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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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sich ihrer Officicmten und Untergebenen in gleichem Maße zu versichern, und.
wie dieses geschehen, mit Benennung der etwanigen Renitenten, baldigst einzu-
benchten. Die Titulatur, deren sich die Behörden bei ihren Berichten und
sämmtliche Unterthanen in Schriften, welche bei dem Generalgouvernement ein¬
gereicht werden, zu gebrauchen haben, ist:

An E. hohes Generalgouvernement der Verbündeten Machte im Königreich Sachsen.

Die Verpflichtung neuer Staatsdiener, welche unter den dermaligen Ver¬
hältnissen eintreten könnte, erfolgt, indem sie. außer dem gewöhnlichen Dienst¬
eide, in weichem sie, ohne nähere Bestimmung, dem Landesgouvernement treu,
hold und gewärtig zu sein, und ihre Dienstpflichten zu erfüllen, versprechen,
gleichen Revers von sich zu stellen.

16
Leipzig, den --' Oktober 1813.


Der Generalgouvemeur Fürst Repnin.

Das Formular für die Reverse aber lautete folgendermaßen:

Der Unterzeichnete......verpflichtet sich zur Treue und Gehorsam
gegen die hohen Verbündeten Mächte, und verspricht den Befehlen der von
Ihnen angeordneten Behörden in allen seinen Dienstverhältnissen pünktliche
Folge zu leisten.

Die Vollziehung dieses Reverses erfolgte bald fast von sämmtlichen
Beamten Sachsens. Als Organe des Gouvernements, das mit Eifer in
allen Zweigen der Verwaltung wirkte und manche neue segensreiche Einrich¬
tung selbst privatrechtlicher Natur herbeiführte, übten sie hinfort ihre Thätig¬
keit aus.

Es war Klarheit in ihrem Verhältnisse zum Gouvernement. Ihr amt¬
liches Thun und Lassen gehörte dem Staate, ohne daß ihre persönliche Anhäng¬
lichkeit an den König von Sachsen, oder ihre Hingebung an die deutsche Sache
beeinträchtigt war.

Anders jetzt. Dem königl. preußischen Civilcommissar steht die der beustschen
Politik ergebene königl. sächsische Landescommission gegenüber, wie eine coordi-
nirte Gewalt, mit welcher er von Fall zu Fall gewissermaßen pactirt, die. wo
er fordert, bald mit ausdrücklichen Protest, bald mit der direct oder indirect
angedeuteten Reserve: "wir weichen der Gewalt!" sich fügt, und die doch andrer-
seits gegen ihn nichts durchsetzen kann.

Wie dieser Dualismus zurückwirkt auf alle übrigen Beamten, wie peinlich
ihre Stellung dadurch sowohl den Occupationstruppen. als auch dem im Innersten
erregten Publikum gegenüber sich gestaltet, wie doppelt schwer infolge dessen
der Widerspruch zwischen der formalen Giltigkeit und realen Außerkraftsetzung
gewisser Gesetze auf sie drücken und insbesondere bei den königl. Verwaltungs¬
behörden die Entwickelung jeder über die Besorgung der augenblicklichen Ge-


sich ihrer Officicmten und Untergebenen in gleichem Maße zu versichern, und.
wie dieses geschehen, mit Benennung der etwanigen Renitenten, baldigst einzu-
benchten. Die Titulatur, deren sich die Behörden bei ihren Berichten und
sämmtliche Unterthanen in Schriften, welche bei dem Generalgouvernement ein¬
gereicht werden, zu gebrauchen haben, ist:

An E. hohes Generalgouvernement der Verbündeten Machte im Königreich Sachsen.

Die Verpflichtung neuer Staatsdiener, welche unter den dermaligen Ver¬
hältnissen eintreten könnte, erfolgt, indem sie. außer dem gewöhnlichen Dienst¬
eide, in weichem sie, ohne nähere Bestimmung, dem Landesgouvernement treu,
hold und gewärtig zu sein, und ihre Dienstpflichten zu erfüllen, versprechen,
gleichen Revers von sich zu stellen.

16
Leipzig, den —' Oktober 1813.


Der Generalgouvemeur Fürst Repnin.

Das Formular für die Reverse aber lautete folgendermaßen:

Der Unterzeichnete......verpflichtet sich zur Treue und Gehorsam
gegen die hohen Verbündeten Mächte, und verspricht den Befehlen der von
Ihnen angeordneten Behörden in allen seinen Dienstverhältnissen pünktliche
Folge zu leisten.

