundete Preußen und Bayern würden auch nach dem etwa drei Stunden
entfernten Schnialt'alden gebracht.

Auch Viele Offiziere waren gefallen und verwundet. Unter den Todten
befand sich auch der dort Cvmmandircnde, General v. Faust, der gleich im An¬
fang des Treffens von einer Stückkugel getroffen wurde. Hart wurde auch
Aldessers Regiment mitgenommen, das die Arrieregarde mit bildete. Der Oberst
selbst wurde an der Hand verwundet. Major v. Guttenberg, welcher den Martern
der Baumsäge erlag, Hauptmann v. d. Tann und Kvlbinger waren gefallen.

In dem Berichte eines Augenzeugen ist gesagt: „Viele Hunderte von Tor¬
nister», Gewehren, Säbeln ze. bedeckten das Schlachtfeld, Hunderte von Briefen
und PHolographien lagen darunter herum. Das war nämlich vorzugsweise
bayrisches Gut. Viele waren davon gelaufen und hatten sichs leicht gemacht.
Sogar in Holzklaftern im Walde hatten sie Faschinenmesser hineingesteckt."

Die Bayern hatten meist treffliche Positionen, so namentlich in Zell, dem
alten Kloster mit festen Mauern auf einer Anhöhe, das dort das Thal beherrschte;
überall wurden sie zurückgedrängt und überall waren sie die stärkeren. Die
Stärke des preußischen Corps unter General v. Goben war etwa 6—7,000


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[0496] an dem sie die Wiederaufnahme des Gefechtes erwarteten, das Feld zu ihrer nicht geringen Verwunderung geräumt. Der Wahlplatz war mit Todten und Verwundeten übersäet, deren Zahl von beiden Seiten auf etwa 600 angegeben wird. Ueber alle Maßen schlecht hatten aber die Bayern für ihre blutenden Krieger gesorgt, denn nur ein einziger Arzt mit wenigen Lazarethgehilfen war von ihrer Seite bei diesem Gefecht und der hatte nicht einmal die nöthigsten Instrumente, viel weniger Verbandzeug bei sich. Einem bayerischen Stabs- oifizicr, der arrondirt werden mußte, wurde das Bein mit einer herbeigeholten Baumsäge abgenommen. Der Unglückliche mußte natürlich einer so bar¬ barischen Behandlung bald erliegen. Es klingt das unglaublich, ist aber buch¬ stäblich war. Die zurückgebliebenen bayrischen Verwundeten wurden auch großentheils der Großmuth anderer überlassen, da man nur wenige Leute zu ihrer Aufnahme zurückgelassen hatte. nothdürftig wurden sie von den Bewohnern der benach¬ barten Dörfer untergebracht. Es fanden sich auch keine bayrischen Aerzte weiter ein. und so lagen noch am dritten Tage viele brave Kämpfer unverbunden, bis endlich von Meiningen und Schmalkalden ärztliche Hilfe herbeikam. Besonders der Gutsbesitzer von Noßdorf, Freiherr v. Wechmar (ehemaliger badischer Staats¬ minister) nahm sich der Hilflosen edelmüthig an und machte aus seinem statt¬ lichen Schloß ein Lazarett), das bis vor wenigen Tagen noch belegt war. Die Preußen hatten besser für ihre Verwundeten gesorgt und diese zunächst in der Küche zu Wiesenthal untergebracht, von deren Thurm schon während des Ge¬ fechtes eine weiße Flagge wehte. Von da kamen sie nach Ticfenort. Mehre verwundete Preußen und Bayern würden auch nach dem etwa drei Stunden entfernten Schnialt'alden gebracht. Auch Viele Offiziere waren gefallen und verwundet. Unter den Todten befand sich auch der dort Cvmmandircnde, General v. Faust, der gleich im An¬ fang des Treffens von einer Stückkugel getroffen wurde. Hart wurde auch Aldessers Regiment mitgenommen, das die Arrieregarde mit bildete. Der Oberst selbst wurde an der Hand verwundet. Major v. Guttenberg, welcher den Martern der Baumsäge erlag, Hauptmann v. d. Tann und Kvlbinger waren gefallen. In dem Berichte eines Augenzeugen ist gesagt: „Viele Hunderte von Tor¬ nister», Gewehren, Säbeln ze. bedeckten das Schlachtfeld, Hunderte von Briefen und PHolographien lagen darunter herum. Das war nämlich vorzugsweise bayrisches Gut. Viele waren davon gelaufen und hatten sichs leicht gemacht. Sogar in Holzklaftern im Walde hatten sie Faschinenmesser hineingesteckt." Die Bayern hatten meist treffliche Positionen, so namentlich in Zell, dem alten Kloster mit festen Mauern auf einer Anhöhe, das dort das Thal beherrschte; überall wurden sie zurückgedrängt und überall waren sie die stärkeren. Die Stärke des preußischen Corps unter General v. Goben war etwa 6—7,000

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/496>, abgerufen am 22.07.2024.