Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Matronen und Jungfrauen spielen. In lateinischer Sprache schöne Exempel
der Tugend an Helden, Märtyrern und Bekennern vorzustellen, ist ihnen ba-
chantisch, bäurisch, pennalisch; Pennäle mögen Nhetorica und Oratoria treiben;
deutsche Komödien von Hurer und Buben, Rauben und Stehlen, Lügen und
Trügen, Fressen und Saufen, Fluchen und Lästern sind akademische Händel."

"Ein Schiffer singet von Winden, ein Ackermann von Pflugochsen, ein
Soldat von Wunden, ein Hirt von Schafen: die alamodischen Studenten
singen von Feldlagern, Scharmützeln und Schlachten, dahin sie niemals ge¬
schmecket, von Zoten und Possen, welche sie meisterlich gefasset" -- natürlich
aber und vor allem, setzen wir hinzu, vom Trinken. Man sang:

"Die Fürsten in der Schlacht
Sind meine Professores,
Allwo wir Tag und Nacht
Sein muntre Auditores.
Mars ist Magnificus,
Allwo sein Stab regieret,
Der Kron' und Scepter führet
Und alles schlichten muß.
Das Pulver ist mein' Tink'
Die Feder ist mein Degen.
Damit zieh ich geschwind
Dem stolzen Feind entgegen."*)

Man jubelte ferner in den damaligen Studentenkneipen:

Es war aber mit solchen kriegerischen Liedern nicht immer und wohl nur
in seltnen Fällen ernsthaft gemeint. Wenigstens ist Meyfart dieser Ansicht, und
ein ergötzliches Beispiel, von welchem er meldet, und welches wir ihm auch
deshalb nacherzählen, weil es zu den Anfängen der später mehr Sitte gewordenen
Studentenkränzchen und sonstiger Vereine dieser Art gehört, kann wenigstens
nicht als Beweis gebraucht werden, daß die Renommisten und Raufbolde der
damaligen akademischen Welt wirklich gern Karthaunen krachen gehört hätten.

"Es ist geschehen auf der Universität zu N.," so berichtet Meyfart, "da-
selbsten thaten sich zusammen etliche junge Lassen, die Schollen ihre Gesellschaft
die Cavaliere (das ist die Ritter) der Ehren. Das Haupt dieser Rotte hieß



") Vgl. Keil, Deutsche Studentenlieder des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts.
Lahr, Schauenburg. S. 131.

Matronen und Jungfrauen spielen. In lateinischer Sprache schöne Exempel
der Tugend an Helden, Märtyrern und Bekennern vorzustellen, ist ihnen ba-
chantisch, bäurisch, pennalisch; Pennäle mögen Nhetorica und Oratoria treiben;
deutsche Komödien von Hurer und Buben, Rauben und Stehlen, Lügen und
Trügen, Fressen und Saufen, Fluchen und Lästern sind akademische Händel."

„Ein Schiffer singet von Winden, ein Ackermann von Pflugochsen, ein
Soldat von Wunden, ein Hirt von Schafen: die alamodischen Studenten
singen von Feldlagern, Scharmützeln und Schlachten, dahin sie niemals ge¬
schmecket, von Zoten und Possen, welche sie meisterlich gefasset" — natürlich
aber und vor allem, setzen wir hinzu, vom Trinken. Man sang:

„Die Fürsten in der Schlacht
Sind meine Professores,
Allwo wir Tag und Nacht
Sein muntre Auditores.
Mars ist Magnificus,
Allwo sein Stab regieret,
Der Kron' und Scepter führet
Und alles schlichten muß.
Das Pulver ist mein' Tink'
Die Feder ist mein Degen.
Damit zieh ich geschwind
Dem stolzen Feind entgegen."*)

Man jubelte ferner in den damaligen Studentenkneipen:

Es war aber mit solchen kriegerischen Liedern nicht immer und wohl nur
in seltnen Fällen ernsthaft gemeint. Wenigstens ist Meyfart dieser Ansicht, und
ein ergötzliches Beispiel, von welchem er meldet, und welches wir ihm auch
deshalb nacherzählen, weil es zu den Anfängen der später mehr Sitte gewordenen
Studentenkränzchen und sonstiger Vereine dieser Art gehört, kann wenigstens
nicht als Beweis gebraucht werden, daß die Renommisten und Raufbolde der
damaligen akademischen Welt wirklich gern Karthaunen krachen gehört hätten.

„Es ist geschehen auf der Universität zu N.," so berichtet Meyfart, „da-
selbsten thaten sich zusammen etliche junge Lassen, die Schollen ihre Gesellschaft
die Cavaliere (das ist die Ritter) der Ehren. Das Haupt dieser Rotte hieß



