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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Handel, Verkehr und alte Stammeseigenart eng Mit preußischen Landestheilen
verbunden ist; sie sind für jedes Interesse ihrer Bürger, welches der Staai
vertritt, durch engste Vereinigung ihrer Capitalien und ihrer bürgerlichen' Be¬
ziehungen unauflöslich an Preußen gebunden; für das Leben im Frieden war
die Festigkeit des Bandes kaum jemandem zweifelhaft, auch für Kriegszeiten
haben die letzten Wochen bewiesen, wie vollständig sie zu dem Machtgebiet
Preußens gehören.

Denn ihre Länder liegen so sehr zwischen preußischem Gebiet, daß sie bei jedem
Kriege, den der neue Bundesstaat mit dem Ausland zu führen hat. Operations¬
basen des Kampfes werden müssen. Sachsen gegen Oestreich, Hannover, gegen
jede zu befürchtende Landung deiner feindlichen Flotte, Darmstadt als Opera¬
tionsgebiet von Mainz. Es ist deshalb unmöglich, den regierenden Familien
dieser Länder, wie bisher geschah, die Kricgsherrlichkeit über ihr Landgebiet zu
überlassen. Die Anlage von Verschanzungen und stehenden Lager", die recht¬
zeitige Concentration Von größeren Truppenmassen auf ihrem Landgebiet darf
nicht von ihrem Belieben abhängen. Auch giebt die parlamentarische Vertretung
des neuen Bundesstaates und ein neuer Bundesrath für solche in einer Noth¬
zeit erforderliche Maßnahmen keineswegs die Garantie rechtzeitiger Ausführung.
Denn dergleichen Maßregeln verlangen Schnelligkeit und Geheimniß, es ist un-
thunlich darüber zu debattiren. Darum muß für diesen Theil Deutschlands, der
etwa bis zum Main, militärisch betrachtet, ein geschlossenes Ganzes bildet,
Preußen die höchsten militärischen Dispositionen unverkürzt erhalten. Diese
Forderung ist in der That eine Grundforderung des neuen Bundesstaates, ohne
ihre Durchführung würde auch in neuen Formen alles locker bleiben und un¬
sicher gegen das Ausland. Selbst bei dem besten patriotischen Willen der be¬
treffenden Regierungen würde die militärische Stärkung D. tschlands eine un¬
vollkommene bleiben, und grade ihr guter Wille und das feste Einvernehmen
mit Preußen würden alljährlich aus zu schwere Proben gestellt werden, wenn
Preußen fortwährend die Aufgabe hätte, das Militärintercsse Deutsch'^nds gegen
die souveränen militärischen Gesichtspunkte des erlauchten Hauses de.' Welsen
und Wettiner zu vertreten. Deshalb ist Preußen diesen Staaten^ gegenüber,
nicht um eine Strafe für ihre gegenwärtige Politik zu üben, sondern im dau¬
ernden Interesse Deutschlands zu der Forderung genöthigt, daß die künftigen
Regenten dieser Länder ihr Kriegsdcpartement vollständig der preußischen e-
gierung unterstellen. Nur eine Folge davon ist, daß Preußen auch die ti/
inatische Vertretung dieser wie der übrigen Bundesstaaten übernimmt. .Was - .
nebenbei bemerkt -- das Halten von Hausgesandten an den Höfen des I"- -
und Auslandes nicht ausschließen würde, wenn die genannten Regierungen solch
Legationen bedürftig wären.

Die drei Fürstenfamilien haben mit ihre" Heeren ihre Länder verlassen,


Handel, Verkehr und alte Stammeseigenart eng Mit preußischen Landestheilen
verbunden ist; sie sind für jedes Interesse ihrer Bürger, welches der Staai
vertritt, durch engste Vereinigung ihrer Capitalien und ihrer bürgerlichen' Be¬
ziehungen unauflöslich an Preußen gebunden; für das Leben im Frieden war
die Festigkeit des Bandes kaum jemandem zweifelhaft, auch für Kriegszeiten
haben die letzten Wochen bewiesen, wie vollständig sie zu dem Machtgebiet
Preußens gehören.

