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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Ausgaben die Stelle hinter Großbritannien, Frankreich. Spanien, während die
nordamerikanische Union. Italien, Oestreich. Rußland und die Schweiz weniger
aufwenden. Hier kann also durch Gründung des norddeutschen Bundes ohne
weiteres Mehrerforderniß sofort Bedeutendes geleistet werden.

Bei den Summen, welche die einzelnen Staaten für Hofhaltung auf¬
gewandt haben und noch aufwenden, fällt auf. daß je größer die Staaten, je
geringer der Betrag ist, der für die Hofhaltung von der Bevölkerung ausge¬
bracht ist. Je geringer auch die Ausgabe für das Kriegswesen, desto höher
erscheint der Betrag für die Civilliste. Auch hier 'leuchtet der finanzielle Vor-
theil des Großstaates sofort in die Augen.

Man soll freilich den Werth solcher statistischer Angaben nicht überschätzen.
Sie erhalten Bedeutung erst dann, wenn sie richtig gedeutet werden, und sie
mögen bei mangelhafter Deutung täuschen und verwirren, statt aufklären. Wenn
z. B. die preußischen Heereskosten die Bevölkerung pro Kopf mit 2 Thlr. 4 Sgr.
belasten, so folgt aus dieser Angabe an sich selbstverständlich noch gar nicht,
daß dieser Betrag schwerer auf der Masse des Volkes liegt als die geringere Quote
in anderem Staat. Die Vertheilung der Steuern käme zunächst in Betracht.
Ferner aber ist diese Steuerquote wieder nur ein verhältnißmäßig kleiner Theil
der Last, welche durch die allgemeine Wehrpflicht dem Volke aufgelegt wird, durch
Verlust an nationaler Arbeitskraft, durch Nöthigung zu mehrjähriger unproduktiver
Thätigkeit u. s. w. Aber wieder wäre höchst verkehrt, die politische, ja selbst die
nationalökonomische Bedeutung der allgemeinen Wehrpflicht nur nach den Sum¬
men zu taxiren, welche durch dieselbe dem Budget auferlegt und der productiven
Thätigkeit entzogen werden. Denn der Heeresdienst ist in Preußen für hundert¬
tausend junge Männer auch eine Bildungsanstalt, welche in ihrer körperlichen
und geistigen Entwickelung wichtiger ist als Turnunterricht und Sonntagsschulen

Am deutlichsten sprechen die Kosten der Höfe und der diplomatischen Ver¬
tretung.




Berantwortlicher Redactem: Gustav Freytag.
Verlag von F. L. HtMg. -- Druck von Hüthel ä- Segler Mh"r C. <i. Elbert" in Leipzig-

Ausgaben die Stelle hinter Großbritannien, Frankreich. Spanien, während die
nordamerikanische Union. Italien, Oestreich. Rußland und die Schweiz weniger
aufwenden. Hier kann also durch Gründung des norddeutschen Bundes ohne
weiteres Mehrerforderniß sofort Bedeutendes geleistet werden.

Bei den Summen, welche die einzelnen Staaten für Hofhaltung auf¬
gewandt haben und noch aufwenden, fällt auf. daß je größer die Staaten, je
geringer der Betrag ist, der für die Hofhaltung von der Bevölkerung ausge¬
bracht ist. Je geringer auch die Ausgabe für das Kriegswesen, desto höher
erscheint der Betrag für die Civilliste. Auch hier 'leuchtet der finanzielle Vor-
theil des Großstaates sofort in die Augen.

