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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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nationalen Wünsche in nie gehoffter Schnelle zu realisiren, und daß auch unter
den sächsischen Beamten -- wer dürfte daran zweifeln? -- so mancher ist, welcher
in seinem Innersten die deutsche Einheit ehrlich ersehnt, dann wird es nicht
schwer fallen, sich ein Bild zu machen, wie es einem.sächsischen Beamten jetzt
zu Muthe sein muß. der im Herzen ein ehrlicher Patriot ist.

' Da liegt es denn recht nah. zurückzugreifen auf die Zeit, in welcher
Sachsen schon einmal im Interesse Deutschlands unter fremdem Gouvernement
stand, und zu sehen, welche Stellung damals den sächsischen Beamten beschic¬
ken war.

Das Ergebniß des Vergleichs fällt nicht zu Gunsten der Gegenwart aus.

Kaum war man aus der Unordnung, die die große Völkerschlacht noth¬
wendig im Gefolge hatte, einigermaßen heraus und wieder zu Athem gekommen,
so erließ Freiherr vom Stein in Ur. 20S der Leipziger Zeitung vom Jahre
, 1813 folgendes


Publicandum, die Anordnung des obersten Verwaltungsdepar¬
tements und der Generalgouverneurs betreffend.

Die hohen Verbündeten Mächte wollen, stets eingedenk ihres erhabenen
und festen Vorsatzes, Deutschland von seinem bisherigen Joche zu befreie", die
Kräfte der von ihren siegreichen Armeen eroberten Länder zu keinem andern,
als diesem Zwecke benutzen, mit welchem die Herzen aller Deutschen einver¬
standen sind.

Sie haben zu dem Ende für die Verwaltung der eroberten Länder in der
Person des unterzeichneten Staatsministers und Ritters des hohen Andreasordens
Freiherrn Vom Stein ein oberstes Verwaltungsdepartement angeordnet, dessen
Bestimmung und Bestreben es sein wird, die Hilfsquellen der verschiedenen
Länder zu dem angegebenen militärisch-politischen Zwecke zu benutzen. Den
Ländern weiden Generalgouverneurs vorgesetzt werden, als die höchste Behörde
und der Vereinigungspunkt aller Militär- und Civiladministration. Von den
Einwohnern wird Treue und feste Anhänglichkeit an jenen erhabenen Zweck
erwartet, dem sich die Bessere" bisher schon anschlössen, und strenger Gehorsam
gegen die vom .obersten Verwaltungsdepartement und dem Generalgouvemeur
zu treffenden Anordnungen. Für die bisherigen Behörden der eroberten Länder
ist dieses doppelte Pflicht. Sie werde" durch einen ihnen besonders vorzulegenden
Revers diesen Gehorsam angelobe", oder aus ihrem Dienstverhältnisse ausscheiden
und sich dadurch für Gegner der guten und gerechten Sache erklären müssen.

Leipzig, den 23. October 1813.


Oberstes Verwaltungsdepartement.
K. Freiherr vom Stein.

Diesem Publicandum war das nachstehende Patent des Fürsten Repnin
sofort beigefügt:


57"

nationalen Wünsche in nie gehoffter Schnelle zu realisiren, und daß auch unter
den sächsischen Beamten — wer dürfte daran zweifeln? — so mancher ist, welcher
in seinem Innersten die deutsche Einheit ehrlich ersehnt, dann wird es nicht
schwer fallen, sich ein Bild zu machen, wie es einem.sächsischen Beamten jetzt
zu Muthe sein muß. der im Herzen ein ehrlicher Patriot ist.

' Da liegt es denn recht nah. zurückzugreifen auf die Zeit, in welcher
Sachsen schon einmal im Interesse Deutschlands unter fremdem Gouvernement
stand, und zu sehen, welche Stellung damals den sächsischen Beamten beschic¬
ken war.

Das Ergebniß des Vergleichs fällt nicht zu Gunsten der Gegenwart aus.

Kaum war man aus der Unordnung, die die große Völkerschlacht noth¬
wendig im Gefolge hatte, einigermaßen heraus und wieder zu Athem gekommen,
so erließ Freiherr vom Stein in Ur. 20S der Leipziger Zeitung vom Jahre
, 1813 folgendes


Publicandum, die Anordnung des obersten Verwaltungsdepar¬
tements und der Generalgouverneurs betreffend.

Die hohen Verbündeten Mächte wollen, stets eingedenk ihres erhabenen
und festen Vorsatzes, Deutschland von seinem bisherigen Joche zu befreie», die
Kräfte der von ihren siegreichen Armeen eroberten Länder zu keinem andern,
als diesem Zwecke benutzen, mit welchem die Herzen aller Deutschen einver¬
standen sind.

