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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Hinwand gegen die Veräußerung der Domänengüter entgegnet schon Rau (Finanz-
Wissenschaft § 97), daß die Grundrente jedenfalls bei Privatländereien noch
schneller steige, als bei den Staatsdomänen, und daß von dem größeren Grund-
einkommen der Bürger auch der Staat durch Grundsteuer ". Vortheil ziehe. --
Allein wenn auch allerdings hei dem fortwährenden Steigen der Bodenrenke,
und mit Rücksicht darauf, daß bei manchen Domänen durch Ausführung von
Meliorationen, für welche ein Betrag von 2S.V00 Thlr. jährlich in dem Etat
ausgeworfen ist. der staufwerth noch erheblich gesteigert werden kann, das
sin,anzielle Resultat her Domänenverkäufe als ein unbedingt vortheilhaftes
nicht immer anzusehen sein mag, so ist doch die Veräußerung der Domänen
in einzelnen Fällen nicht blos als eine Finanzquelle, sondern auch als eine
ftaatS', und v olkswirthschaftliche Maßregel in Aussicht zu
nehmen, Wenn zum Beispiel, wie dies in neuester Zeit mehrfach geschehen
ist, ein Theil einer Domäne zur Abfindung von Forstservitutberechtigten ver¬
wendet, oder ein Vorwerk gegen Privqtgrundstücke vertauscht wird und letztere,
WHil sie rqtionellerweise nur zur Holzzucht benutzt werden können, der Fyrst-
perwaltung zur, Holzeultur überwiesen werden, so rechtfertigt sich dies unbedingt
aus den in dem Hausgesetz von 1Y08 betonten "Grundsätzen einer vernünftigen
HtaatSwirthschaft!"

Aber, der Weich preußischer Domänen ruht nicht vorzugsweise in der Rente.
Welche sie der Sta als einnäh me beisteuern, sondern in einer Einwirkung auf die
Agricu.le.ur, welche auch von unsern Volkswirthen nicht immer richtig gewürdigt
Wird.5 Die Domänen, helfen die Intelligenz gegen das Capital schützen. Denn
sie geben einem gebildeten Landwirth, der mit nur mäßigem Capital ausgestattet
ist, Gelegenheit, zu einer seinen Kräften entsprechenden Thätigkeit. Dies ist,
für Preuße" um so wichtiger, weil hier Verpachtungen größerer Privatgüter
im Ganzen selten sind, erst ip den letzten Jahrzehnten auf größeren Güter-
complexen üblich wurden- Nirgend aber ist zur Zeit der Capitalbedarf bei
einem Großbetrieb verhältnißmäßig so bedeutend als in der Landwirthschaft.
Mhrend der Industrielle in jedem andern Gewerbszweige mit 40--S0.000 Thlr.
eigenem Capital ein wohlfundirtes und ertragreiches Geschäft in Aussicht hat.
Wird ein Guiskauf mit diesem Capital dem tüchtigen Landwirth nur in selte¬
nen Wien Gelegenheit zur bedeutenden Entwickelung seines Geschäfts ver¬
statten.

Wie wichtig dieses Moment ist. lehrt jeder Rückblick auf die Geschichte der
preußischen Landwirtschaft. Von den Domänen der Thaer. Koppe. Block und
vieler andern datirt der hohe Aufschwung der norddeutschen Agriculturwirth-
schaften: die Domänenpächter, die "Amtsrathe" der vorigen Jahrzehnte sind die
Gründer der besten landwirthschaftlichen Schulen, unter ihrem Einfluß hat sich
die groß" Zahl intelligenter, namentlich bürgerlicher Gutsbesitzer, gebildet, welche


Hinwand gegen die Veräußerung der Domänengüter entgegnet schon Rau (Finanz-
Wissenschaft § 97), daß die Grundrente jedenfalls bei Privatländereien noch
schneller steige, als bei den Staatsdomänen, und daß von dem größeren Grund-
einkommen der Bürger auch der Staat durch Grundsteuer «. Vortheil ziehe. —
Allein wenn auch allerdings hei dem fortwährenden Steigen der Bodenrenke,
und mit Rücksicht darauf, daß bei manchen Domänen durch Ausführung von
Meliorationen, für welche ein Betrag von 2S.V00 Thlr. jährlich in dem Etat
ausgeworfen ist. der staufwerth noch erheblich gesteigert werden kann, das
sin,anzielle Resultat her Domänenverkäufe als ein unbedingt vortheilhaftes
nicht immer anzusehen sein mag, so ist doch die Veräußerung der Domänen
in einzelnen Fällen nicht blos als eine Finanzquelle, sondern auch als eine
ftaatS', und v olkswirthschaftliche Maßregel in Aussicht zu
nehmen, Wenn zum Beispiel, wie dies in neuester Zeit mehrfach geschehen
ist, ein Theil einer Domäne zur Abfindung von Forstservitutberechtigten ver¬
wendet, oder ein Vorwerk gegen Privqtgrundstücke vertauscht wird und letztere,
WHil sie rqtionellerweise nur zur Holzzucht benutzt werden können, der Fyrst-
perwaltung zur, Holzeultur überwiesen werden, so rechtfertigt sich dies unbedingt
aus den in dem Hausgesetz von 1Y08 betonten „Grundsätzen einer vernünftigen
HtaatSwirthschaft!«