") Vgl. Keil, Deutsche Studentenlieder des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts.
Lahr, Schauenburg. S. 131.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0456" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285484"/>
          <p xml:id="ID_1376" prev="#ID_1375"> Matronen und Jungfrauen spielen. In lateinischer Sprache schöne Exempel<lb/>
der Tugend an Helden, Märtyrern und Bekennern vorzustellen, ist ihnen ba-<lb/>
chantisch, bäurisch, pennalisch; Pennäle mögen Nhetorica und Oratoria treiben;<lb/>
deutsche Komödien von Hurer und Buben, Rauben und Stehlen, Lügen und<lb/>
Trügen, Fressen und Saufen, Fluchen und Lästern sind akademische Händel."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1377"> &#x201E;Ein Schiffer singet von Winden, ein Ackermann von Pflugochsen, ein<lb/>
Soldat von Wunden, ein Hirt von Schafen: die alamodischen Studenten<lb/>
singen von Feldlagern, Scharmützeln und Schlachten, dahin sie niemals ge¬<lb/>
schmecket, von Zoten und Possen, welche sie meisterlich gefasset" &#x2014; natürlich<lb/>
aber und vor allem, setzen wir hinzu, vom Trinken. Man sang:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_17" type="poem">
            <l> &#x201E;Die Fürsten in der Schlacht<lb/>
Sind meine Professores,<lb/>
Allwo wir Tag und Nacht<lb/>
Sein muntre Auditores.</l>
            <l> Mars ist Magnificus,<lb/>
Allwo sein Stab regieret,<lb/>
Der Kron' und Scepter führet<lb/>
Und alles schlichten muß.</l>
            <l> Das Pulver ist mein' Tink'<lb/>
Die Feder ist mein Degen.<lb/>
Damit zieh ich geschwind<lb/>
Dem stolzen Feind entgegen."*)</l>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_1378"> Man jubelte ferner in den damaligen Studentenkneipen:</p><lb/>
          <lg xml:id="POEMID_18" type="poem">
            <l/>
          </lg><lb/>
          <p xml:id="ID_1379"> Es war aber mit solchen kriegerischen Liedern nicht immer und wohl nur<lb/>
in seltnen Fällen ernsthaft gemeint. Wenigstens ist Meyfart dieser Ansicht, und<lb/>
ein ergötzliches Beispiel, von welchem er meldet, und welches wir ihm auch<lb/>
deshalb nacherzählen, weil es zu den Anfängen der später mehr Sitte gewordenen<lb/>
Studentenkränzchen und sonstiger Vereine dieser Art gehört, kann wenigstens<lb/>
nicht als Beweis gebraucht werden, daß die Renommisten und Raufbolde der<lb/>
damaligen akademischen Welt wirklich gern Karthaunen krachen gehört hätten.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1380" next="#ID_1381"> &#x201E;Es ist geschehen auf der Universität zu N.," so berichtet Meyfart, &#x201E;da-<lb/>
selbsten thaten sich zusammen etliche junge Lassen, die Schollen ihre Gesellschaft<lb/>
die Cavaliere (das ist die Ritter) der Ehren.  Das Haupt dieser Rotte hieß</p><lb/>
          <note xml:id="FID_48" place="foot"> ") Vgl. Keil, Deutsche Studentenlieder des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts.<lb/>
Lahr, Schauenburg. S. 131.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0456] Matronen und Jungfrauen spielen. In lateinischer Sprache schöne Exempel der Tugend an Helden, Märtyrern und Bekennern vorzustellen, ist ihnen ba- chantisch, bäurisch, pennalisch; Pennäle mögen Nhetorica und Oratoria treiben; deutsche Komödien von Hurer und Buben, Rauben und Stehlen, Lügen und Trügen, Fressen und Saufen, Fluchen und Lästern sind akademische Händel." „Ein Schiffer singet von Winden, ein Ackermann von Pflugochsen, ein Soldat von Wunden, ein Hirt von Schafen: die alamodischen Studenten singen von Feldlagern, Scharmützeln und Schlachten, dahin sie niemals ge¬ schmecket, von Zoten und Possen, welche sie meisterlich gefasset" — natürlich aber und vor allem, setzen wir hinzu, vom Trinken. Man sang: „Die Fürsten in der Schlacht Sind meine Professores, Allwo wir Tag und Nacht Sein muntre Auditores. Mars ist Magnificus, Allwo sein Stab regieret, Der Kron' und Scepter führet Und alles schlichten muß. Das Pulver ist mein' Tink' Die Feder ist mein Degen. Damit zieh ich geschwind Dem stolzen Feind entgegen."*) Man jubelte ferner in den damaligen Studentenkneipen: Es war aber mit solchen kriegerischen Liedern nicht immer und wohl nur in seltnen Fällen ernsthaft gemeint. Wenigstens ist Meyfart dieser Ansicht, und ein ergötzliches Beispiel, von welchem er meldet, und welches wir ihm auch deshalb nacherzählen, weil es zu den Anfängen der später mehr Sitte gewordenen Studentenkränzchen und sonstiger Vereine dieser Art gehört, kann wenigstens nicht als Beweis gebraucht werden, daß die Renommisten und Raufbolde der damaligen akademischen Welt wirklich gern Karthaunen krachen gehört hätten. „Es ist geschehen auf der Universität zu N.," so berichtet Meyfart, „da- selbsten thaten sich zusammen etliche junge Lassen, die Schollen ihre Gesellschaft die Cavaliere (das ist die Ritter) der Ehren. Das Haupt dieser Rotte hieß ") Vgl. Keil, Deutsche Studentenlieder des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts. Lahr, Schauenburg. S. 131.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/456
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/456>, abgerufen am 28.07.2024.