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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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liebe Sonne heiß durch das länglich zerschnittene Goller auf die Haut sticht",
muß man "zuschauen, wie man etwas nasses und Feuchtes in den Bauch be¬
kommt und die hitzige Flamme des beschwerlichen trocknen und dürren Bier¬
oder Weindurstes bei Zeiten ohne fernere Entzündung gedämpft und gelöscht
werde." Für "nicht gar gefährlich und schädlich" achtet es der Verfasser,
"wenn sich Herr Urban in den HundZtagen des Morgens früh an§ dem Nest
machte und nach Lesung von Herrn Habermanns Morgensegen ein Stündlein
oder zwei die Bücher vor die Hand nähme und also ein Weilchen studirte.
"Aber," so fährt er fort, "daß er solches nach Mittage thun sollte, da behüte
mich der liebe Gott, daß ich ihm solches suadiren und rathen sollte."

DaS war die einfache Nothdurft. "Hochdringende Nothdurft" dagegen
zum Zechen ist nach Paragraph 7 vorhanden, wenn neue Studenten auf der
Universität angekommen sind. "Denen pflegt man bei Zeiten, so lange die
Gelder noch frisch, blank und unverschimmelt, mit diesen und jenen Duzbrü¬
dern zuzusprechen und also einen Schmaus, Ledorurrr oder Irrtroitum bei ihnen
zu suchen. Da muß dann der, welcher kaum die Stube gemiethet, sein drei-
oder vierfaches purpurfarbnes Beutelein, so ihm Jungfer Elschen zu Hause zu
guter Letzt zum Jahrmarkt gekauft, hervorsuchen und, wofern nicht sein Kopf
wohl will abgestößelt und gedroschen werden, einen ausbündigen Schmaus
zum Besten geben, da dann das Rundinella wohl auf vierzig Chor ge>
sungen wird."

Paragraph 8 handelt von der Materia, die zum Zechen gehört, also Bier
und Wein, wobei es heißt, daß, wie es viele Köpfe und viele Sinne gäbe,
auch "viel und mancherlei Zeugen und ihrer nicht wenig gefunden würden, die
da wohl das liebe lautere Brunnenwasser, Milch, Molken und dergleichen dem
edelsten Wein vorziehen, welches mir," so fährt der Verfasser fort, "in meinem
Kopf gewaltig spanisch und lächerlich vorkommt. sintemalen mir das rostocker,
Hamburger, danziger Doppelbier, Preußing, braunschweigische Mumme, Knisenack,
hannoverischer Broihan, englisch Bier, zerbster oder calvinisch und torgauisch
Bier viel und vieltausendmal besser schmeckt, als etwa der wittenbergische Ku-
kuck, Büffel oder der leipziger gekräuterte bauchzerreißende Rastrum." "Achte
auch einen rheinischen Wein, Klingenberger, Muskateller, Rehs, Hambacher,
Malvasier, Peter Siams, Allekanten, Niesfelder, Nothalter und Bacharacher
viel edler, besser und werther, als etwa einen geringen fränkischen oder hessischen
Landwein."

Von Paragraph 9 an folgt nun das eigentliche Zechrecht. Es giebt, sagt
der Verfasser, Trunke, die man totales, und solche, die man xg-rtiales nennt.
Die totales sind solche, "wenn man zu ganzen (Bechern, Gläsern oder Kannen)
trinkt", und "das geschieht entweder continuo oder äiscontmue", "eorrtinue,
wenn mans auf einen Zug austrinkt, und dies wiederum wird entweder no-


liebe Sonne heiß durch das länglich zerschnittene Goller auf die Haut sticht",
muß man „zuschauen, wie man etwas nasses und Feuchtes in den Bauch be¬
kommt und die hitzige Flamme des beschwerlichen trocknen und dürren Bier¬
oder Weindurstes bei Zeiten ohne fernere Entzündung gedämpft und gelöscht
werde." Für „nicht gar gefährlich und schädlich" achtet es der Verfasser,
„wenn sich Herr Urban in den HundZtagen des Morgens früh an§ dem Nest
machte und nach Lesung von Herrn Habermanns Morgensegen ein Stündlein
oder zwei die Bücher vor die Hand nähme und also ein Weilchen studirte.
„Aber," so fährt er fort, „daß er solches nach Mittage thun sollte, da behüte
mich der liebe Gott, daß ich ihm solches suadiren und rathen sollte."

DaS war die einfache Nothdurft. „Hochdringende Nothdurft" dagegen
zum Zechen ist nach Paragraph 7 vorhanden, wenn neue Studenten auf der
Universität angekommen sind. „Denen pflegt man bei Zeiten, so lange die
Gelder noch frisch, blank und unverschimmelt, mit diesen und jenen Duzbrü¬
dern zuzusprechen und also einen Schmaus, Ledorurrr oder Irrtroitum bei ihnen
zu suchen. Da muß dann der, welcher kaum die Stube gemiethet, sein drei-
oder vierfaches purpurfarbnes Beutelein, so ihm Jungfer Elschen zu Hause zu
guter Letzt zum Jahrmarkt gekauft, hervorsuchen und, wofern nicht sein Kopf
wohl will abgestößelt und gedroschen werden, einen ausbündigen Schmaus
zum Besten geben, da dann das Rundinella wohl auf vierzig Chor ge>
sungen wird."

