Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.rühr hatten jenenser Renommisten auf der naumburger Messe verschiedene Ruch¬ Was man sich gegen eine Fürstin erlaubte, gestattete man sich selbstver¬ Wie Heyder so betrübt sich auch Meyfart über den Unfleiß der alamo- Vorzüglich hat Meyfart über die Theologie Studirenden zu klagen, "sie Grenzboten II. 1866, 55
rühr hatten jenenser Renommisten auf der naumburger Messe verschiedene Ruch¬ Was man sich gegen eine Fürstin erlaubte, gestattete man sich selbstver¬ Wie Heyder so betrübt sich auch Meyfart über den Unfleiß der alamo- Vorzüglich hat Meyfart über die Theologie Studirenden zu klagen, „sie Grenzboten II. 1866, 55
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rühr hatten jenenser Renommisten auf der naumburger Messe verschiedene Ruch¬
losigkeiten und Frevel verübt. Einige z. B. hatten den Wagen einer durch¬
reisenden Fürstin angehalten, und einer von der Rolle hatte der Dame mit den
Worten: „Ich gebe einen Dreier und drehe einmal" den Hut auf dem Kopfe
wie einen Jahrmarkts-Drehvogel herumgedreht. Andre waren zu dem Pastor
gegangen und hatten unter dem Vorgeben, einer von ihnen sei gestorben, „eine
ordentliche Leiche" bestellt. Der Geistliche erschien, fromme Lieder erschallten,
ein stattliches Geleit folgte dem Sarge. Als man diesen aber auf dem Kirch¬
hofe öffnete, fand sich zu nicht geringem Entsetzen aller gottesfürchtiger und
ehrbar denkenden Seelen, daß ein Hering darin lag.
Was man sich gegen eine Fürstin erlaubte, gestattete man sich selbstver¬
ständlich noch leichter gegen Frauen geringeren Standes. Die Studenten Jenas
behandelten nach einer Verordnung aus der zweiten Hälfte des Jahrhunderts
dieselben nicht nur auf Markt und Gasse, sondern selbst in der Kirche, vorzüg¬
lich aber bei Hochzeiten „aufs Allerverächtlichste und Schimpflichste, beschämter
sie mit unzüchtigen Reden und leichtfertigen Geberden, hielten sie auf dem
Wege aus und schlugen ihnen beim Aus- und Eingehen Beine unter." Von
andern Hochschulen erfahren wir Aehnliches, und namentlich scheinen Wittenberg
und Leipzig in Betreff des Verhältnisses der Studirenden zum andern Ge¬
schlecht in üblem Rufe gestanden zu haben.
Wie Heyder so betrübt sich auch Meyfart über den Unfleiß der alamo-
dischen Studenten. „Sie verdreußt." sagt er, „Lectionen zu hören und zu
schreiben, sie verdreußt zu lesen, zu wiederholen und auswendig zu lernen.
Wenn sie unter ihren Zechbrüdern erfahren, etliche Disputanten hätten el» Kolle¬
gium angerichtet, laufen sie unsinnigerwcise hinzu, geben ihren Namen an und
bitten sehr dienstlich, der künftige Präses wolle sie freundlich annehmen. Gerede,
erhalten, man machet Gesetze und schreibt Artikel, die gedruckt werden. Zeit
und Ort zum Katzenkrieg werden bestimmt/' Aber wenn die Disputation dann
beginnt, zeigt sich, daß keiner was von der Dialektik und Disputirkunst ver¬
steht. Zwar „fragen sie ernstlich, bejahen trotziglich, leugnen grimmiglich. zürnen
hcftiglich. schreien, stürmen, wüthen", aber Sinn und Verstand, Kenntniß und
Geschick ist nicht dabei, „sie machen es. als ob der Eine einen Voet nettete,
der Andere das Sieb unterhielte." „Die übel geschriebenen und elendiglich ver¬
theidigten Theses schicken sie dann ihren Eltern und Patronen mit stolzen Dedi¬
kationen, die meistentheils erlogen sind, besonders am Ende, wo es heißt:
DöäicÄt resxoiräöns ^uetor."
Vorzüglich hat Meyfart über die Theologie Studirenden zu klagen, „sie
lesen nichts in der Kirchenhistorie, nichts in den ersten und reinen Vätern der
Kirche, sie liegen nicht über den Büchern der Propheten, Evangelisten und
Apostel, sondern über schnöden Unflathereien; sie fassen nichts Gründliches in
Grenzboten II. 1866, 55
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