Aber, der Weich preußischer Domänen ruht nicht vorzugsweise in der Rente.
Welche sie der Sta als einnäh me beisteuern, sondern in einer Einwirkung auf die
Agricu.le.ur, welche auch von unsern Volkswirthen nicht immer richtig gewürdigt
Wird.5 Die Domänen, helfen die Intelligenz gegen das Capital schützen. Denn
sie geben einem gebildeten Landwirth, der mit nur mäßigem Capital ausgestattet
ist, Gelegenheit, zu einer seinen Kräften entsprechenden Thätigkeit. Dies ist,
für Preuße» um so wichtiger, weil hier Verpachtungen größerer Privatgüter
im Ganzen selten sind, erst ip den letzten Jahrzehnten auf größeren Güter-
complexen üblich wurden- Nirgend aber ist zur Zeit der Capitalbedarf bei
einem Großbetrieb verhältnißmäßig so bedeutend als in der Landwirthschaft.
Mhrend der Industrielle in jedem andern Gewerbszweige mit 40—S0.000 Thlr.
eigenem Capital ein wohlfundirtes und ertragreiches Geschäft in Aussicht hat.
Wird ein Guiskauf mit diesem Capital dem tüchtigen Landwirth nur in selte¬
nen Wien Gelegenheit zur bedeutenden Entwickelung seines Geschäfts ver¬
statten.

Wie wichtig dieses Moment ist. lehrt jeder Rückblick auf die Geschichte der
preußischen Landwirtschaft. Von den Domänen der Thaer. Koppe. Block und
vieler andern datirt der hohe Aufschwung der norddeutschen Agriculturwirth-
schaften: die Domänenpächter, die „Amtsrathe" der vorigen Jahrzehnte sind die
Gründer der besten landwirthschaftlichen Schulen, unter ihrem Einfluß hat sich
die groß« Zahl intelligenter, namentlich bürgerlicher Gutsbesitzer, gebildet, welche


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[0130] Hinwand gegen die Veräußerung der Domänengüter entgegnet schon Rau (Finanz- Wissenschaft § 97), daß die Grundrente jedenfalls bei Privatländereien noch schneller steige, als bei den Staatsdomänen, und daß von dem größeren Grund- einkommen der Bürger auch der Staat durch Grundsteuer «. Vortheil ziehe. — Allein wenn auch allerdings hei dem fortwährenden Steigen der Bodenrenke, und mit Rücksicht darauf, daß bei manchen Domänen durch Ausführung von Meliorationen, für welche ein Betrag von 2S.V00 Thlr. jährlich in dem Etat ausgeworfen ist. der staufwerth noch erheblich gesteigert werden kann, das sin,anzielle Resultat her Domänenverkäufe als ein unbedingt vortheilhaftes nicht immer anzusehen sein mag, so ist doch die Veräußerung der Domänen in einzelnen Fällen nicht blos als eine Finanzquelle, sondern auch als eine ftaatS', und v olkswirthschaftliche Maßregel in Aussicht zu nehmen, Wenn zum Beispiel, wie dies in neuester Zeit mehrfach geschehen ist, ein Theil einer Domäne zur Abfindung von Forstservitutberechtigten ver¬ wendet, oder ein Vorwerk gegen Privqtgrundstücke vertauscht wird und letztere, WHil sie rqtionellerweise nur zur Holzzucht benutzt werden können, der Fyrst- perwaltung zur, Holzeultur überwiesen werden, so rechtfertigt sich dies unbedingt aus den in dem Hausgesetz von 1Y08 betonten „Grundsätzen einer vernünftigen HtaatSwirthschaft!« Aber, der Weich preußischer Domänen ruht nicht vorzugsweise in der Rente. Welche sie der Sta als einnäh me beisteuern, sondern in einer Einwirkung auf die Agricu.le.ur, welche auch von unsern Volkswirthen nicht immer richtig gewürdigt Wird.5 Die Domänen, helfen die Intelligenz gegen das Capital schützen. Denn sie geben einem gebildeten Landwirth, der mit nur mäßigem Capital ausgestattet ist, Gelegenheit, zu einer seinen Kräften entsprechenden Thätigkeit. Dies ist, für Preuße» um so wichtiger, weil hier Verpachtungen größerer Privatgüter im Ganzen selten sind, erst ip den letzten Jahrzehnten auf größeren Güter- complexen üblich wurden- Nirgend aber ist zur Zeit der Capitalbedarf bei einem Großbetrieb verhältnißmäßig so bedeutend als in der Landwirthschaft. Mhrend der Industrielle in jedem andern Gewerbszweige mit 40—S0.000 Thlr. eigenem Capital ein wohlfundirtes und ertragreiches Geschäft in Aussicht hat. Wird ein Guiskauf mit diesem Capital dem tüchtigen Landwirth nur in selte¬ nen Wien Gelegenheit zur bedeutenden Entwickelung seines Geschäfts ver¬ statten. Wie wichtig dieses Moment ist. lehrt jeder Rückblick auf die Geschichte der preußischen Landwirtschaft. Von den Domänen der Thaer. Koppe. Block und vieler andern datirt der hohe Aufschwung der norddeutschen Agriculturwirth- schaften: die Domänenpächter, die „Amtsrathe" der vorigen Jahrzehnte sind die Gründer der besten landwirthschaftlichen Schulen, unter ihrem Einfluß hat sich die groß« Zahl intelligenter, namentlich bürgerlicher Gutsbesitzer, gebildet, welche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/130>, abgerufen am 22.07.2024.