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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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sprechenden Weise eine Abzweigung kleinerer Flächen vorgenommen, so dürfte der
hierdurch entstehende Vortheil nicht blos in volkswirtschaftlicher, sondern auch
in finanzieller Hinficht ein sehr bedeutender sein.

Als Curiosum mag schließlich erwähnt werden, daß im Regierungsbezirk
Stralsund noch zwei Pachtperioden von hundert Jahren laufen, indem die
Domäne Grünhufe mit 236 Morgen zu 432 Thlr. für die Zeit von 1789
bis 1889 und die Domäne Hof Carrin mit 1013 Morgen für 142 Thlr. und
Naturalien im Werthe von 626 Thlr. von 1786 bis 1886 verpachtet ist, sowie
daß sich im Regierungsbezirk Minden bei der Domäne Dalheim mit zwei Vor¬
werken (4.661 Morgen 10 lHRuthen) das einzige Beispiel einer Domänen¬
administration des Staates findet, deren Resultat, ein Ertrag von 12,200 Thlr.
oder 2,62 Thlr. pro Morgen, sich übrigens nach den Berichten der Budget-
L. H. commisfion als sehr günstig herausstellt.




Preußen und die Hansestädte.

Die vier freien Städte Deutschlands haben sich in den nationalen Fragen seit
längerer Zeit in zwei Gruppen getheilt: Frankfurt und Hamburg auf der einen,
Bremen und Lübeck auf der andern Seite. Diese Scheidung, in mancher Abstim¬
mung am Bundestage hervorgetreten, zeigt sich auch heute noch in Kraft, und da
heute öffentlich verhandelt wird und eine endgiltige Entscheidung getroffen werden
muß, so mag vielen erst jetzt die verschiedene Stellung der Städte, die sich sonst in
Protokollen und Diplomatengesprächcn verbarg, recht zum Bewußtsein kommen.
Bremen und Lübeck sind heut positiv und praktisch national, d. h. preußisch gesinnt;
Frankfurt ist ganz antipreußisch, Hamburg in der Mehrzahl soweit antipreußisch,
als sich mit seiner nördlichen, Preußen mehr ausgesetzten Lage verträgt. Es wäre
falsch, die politische Grundstimmung Frankfurts und Hamburgs als östreichisch zu
bezeichnen. Sie hat einen ebenso starken radicalen Strich. Charakteristisch ist ihr
nur der ausgemachte Gegensatz zu Preußen, der abwechselnd, oder je nach der sonstigen
politischen Richtung der einzelnen Bcvölkcrungsschichten ins Republikanisch-Kosmo¬
politische oder ins schwarzgelbe ausschlägt, wenn Farbe bekannt werden muß.

Im Uebrigen hat die gegenwärtige Krisis enthüllt, daß die loealpätriotischcn
Staatsmänner auf dem Boden dieser kleinen Republiken nicht recht mehr gedeihen
wollen. Einen Mann, der Anstalten machte zu der Bedeutung des alten Bürger¬
meister Smidt emporzuwachsen, suchen wir vergebens in Bremen und Lübeck sowohl
als in Hamburg. Es fehlt durchaus nicht an tüchtigen Arbeitskräften; es ist sogar
ein oder das andere glänzende Talent da. Die Eigenschaften des schaffenden Staats¬
mannes aber vermögen sich nicht mehr in der alten Weise auszubilden. Die Pa¬
trioten, welche in den Senaten sitzen, oder den Bürgerschaften vorangehen, oder aus
den diplomatischen Posten stehen, sind eben nicht rein hanseatische oder -- wie man


sprechenden Weise eine Abzweigung kleinerer Flächen vorgenommen, so dürfte der
hierdurch entstehende Vortheil nicht blos in volkswirtschaftlicher, sondern auch
in finanzieller Hinficht ein sehr bedeutender sein.

Als Curiosum mag schließlich erwähnt werden, daß im Regierungsbezirk
Stralsund noch zwei Pachtperioden von hundert Jahren laufen, indem die
Domäne Grünhufe mit 236 Morgen zu 432 Thlr. für die Zeit von 1789
bis 1889 und die Domäne Hof Carrin mit 1013 Morgen für 142 Thlr. und
Naturalien im Werthe von 626 Thlr. von 1786 bis 1886 verpachtet ist, sowie
daß sich im Regierungsbezirk Minden bei der Domäne Dalheim mit zwei Vor¬
werken (4.661 Morgen 10 lHRuthen) das einzige Beispiel einer Domänen¬
administration des Staates findet, deren Resultat, ein Ertrag von 12,200 Thlr.
oder 2,62 Thlr. pro Morgen, sich übrigens nach den Berichten der Budget-
L. H. commisfion als sehr günstig herausstellt.




Preußen und die Hansestädte.

Die vier freien Städte Deutschlands haben sich in den nationalen Fragen seit
längerer Zeit in zwei Gruppen getheilt: Frankfurt und Hamburg auf der einen,
Bremen und Lübeck auf der andern Seite. Diese Scheidung, in mancher Abstim¬
mung am Bundestage hervorgetreten, zeigt sich auch heute noch in Kraft, und da
heute öffentlich verhandelt wird und eine endgiltige Entscheidung getroffen werden
muß, so mag vielen erst jetzt die verschiedene Stellung der Städte, die sich sonst in
Protokollen und Diplomatengesprächcn verbarg, recht zum Bewußtsein kommen.
Bremen und Lübeck sind heut positiv und praktisch national, d. h. preußisch gesinnt;
Frankfurt ist ganz antipreußisch, Hamburg in der Mehrzahl soweit antipreußisch,
als sich mit seiner nördlichen, Preußen mehr ausgesetzten Lage verträgt. Es wäre
falsch, die politische Grundstimmung Frankfurts und Hamburgs als östreichisch zu
bezeichnen. Sie hat einen ebenso starken radicalen Strich. Charakteristisch ist ihr
nur der ausgemachte Gegensatz zu Preußen, der abwechselnd, oder je nach der sonstigen
politischen Richtung der einzelnen Bcvölkcrungsschichten ins Republikanisch-Kosmo¬
politische oder ins schwarzgelbe ausschlägt, wenn Farbe bekannt werden muß.

Im Uebrigen hat die gegenwärtige Krisis enthüllt, daß die loealpätriotischcn
Staatsmänner auf dem Boden dieser kleinen Republiken nicht recht mehr gedeihen
wollen. Einen Mann, der Anstalten machte zu der Bedeutung des alten Bürger¬
meister Smidt emporzuwachsen, suchen wir vergebens in Bremen und Lübeck sowohl
als in Hamburg. Es fehlt durchaus nicht an tüchtigen Arbeitskräften; es ist sogar
ein oder das andere glänzende Talent da. Die Eigenschaften des schaffenden Staats¬
mannes aber vermögen sich nicht mehr in der alten Weise auszubilden. Die Pa¬
trioten, welche in den Senaten sitzen, oder den Bürgerschaften vorangehen, oder aus
den diplomatischen Posten stehen, sind eben nicht rein hanseatische oder — wie man


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/132>, abgerufen am 03.07.2024.