Denn ihre Länder liegen so sehr zwischen preußischem Gebiet, daß sie bei jedem
Kriege, den der neue Bundesstaat mit dem Ausland zu führen hat. Operations¬
basen des Kampfes werden müssen. Sachsen gegen Oestreich, Hannover, gegen
jede zu befürchtende Landung deiner feindlichen Flotte, Darmstadt als Opera¬
tionsgebiet von Mainz. Es ist deshalb unmöglich, den regierenden Familien
dieser Länder, wie bisher geschah, die Kricgsherrlichkeit über ihr Landgebiet zu
überlassen. Die Anlage von Verschanzungen und stehenden Lager», die recht¬
zeitige Concentration Von größeren Truppenmassen auf ihrem Landgebiet darf
nicht von ihrem Belieben abhängen. Auch giebt die parlamentarische Vertretung
des neuen Bundesstaates und ein neuer Bundesrath für solche in einer Noth¬
zeit erforderliche Maßnahmen keineswegs die Garantie rechtzeitiger Ausführung.
Denn dergleichen Maßregeln verlangen Schnelligkeit und Geheimniß, es ist un-
thunlich darüber zu debattiren. Darum muß für diesen Theil Deutschlands, der
etwa bis zum Main, militärisch betrachtet, ein geschlossenes Ganzes bildet,
Preußen die höchsten militärischen Dispositionen unverkürzt erhalten. Diese
Forderung ist in der That eine Grundforderung des neuen Bundesstaates, ohne
ihre Durchführung würde auch in neuen Formen alles locker bleiben und un¬
sicher gegen das Ausland. Selbst bei dem besten patriotischen Willen der be¬
treffenden Regierungen würde die militärische Stärkung D. tschlands eine un¬
vollkommene bleiben, und grade ihr guter Wille und das feste Einvernehmen
mit Preußen würden alljährlich aus zu schwere Proben gestellt werden, wenn
Preußen fortwährend die Aufgabe hätte, das Militärintercsse Deutsch'^nds gegen
die souveränen militärischen Gesichtspunkte des erlauchten Hauses de.' Welsen
und Wettiner zu vertreten. Deshalb ist Preußen diesen Staaten^ gegenüber,
nicht um eine Strafe für ihre gegenwärtige Politik zu üben, sondern im dau¬
ernden Interesse Deutschlands zu der Forderung genöthigt, daß die künftigen
Regenten dieser Länder ihr Kriegsdcpartement vollständig der preußischen e-
gierung unterstellen. Nur eine Folge davon ist, daß Preußen auch die ti/
inatische Vertretung dieser wie der übrigen Bundesstaaten übernimmt. .Was - .
nebenbei bemerkt — das Halten von Hausgesandten an den Höfen des I«- -
und Auslandes nicht ausschließen würde, wenn die genannten Regierungen solch
Legationen bedürftig wären.

Die drei Fürstenfamilien haben mit ihre» Heeren ihre Länder verlassen,


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[0184] Handel, Verkehr und alte Stammeseigenart eng Mit preußischen Landestheilen verbunden ist; sie sind für jedes Interesse ihrer Bürger, welches der Staai vertritt, durch engste Vereinigung ihrer Capitalien und ihrer bürgerlichen' Be¬ ziehungen unauflöslich an Preußen gebunden; für das Leben im Frieden war die Festigkeit des Bandes kaum jemandem zweifelhaft, auch für Kriegszeiten haben die letzten Wochen bewiesen, wie vollständig sie zu dem Machtgebiet Preußens gehören. Denn ihre Länder liegen so sehr zwischen preußischem Gebiet, daß sie bei jedem Kriege, den der neue Bundesstaat mit dem Ausland zu führen hat. Operations¬ basen des Kampfes werden müssen. Sachsen gegen Oestreich, Hannover, gegen jede zu befürchtende Landung deiner feindlichen Flotte, Darmstadt als Opera¬ tionsgebiet von Mainz. Es ist deshalb unmöglich, den regierenden Familien dieser Länder, wie bisher geschah, die Kricgsherrlichkeit über ihr Landgebiet zu überlassen. Die Anlage von Verschanzungen und stehenden Lager», die recht¬ zeitige Concentration Von größeren Truppenmassen auf ihrem Landgebiet darf nicht von ihrem Belieben abhängen. Auch giebt die parlamentarische Vertretung des neuen Bundesstaates und ein neuer Bundesrath für solche in einer Noth¬ zeit erforderliche Maßnahmen keineswegs die Garantie rechtzeitiger Ausführung. Denn dergleichen Maßregeln verlangen Schnelligkeit und Geheimniß, es ist un- thunlich darüber zu debattiren. Darum muß für diesen Theil Deutschlands, der etwa bis zum Main, militärisch betrachtet, ein geschlossenes Ganzes bildet, Preußen die höchsten militärischen Dispositionen unverkürzt erhalten. Diese Forderung ist in der That eine Grundforderung des neuen Bundesstaates, ohne ihre Durchführung würde auch in neuen Formen alles locker bleiben und un¬ sicher gegen das Ausland. Selbst bei dem besten patriotischen Willen der be¬ treffenden Regierungen würde die militärische Stärkung D. tschlands eine un¬ vollkommene bleiben, und grade ihr guter Wille und das feste Einvernehmen mit Preußen würden alljährlich aus zu schwere Proben gestellt werden, wenn Preußen fortwährend die Aufgabe hätte, das Militärintercsse Deutsch'^nds gegen die souveränen militärischen Gesichtspunkte des erlauchten Hauses de.' Welsen und Wettiner zu vertreten. Deshalb ist Preußen diesen Staaten^ gegenüber, nicht um eine Strafe für ihre gegenwärtige Politik zu üben, sondern im dau¬ ernden Interesse Deutschlands zu der Forderung genöthigt, daß die künftigen Regenten dieser Länder ihr Kriegsdcpartement vollständig der preußischen e- gierung unterstellen. Nur eine Folge davon ist, daß Preußen auch die ti/ inatische Vertretung dieser wie der übrigen Bundesstaaten übernimmt. .Was - . nebenbei bemerkt — das Halten von Hausgesandten an den Höfen des I«- - und Auslandes nicht ausschließen würde, wenn die genannten Regierungen solch Legationen bedürftig wären. Die drei Fürstenfamilien haben mit ihre» Heeren ihre Länder verlassen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/184>, abgerufen am 22.07.2024.