Paragraph 8 handelt von der Materia, die zum Zechen gehört, also Bier
und Wein, wobei es heißt, daß, wie es viele Köpfe und viele Sinne gäbe,
auch „viel und mancherlei Zeugen und ihrer nicht wenig gefunden würden, die
da wohl das liebe lautere Brunnenwasser, Milch, Molken und dergleichen dem
edelsten Wein vorziehen, welches mir," so fährt der Verfasser fort, „in meinem
Kopf gewaltig spanisch und lächerlich vorkommt. sintemalen mir das rostocker,
Hamburger, danziger Doppelbier, Preußing, braunschweigische Mumme, Knisenack,
hannoverischer Broihan, englisch Bier, zerbster oder calvinisch und torgauisch
Bier viel und vieltausendmal besser schmeckt, als etwa der wittenbergische Ku-
kuck, Büffel oder der leipziger gekräuterte bauchzerreißende Rastrum." „Achte
auch einen rheinischen Wein, Klingenberger, Muskateller, Rehs, Hambacher,
Malvasier, Peter Siams, Allekanten, Niesfelder, Nothalter und Bacharacher
viel edler, besser und werther, als etwa einen geringen fränkischen oder hessischen
Landwein."

Von Paragraph 9 an folgt nun das eigentliche Zechrecht. Es giebt, sagt
der Verfasser, Trunke, die man totales, und solche, die man xg-rtiales nennt.
Die totales sind solche, „wenn man zu ganzen (Bechern, Gläsern oder Kannen)
trinkt", und „das geschieht entweder continuo oder äiscontmue", „eorrtinue,
wenn mans auf einen Zug austrinkt, und dies wiederum wird entweder no-


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[0376] liebe Sonne heiß durch das länglich zerschnittene Goller auf die Haut sticht", muß man „zuschauen, wie man etwas nasses und Feuchtes in den Bauch be¬ kommt und die hitzige Flamme des beschwerlichen trocknen und dürren Bier¬ oder Weindurstes bei Zeiten ohne fernere Entzündung gedämpft und gelöscht werde." Für „nicht gar gefährlich und schädlich" achtet es der Verfasser, „wenn sich Herr Urban in den HundZtagen des Morgens früh an§ dem Nest machte und nach Lesung von Herrn Habermanns Morgensegen ein Stündlein oder zwei die Bücher vor die Hand nähme und also ein Weilchen studirte. „Aber," so fährt er fort, „daß er solches nach Mittage thun sollte, da behüte mich der liebe Gott, daß ich ihm solches suadiren und rathen sollte." DaS war die einfache Nothdurft. „Hochdringende Nothdurft" dagegen zum Zechen ist nach Paragraph 7 vorhanden, wenn neue Studenten auf der Universität angekommen sind. „Denen pflegt man bei Zeiten, so lange die Gelder noch frisch, blank und unverschimmelt, mit diesen und jenen Duzbrü¬ dern zuzusprechen und also einen Schmaus, Ledorurrr oder Irrtroitum bei ihnen zu suchen. Da muß dann der, welcher kaum die Stube gemiethet, sein drei- oder vierfaches purpurfarbnes Beutelein, so ihm Jungfer Elschen zu Hause zu guter Letzt zum Jahrmarkt gekauft, hervorsuchen und, wofern nicht sein Kopf wohl will abgestößelt und gedroschen werden, einen ausbündigen Schmaus zum Besten geben, da dann das Rundinella wohl auf vierzig Chor ge> sungen wird." Paragraph 8 handelt von der Materia, die zum Zechen gehört, also Bier und Wein, wobei es heißt, daß, wie es viele Köpfe und viele Sinne gäbe, auch „viel und mancherlei Zeugen und ihrer nicht wenig gefunden würden, die da wohl das liebe lautere Brunnenwasser, Milch, Molken und dergleichen dem edelsten Wein vorziehen, welches mir," so fährt der Verfasser fort, „in meinem Kopf gewaltig spanisch und lächerlich vorkommt. sintemalen mir das rostocker, Hamburger, danziger Doppelbier, Preußing, braunschweigische Mumme, Knisenack, hannoverischer Broihan, englisch Bier, zerbster oder calvinisch und torgauisch Bier viel und vieltausendmal besser schmeckt, als etwa der wittenbergische Ku- kuck, Büffel oder der leipziger gekräuterte bauchzerreißende Rastrum." „Achte auch einen rheinischen Wein, Klingenberger, Muskateller, Rehs, Hambacher, Malvasier, Peter Siams, Allekanten, Niesfelder, Nothalter und Bacharacher viel edler, besser und werther, als etwa einen geringen fränkischen oder hessischen Landwein." Von Paragraph 9 an folgt nun das eigentliche Zechrecht. Es giebt, sagt der Verfasser, Trunke, die man totales, und solche, die man xg-rtiales nennt. Die totales sind solche, „wenn man zu ganzen (Bechern, Gläsern oder Kannen) trinkt", und „das geschieht entweder continuo oder äiscontmue", „eorrtinue, wenn mans auf einen Zug austrinkt, und dies wiederum wird entweder no-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/376>, abgerufen am 28.07.2024.