Sie haben zu dem Ende für die Verwaltung der eroberten Länder in der
Person des unterzeichneten Staatsministers und Ritters des hohen Andreasordens
Freiherrn Vom Stein ein oberstes Verwaltungsdepartement angeordnet, dessen
Bestimmung und Bestreben es sein wird, die Hilfsquellen der verschiedenen
Länder zu dem angegebenen militärisch-politischen Zwecke zu benutzen. Den
Ländern weiden Generalgouverneurs vorgesetzt werden, als die höchste Behörde
und der Vereinigungspunkt aller Militär- und Civiladministration. Von den
Einwohnern wird Treue und feste Anhänglichkeit an jenen erhabenen Zweck
erwartet, dem sich die Bessere» bisher schon anschlössen, und strenger Gehorsam
gegen die vom .obersten Verwaltungsdepartement und dem Generalgouvemeur
zu treffenden Anordnungen. Für die bisherigen Behörden der eroberten Länder
ist dieses doppelte Pflicht. Sie werde» durch einen ihnen besonders vorzulegenden
Revers diesen Gehorsam angelobe», oder aus ihrem Dienstverhältnisse ausscheiden
und sich dadurch für Gegner der guten und gerechten Sache erklären müssen.

Leipzig, den 23. October 1813.


Oberstes Verwaltungsdepartement.
K. Freiherr vom Stein.

Diesem Publicandum war das nachstehende Patent des Fürsten Repnin
sofort beigefügt:


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[0483] nationalen Wünsche in nie gehoffter Schnelle zu realisiren, und daß auch unter den sächsischen Beamten — wer dürfte daran zweifeln? — so mancher ist, welcher in seinem Innersten die deutsche Einheit ehrlich ersehnt, dann wird es nicht schwer fallen, sich ein Bild zu machen, wie es einem.sächsischen Beamten jetzt zu Muthe sein muß. der im Herzen ein ehrlicher Patriot ist. ' Da liegt es denn recht nah. zurückzugreifen auf die Zeit, in welcher Sachsen schon einmal im Interesse Deutschlands unter fremdem Gouvernement stand, und zu sehen, welche Stellung damals den sächsischen Beamten beschic¬ ken war. Das Ergebniß des Vergleichs fällt nicht zu Gunsten der Gegenwart aus. Kaum war man aus der Unordnung, die die große Völkerschlacht noth¬ wendig im Gefolge hatte, einigermaßen heraus und wieder zu Athem gekommen, so erließ Freiherr vom Stein in Ur. 20S der Leipziger Zeitung vom Jahre , 1813 folgendes Publicandum, die Anordnung des obersten Verwaltungsdepar¬ tements und der Generalgouverneurs betreffend. Die hohen Verbündeten Mächte wollen, stets eingedenk ihres erhabenen und festen Vorsatzes, Deutschland von seinem bisherigen Joche zu befreie», die Kräfte der von ihren siegreichen Armeen eroberten Länder zu keinem andern, als diesem Zwecke benutzen, mit welchem die Herzen aller Deutschen einver¬ standen sind. Sie haben zu dem Ende für die Verwaltung der eroberten Länder in der Person des unterzeichneten Staatsministers und Ritters des hohen Andreasordens Freiherrn Vom Stein ein oberstes Verwaltungsdepartement angeordnet, dessen Bestimmung und Bestreben es sein wird, die Hilfsquellen der verschiedenen Länder zu dem angegebenen militärisch-politischen Zwecke zu benutzen. Den Ländern weiden Generalgouverneurs vorgesetzt werden, als die höchste Behörde und der Vereinigungspunkt aller Militär- und Civiladministration. Von den Einwohnern wird Treue und feste Anhänglichkeit an jenen erhabenen Zweck erwartet, dem sich die Bessere» bisher schon anschlössen, und strenger Gehorsam gegen die vom .obersten Verwaltungsdepartement und dem Generalgouvemeur zu treffenden Anordnungen. Für die bisherigen Behörden der eroberten Länder ist dieses doppelte Pflicht. Sie werde» durch einen ihnen besonders vorzulegenden Revers diesen Gehorsam angelobe», oder aus ihrem Dienstverhältnisse ausscheiden und sich dadurch für Gegner der guten und gerechten Sache erklären müssen. Leipzig, den 23. October 1813. Oberstes Verwaltungsdepartement. K. Freiherr vom Stein. Diesem Publicandum war das nachstehende Patent des Fürsten Repnin sofort beigefügt: 57"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/483>, abgerufen am 22.07.2024.