Die Vollziehung dieses Reverses erfolgte bald fast von sämmtlichen
Beamten Sachsens. Als Organe des Gouvernements, das mit Eifer in
allen Zweigen der Verwaltung wirkte und manche neue segensreiche Einrich¬
tung selbst privatrechtlicher Natur herbeiführte, übten sie hinfort ihre Thätig¬
keit aus.

Es war Klarheit in ihrem Verhältnisse zum Gouvernement. Ihr amt¬
liches Thun und Lassen gehörte dem Staate, ohne daß ihre persönliche Anhäng¬
lichkeit an den König von Sachsen, oder ihre Hingebung an die deutsche Sache
beeinträchtigt war.

Anders jetzt. Dem königl. preußischen Civilcommissar steht die der beustschen
Politik ergebene königl. sächsische Landescommission gegenüber, wie eine coordi-
nirte Gewalt, mit welcher er von Fall zu Fall gewissermaßen pactirt, die. wo
er fordert, bald mit ausdrücklichen Protest, bald mit der direct oder indirect
angedeuteten Reserve: „wir weichen der Gewalt!" sich fügt, und die doch andrer-
seits gegen ihn nichts durchsetzen kann.

Wie dieser Dualismus zurückwirkt auf alle übrigen Beamten, wie peinlich
ihre Stellung dadurch sowohl den Occupationstruppen. als auch dem im Innersten
erregten Publikum gegenüber sich gestaltet, wie doppelt schwer infolge dessen
der Widerspruch zwischen der formalen Giltigkeit und realen Außerkraftsetzung
gewisser Gesetze auf sie drücken und insbesondere bei den königl. Verwaltungs¬
behörden die Entwickelung jeder über die Besorgung der augenblicklichen Ge-


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[0485] sich ihrer Officicmten und Untergebenen in gleichem Maße zu versichern, und. wie dieses geschehen, mit Benennung der etwanigen Renitenten, baldigst einzu- benchten. Die Titulatur, deren sich die Behörden bei ihren Berichten und sämmtliche Unterthanen in Schriften, welche bei dem Generalgouvernement ein¬ gereicht werden, zu gebrauchen haben, ist: An E. hohes Generalgouvernement der Verbündeten Machte im Königreich Sachsen. Die Verpflichtung neuer Staatsdiener, welche unter den dermaligen Ver¬ hältnissen eintreten könnte, erfolgt, indem sie. außer dem gewöhnlichen Dienst¬ eide, in weichem sie, ohne nähere Bestimmung, dem Landesgouvernement treu, hold und gewärtig zu sein, und ihre Dienstpflichten zu erfüllen, versprechen, gleichen Revers von sich zu stellen. 16 Leipzig, den —' Oktober 1813. Der Generalgouvemeur Fürst Repnin. Das Formular für die Reverse aber lautete folgendermaßen: Der Unterzeichnete......verpflichtet sich zur Treue und Gehorsam gegen die hohen Verbündeten Mächte, und verspricht den Befehlen der von Ihnen angeordneten Behörden in allen seinen Dienstverhältnissen pünktliche Folge zu leisten. Die Vollziehung dieses Reverses erfolgte bald fast von sämmtlichen Beamten Sachsens. Als Organe des Gouvernements, das mit Eifer in allen Zweigen der Verwaltung wirkte und manche neue segensreiche Einrich¬ tung selbst privatrechtlicher Natur herbeiführte, übten sie hinfort ihre Thätig¬ keit aus. Es war Klarheit in ihrem Verhältnisse zum Gouvernement. Ihr amt¬ liches Thun und Lassen gehörte dem Staate, ohne daß ihre persönliche Anhäng¬ lichkeit an den König von Sachsen, oder ihre Hingebung an die deutsche Sache beeinträchtigt war. Anders jetzt. Dem königl. preußischen Civilcommissar steht die der beustschen Politik ergebene königl. sächsische Landescommission gegenüber, wie eine coordi- nirte Gewalt, mit welcher er von Fall zu Fall gewissermaßen pactirt, die. wo er fordert, bald mit ausdrücklichen Protest, bald mit der direct oder indirect angedeuteten Reserve: „wir weichen der Gewalt!" sich fügt, und die doch andrer- seits gegen ihn nichts durchsetzen kann. Wie dieser Dualismus zurückwirkt auf alle übrigen Beamten, wie peinlich ihre Stellung dadurch sowohl den Occupationstruppen. als auch dem im Innersten erregten Publikum gegenüber sich gestaltet, wie doppelt schwer infolge dessen der Widerspruch zwischen der formalen Giltigkeit und realen Außerkraftsetzung gewisser Gesetze auf sie drücken und insbesondere bei den königl. Verwaltungs¬ behörden die Entwickelung jeder über die Besorgung der augenblicklichen Ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/485>, abgerufen am 22.07.2024.