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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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zu büßen, wer dabei Gewaltthat sich zu Schulden kommen läßt, wird infam
relegirt. Auf Unzucht folgt öffentliche Rüge, beim zweiten Mal Ausschluß von
der Universität. Ferner sind Schmähschriften verboten, ja der Student darf
nichts ohne vorhergängige Censur des Rectors und der vier Dekane in Druck
geben. Verbalinjurien unter Studirenden werden mit Is, den Degen gegen
einen Andern zu ziehen, wird mit 22 Kreuzern, Zufügung einer leichten Wunde
mit 1 Gulden gestraft, schwere Verwundungen sollen beliebig geahndet werden.
Jeder Student muß bei Strafe einen Privatlehrer annehmen.

Die Ordination von 1526 fügt Weiteres hinzu, indem sie dem Rector
aufgiebt, darnach zu sehen, daß seine Scholaren nicht in Gang und Haltung
"ut Kaeterms" den Landsknechten ähneln, keine kurzen Röcklein, Wappenröcke
oder Kappen tragen, sondern "Kleider, welche der studirenden Ehrbarkeit bequem,
und die Waden erlangen". Namentlich aber sollen alle Magister, solche, welche
Armenstipendien genießen, alle Theologen und Philosophen immer "mit an¬
gethanen Aermeln auf der Gasse gehen, nur die Schüler der Rechte, besonders
die adeligen, und die Schüler der Arzenei mögen ihre Aermel anthun oder
nicht. Keiner soll einen Hut oder zerschnittene oder getheilte Hosen tragen, nur
am Knie darf geschickteren Ganges halber eine Oeffnung sein. Jedoch sind
hiervon ausgenommen Freiherrn, Grafen und Fürsten, welche sich ihrer Würden
nach der Hauptgezier. der Bekleidung aber des Herkommens bedienen mögen".
Wer einen Monat nach seiner Ankunft in der Stadt keine Vorlesungen besucht
(es gab damals hier wie an andern hohen Schulen viele, die nur der Privilegien,
nicht der Wissenschaft halber kamen) ist dadurch von der akademischen Gemeinde
ausgeschlossen.

Aehnliche Vorschriften und Verbote finden sich unter den Statuten, welche
in dieser Zeit in Leipzig erlassen wurden. Wer 1617 nicht in der Burse
oder sonst einem Contubernium wohnt, muß einen Präceptor haben, was 1643
dahin eingeschränkt wird, daß es nur noch von denen, welche die Grade er¬
langen wollen, gilt und daß der Rector davon dispensiren kann. Ferner soll
sich kein Student beikommen lassen. Waffen zu tragen. Von denen die betreffende
Verordnung Bogen, Schwert. Lanze, Bombarde, Wurfkreuz (eruess) und Blei¬
kugeln (pluinwtae) nennt, des Nachts herumzuschweifen und zu lärmen, die
Bürger zu beleidigen und zu mißhandeln, was namentlich dann streng bestraft
Werden soll, wenn es "in looo illtami" geschieht. Die hiermit bezeichneten
Hauser scheinen in dieser Periode zu Leipzig ganz besonders florirt zu haben
und von den Studirenden häusig besucht worden zu sein. "Niemand unter den
Unsrigen," sagt ein Erlaß der Universität, "soll an einem berüchtigten Ort
^'kehren oder wohnen oder andern daselbst eine Hurenwirthschaft oder gleich¬
em eine MeiMM turpiwÄims eröffnen oder zu Liederlichkeit und Lüsten Ge¬
legenheit und Fülle bieten; niemand in Schenken, Weinkellern oder Bordellen


zu büßen, wer dabei Gewaltthat sich zu Schulden kommen läßt, wird infam
relegirt. Auf Unzucht folgt öffentliche Rüge, beim zweiten Mal Ausschluß von
der Universität. Ferner sind Schmähschriften verboten, ja der Student darf
nichts ohne vorhergängige Censur des Rectors und der vier Dekane in Druck
geben. Verbalinjurien unter Studirenden werden mit Is, den Degen gegen
einen Andern zu ziehen, wird mit 22 Kreuzern, Zufügung einer leichten Wunde
mit 1 Gulden gestraft, schwere Verwundungen sollen beliebig geahndet werden.
Jeder Student muß bei Strafe einen Privatlehrer annehmen.

