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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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den Kassen von Staat, Behörden oder Korporationen; es sind freiwillige Bei¬
träge Einzelner. Gleichwohl war der Kongreß bisher, ohne das Gleichgewicht
seines Budgets zu gefährden, im Stande, nicht nur alljährlich eine sorgfältig
ausgearbeitete Darstellung seiner Verhandlunge" zu publiciren, sondern auch
eine Reihe von Monographien über wissenschaftliche Gegenstände und Special-
untersuchungen über brennende praktische Fragen zu veranlassen, die Autoren zu
honoriren und die Producte ihrer Mühewaltung durch den Druck zu verviel¬
fältigen, endlich auch nicht unansehnliche Preise sür voll'swirthschastliche Schriften
auszusetzen und zu vertheilen. Die Mitglieder des Vorstandes des Volkswirth-
schaftlichen Kongresses haben die ihnen angetragene Vergütung für Reisen?c.
zurückgewiesen. Das Princip der Diätenlosigkeit kann wirthschaftlich angefochten
Werden; allein in dem öffentlichen Leben Englands hat es sich so glänzend be¬
währt, daß es wohl der Mühe lohnt, auch auf dem Kontinent einen Versuch
der Nachahmung zu machen.

Aus der Mitte des volkswirthschaftlichen Kongresses ist die von Faucher
und Michaelis herausgegebene "Vierteljahrschrift für Volkswirthschaft" (bis jetzt
Zwölf Bände, Berlin, F. A. Herbig) hervorgegangen. Sie enthält Abhandlungen
der beiden Herausgeber und der Herren Präsident Leite, Dr. Braun, Victor
Böhmert, Otto Wolff. Max Wirth. H. v. Rönne, Prince-Smith, Dr. A. Sontbeer,
Alexander Meyer, Professor Mackowizka u. s. w. Es sind hauptsächlich die
ältesten und ständigsten Theilnehmer des volkswirthschaftlichen Kongresses und
diejenigen, welche alljährlich von Neuem in den Vorstand gewählt werden, die
Herausgeber und regelmäßigen Mitarbeiter dieser Revue. Dieselbe ist jedoch
uicht officielles Organ des Kongresses. Denn jede derartige Qualität beein¬
trächtigt die Freiheit der Forschung und des wissenschaftlichen Urtheils.

Mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, zu welchen wir Herrn Prof. Macko¬
wizka in Erlangen und Herrn Prof. und Oberappellationsgerichtsrath Wilhelm
^"bemann in Jena rechnen (dieser hat sich durch seine treffliche Monographie
über "die nationalökonomischen Grundsätze der kanonistischen Lehre" das volks-
wirthschaftliche Ehrenbürgerrecht erworben), hat die zünftige Gelehrsamkeit der
Universitäten sich dem Congreß und der Vierteljahrschrift ferne gehalten. Dies
^ sehr begreiflich. Denn diese junge progressistische Schule der deutschen Na-
iwnalökvnomie wendet die scharfen Denk- und Darstellungsformen der exacten
Wissenschaften an. Sie läßt sich nicht von dem historischen Material beherr¬
schen, sondern sucht es durch ihre Logik zu bewältigen; und statt mit den
^rthümern und Mißständen der Gegenwart zu Pallirer und zu compromittiren,
sührt sie einen entschlossenen und hartnäckigen Krieg mit denselben. Sie pflegt die
Wissenschaft um ihrer selbst willen, aber sie erwartet auch sofortige praktische Früchte
von derselben. Vor allem strebt sie nach Beseitigung der Bande des Feudal- und
^s Polizeistaats, welche die wirthschaftliche Thätigkeit der bürgerlichen Gesell-


Grenzbotm III. 18os. 40

den Kassen von Staat, Behörden oder Korporationen; es sind freiwillige Bei¬
träge Einzelner. Gleichwohl war der Kongreß bisher, ohne das Gleichgewicht
seines Budgets zu gefährden, im Stande, nicht nur alljährlich eine sorgfältig
ausgearbeitete Darstellung seiner Verhandlunge» zu publiciren, sondern auch
eine Reihe von Monographien über wissenschaftliche Gegenstände und Special-
untersuchungen über brennende praktische Fragen zu veranlassen, die Autoren zu
honoriren und die Producte ihrer Mühewaltung durch den Druck zu verviel¬
fältigen, endlich auch nicht unansehnliche Preise sür voll'swirthschastliche Schriften
auszusetzen und zu vertheilen. Die Mitglieder des Vorstandes des Volkswirth-
schaftlichen Kongresses haben die ihnen angetragene Vergütung für Reisen?c.
zurückgewiesen. Das Princip der Diätenlosigkeit kann wirthschaftlich angefochten
Werden; allein in dem öffentlichen Leben Englands hat es sich so glänzend be¬
währt, daß es wohl der Mühe lohnt, auch auf dem Kontinent einen Versuch
der Nachahmung zu machen.

Aus der Mitte des volkswirthschaftlichen Kongresses ist die von Faucher
und Michaelis herausgegebene „Vierteljahrschrift für Volkswirthschaft" (bis jetzt
Zwölf Bände, Berlin, F. A. Herbig) hervorgegangen. Sie enthält Abhandlungen
der beiden Herausgeber und der Herren Präsident Leite, Dr. Braun, Victor
Böhmert, Otto Wolff. Max Wirth. H. v. Rönne, Prince-Smith, Dr. A. Sontbeer,
Alexander Meyer, Professor Mackowizka u. s. w. Es sind hauptsächlich die
ältesten und ständigsten Theilnehmer des volkswirthschaftlichen Kongresses und
diejenigen, welche alljährlich von Neuem in den Vorstand gewählt werden, die
Herausgeber und regelmäßigen Mitarbeiter dieser Revue. Dieselbe ist jedoch
uicht officielles Organ des Kongresses. Denn jede derartige Qualität beein¬
trächtigt die Freiheit der Forschung und des wissenschaftlichen Urtheils.

Mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, zu welchen wir Herrn Prof. Macko¬
wizka in Erlangen und Herrn Prof. und Oberappellationsgerichtsrath Wilhelm
^«bemann in Jena rechnen (dieser hat sich durch seine treffliche Monographie
über „die nationalökonomischen Grundsätze der kanonistischen Lehre" das volks-
wirthschaftliche Ehrenbürgerrecht erworben), hat die zünftige Gelehrsamkeit der
Universitäten sich dem Congreß und der Vierteljahrschrift ferne gehalten. Dies
^ sehr begreiflich. Denn diese junge progressistische Schule der deutschen Na-
iwnalökvnomie wendet die scharfen Denk- und Darstellungsformen der exacten
Wissenschaften an. Sie läßt sich nicht von dem historischen Material beherr¬
schen, sondern sucht es durch ihre Logik zu bewältigen; und statt mit den
^rthümern und Mißständen der Gegenwart zu Pallirer und zu compromittiren,
sührt sie einen entschlossenen und hartnäckigen Krieg mit denselben. Sie pflegt die
Wissenschaft um ihrer selbst willen, aber sie erwartet auch sofortige praktische Früchte
von derselben. Vor allem strebt sie nach Beseitigung der Bande des Feudal- und
^s Polizeistaats, welche die wirthschaftliche Thätigkeit der bürgerlichen Gesell-


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[0337] den Kassen von Staat, Behörden oder Korporationen; es sind freiwillige Bei¬ träge Einzelner. Gleichwohl war der Kongreß bisher, ohne das Gleichgewicht seines Budgets zu gefährden, im Stande, nicht nur alljährlich eine sorgfältig ausgearbeitete Darstellung seiner Verhandlunge» zu publiciren, sondern auch eine Reihe von Monographien über wissenschaftliche Gegenstände und Special- untersuchungen über brennende praktische Fragen zu veranlassen, die Autoren zu honoriren und die Producte ihrer Mühewaltung durch den Druck zu verviel¬ fältigen, endlich auch nicht unansehnliche Preise sür voll'swirthschastliche Schriften auszusetzen und zu vertheilen. Die Mitglieder des Vorstandes des Volkswirth- schaftlichen Kongresses haben die ihnen angetragene Vergütung für Reisen?c. zurückgewiesen. Das Princip der Diätenlosigkeit kann wirthschaftlich angefochten Werden; allein in dem öffentlichen Leben Englands hat es sich so glänzend be¬ währt, daß es wohl der Mühe lohnt, auch auf dem Kontinent einen Versuch der Nachahmung zu machen. Aus der Mitte des volkswirthschaftlichen Kongresses ist die von Faucher und Michaelis herausgegebene „Vierteljahrschrift für Volkswirthschaft" (bis jetzt Zwölf Bände, Berlin, F. A. Herbig) hervorgegangen. Sie enthält Abhandlungen der beiden Herausgeber und der Herren Präsident Leite, Dr. Braun, Victor Böhmert, Otto Wolff. Max Wirth. H. v. Rönne, Prince-Smith, Dr. A. Sontbeer, Alexander Meyer, Professor Mackowizka u. s. w. Es sind hauptsächlich die ältesten und ständigsten Theilnehmer des volkswirthschaftlichen Kongresses und diejenigen, welche alljährlich von Neuem in den Vorstand gewählt werden, die Herausgeber und regelmäßigen Mitarbeiter dieser Revue. Dieselbe ist jedoch uicht officielles Organ des Kongresses. Denn jede derartige Qualität beein¬ trächtigt die Freiheit der Forschung und des wissenschaftlichen Urtheils. Mit wenigen rühmlichen Ausnahmen, zu welchen wir Herrn Prof. Macko¬ wizka in Erlangen und Herrn Prof. und Oberappellationsgerichtsrath Wilhelm ^«bemann in Jena rechnen (dieser hat sich durch seine treffliche Monographie über „die nationalökonomischen Grundsätze der kanonistischen Lehre" das volks- wirthschaftliche Ehrenbürgerrecht erworben), hat die zünftige Gelehrsamkeit der Universitäten sich dem Congreß und der Vierteljahrschrift ferne gehalten. Dies ^ sehr begreiflich. Denn diese junge progressistische Schule der deutschen Na- iwnalökvnomie wendet die scharfen Denk- und Darstellungsformen der exacten Wissenschaften an. Sie läßt sich nicht von dem historischen Material beherr¬ schen, sondern sucht es durch ihre Logik zu bewältigen; und statt mit den ^rthümern und Mißständen der Gegenwart zu Pallirer und zu compromittiren, sührt sie einen entschlossenen und hartnäckigen Krieg mit denselben. Sie pflegt die Wissenschaft um ihrer selbst willen, aber sie erwartet auch sofortige praktische Früchte von derselben. Vor allem strebt sie nach Beseitigung der Bande des Feudal- und ^s Polizeistaats, welche die wirthschaftliche Thätigkeit der bürgerlichen Gesell- Grenzbotm III. 18os. 40

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/337>, abgerufen am 22.07.2024.