Man soll freilich den Werth solcher statistischer Angaben nicht überschätzen.
Sie erhalten Bedeutung erst dann, wenn sie richtig gedeutet werden, und sie
mögen bei mangelhafter Deutung täuschen und verwirren, statt aufklären. Wenn
z. B. die preußischen Heereskosten die Bevölkerung pro Kopf mit 2 Thlr. 4 Sgr.
belasten, so folgt aus dieser Angabe an sich selbstverständlich noch gar nicht,
daß dieser Betrag schwerer auf der Masse des Volkes liegt als die geringere Quote
in anderem Staat. Die Vertheilung der Steuern käme zunächst in Betracht.
Ferner aber ist diese Steuerquote wieder nur ein verhältnißmäßig kleiner Theil
der Last, welche durch die allgemeine Wehrpflicht dem Volke aufgelegt wird, durch
Verlust an nationaler Arbeitskraft, durch Nöthigung zu mehrjähriger unproduktiver
Thätigkeit u. s. w. Aber wieder wäre höchst verkehrt, die politische, ja selbst die
nationalökonomische Bedeutung der allgemeinen Wehrpflicht nur nach den Sum¬
men zu taxiren, welche durch dieselbe dem Budget auferlegt und der productiven
Thätigkeit entzogen werden. Denn der Heeresdienst ist in Preußen für hundert¬
tausend junge Männer auch eine Bildungsanstalt, welche in ihrer körperlichen
und geistigen Entwickelung wichtiger ist als Turnunterricht und Sonntagsschulen

Am deutlichsten sprechen die Kosten der Höfe und der diplomatischen Ver¬
tretung.




Berantwortlicher Redactem: Gustav Freytag.
Verlag von F. L. HtMg. — Druck von Hüthel ä- Segler Mh«r C. <i. Elbert» in Leipzig-
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[0386] Ausgaben die Stelle hinter Großbritannien, Frankreich. Spanien, während die nordamerikanische Union. Italien, Oestreich. Rußland und die Schweiz weniger aufwenden. Hier kann also durch Gründung des norddeutschen Bundes ohne weiteres Mehrerforderniß sofort Bedeutendes geleistet werden. Bei den Summen, welche die einzelnen Staaten für Hofhaltung auf¬ gewandt haben und noch aufwenden, fällt auf. daß je größer die Staaten, je geringer der Betrag ist, der für die Hofhaltung von der Bevölkerung ausge¬ bracht ist. Je geringer auch die Ausgabe für das Kriegswesen, desto höher erscheint der Betrag für die Civilliste. Auch hier 'leuchtet der finanzielle Vor- theil des Großstaates sofort in die Augen. Man soll freilich den Werth solcher statistischer Angaben nicht überschätzen. Sie erhalten Bedeutung erst dann, wenn sie richtig gedeutet werden, und sie mögen bei mangelhafter Deutung täuschen und verwirren, statt aufklären. Wenn z. B. die preußischen Heereskosten die Bevölkerung pro Kopf mit 2 Thlr. 4 Sgr. belasten, so folgt aus dieser Angabe an sich selbstverständlich noch gar nicht, daß dieser Betrag schwerer auf der Masse des Volkes liegt als die geringere Quote in anderem Staat. Die Vertheilung der Steuern käme zunächst in Betracht. Ferner aber ist diese Steuerquote wieder nur ein verhältnißmäßig kleiner Theil der Last, welche durch die allgemeine Wehrpflicht dem Volke aufgelegt wird, durch Verlust an nationaler Arbeitskraft, durch Nöthigung zu mehrjähriger unproduktiver Thätigkeit u. s. w. Aber wieder wäre höchst verkehrt, die politische, ja selbst die nationalökonomische Bedeutung der allgemeinen Wehrpflicht nur nach den Sum¬ men zu taxiren, welche durch dieselbe dem Budget auferlegt und der productiven Thätigkeit entzogen werden. Denn der Heeresdienst ist in Preußen für hundert¬ tausend junge Männer auch eine Bildungsanstalt, welche in ihrer körperlichen und geistigen Entwickelung wichtiger ist als Turnunterricht und Sonntagsschulen Am deutlichsten sprechen die Kosten der Höfe und der diplomatischen Ver¬ tretung. Berantwortlicher Redactem: Gustav Freytag. Verlag von F. L. HtMg. — Druck von Hüthel ä- Segler Mh«r C. <i. Elbert» in Leipzig-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/386>, abgerufen am 22.07.2024.