Die Ordination von 1526 fügt Weiteres hinzu, indem sie dem Rector
aufgiebt, darnach zu sehen, daß seine Scholaren nicht in Gang und Haltung
„ut Kaeterms" den Landsknechten ähneln, keine kurzen Röcklein, Wappenröcke
oder Kappen tragen, sondern „Kleider, welche der studirenden Ehrbarkeit bequem,
und die Waden erlangen". Namentlich aber sollen alle Magister, solche, welche
Armenstipendien genießen, alle Theologen und Philosophen immer „mit an¬
gethanen Aermeln auf der Gasse gehen, nur die Schüler der Rechte, besonders
die adeligen, und die Schüler der Arzenei mögen ihre Aermel anthun oder
nicht. Keiner soll einen Hut oder zerschnittene oder getheilte Hosen tragen, nur
am Knie darf geschickteren Ganges halber eine Oeffnung sein. Jedoch sind
hiervon ausgenommen Freiherrn, Grafen und Fürsten, welche sich ihrer Würden
nach der Hauptgezier. der Bekleidung aber des Herkommens bedienen mögen".
Wer einen Monat nach seiner Ankunft in der Stadt keine Vorlesungen besucht
(es gab damals hier wie an andern hohen Schulen viele, die nur der Privilegien,
nicht der Wissenschaft halber kamen) ist dadurch von der akademischen Gemeinde
ausgeschlossen.

Aehnliche Vorschriften und Verbote finden sich unter den Statuten, welche
in dieser Zeit in Leipzig erlassen wurden. Wer 1617 nicht in der Burse
oder sonst einem Contubernium wohnt, muß einen Präceptor haben, was 1643
dahin eingeschränkt wird, daß es nur noch von denen, welche die Grade er¬
langen wollen, gilt und daß der Rector davon dispensiren kann. Ferner soll
sich kein Student beikommen lassen. Waffen zu tragen. Von denen die betreffende
Verordnung Bogen, Schwert. Lanze, Bombarde, Wurfkreuz (eruess) und Blei¬
kugeln (pluinwtae) nennt, des Nachts herumzuschweifen und zu lärmen, die
Bürger zu beleidigen und zu mißhandeln, was namentlich dann streng bestraft
Werden soll, wenn es „in looo illtami" geschieht. Die hiermit bezeichneten
Hauser scheinen in dieser Periode zu Leipzig ganz besonders florirt zu haben
und von den Studirenden häusig besucht worden zu sein. „Niemand unter den
Unsrigen," sagt ein Erlaß der Universität, „soll an einem berüchtigten Ort
^'kehren oder wohnen oder andern daselbst eine Hurenwirthschaft oder gleich¬
em eine MeiMM turpiwÄims eröffnen oder zu Liederlichkeit und Lüsten Ge¬
legenheit und Fülle bieten; niemand in Schenken, Weinkellern oder Bordellen


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[0325] zu büßen, wer dabei Gewaltthat sich zu Schulden kommen läßt, wird infam relegirt. Auf Unzucht folgt öffentliche Rüge, beim zweiten Mal Ausschluß von der Universität. Ferner sind Schmähschriften verboten, ja der Student darf nichts ohne vorhergängige Censur des Rectors und der vier Dekane in Druck geben. Verbalinjurien unter Studirenden werden mit Is, den Degen gegen einen Andern zu ziehen, wird mit 22 Kreuzern, Zufügung einer leichten Wunde mit 1 Gulden gestraft, schwere Verwundungen sollen beliebig geahndet werden. Jeder Student muß bei Strafe einen Privatlehrer annehmen. Die Ordination von 1526 fügt Weiteres hinzu, indem sie dem Rector aufgiebt, darnach zu sehen, daß seine Scholaren nicht in Gang und Haltung „ut Kaeterms" den Landsknechten ähneln, keine kurzen Röcklein, Wappenröcke oder Kappen tragen, sondern „Kleider, welche der studirenden Ehrbarkeit bequem, und die Waden erlangen". Namentlich aber sollen alle Magister, solche, welche Armenstipendien genießen, alle Theologen und Philosophen immer „mit an¬ gethanen Aermeln auf der Gasse gehen, nur die Schüler der Rechte, besonders die adeligen, und die Schüler der Arzenei mögen ihre Aermel anthun oder nicht. Keiner soll einen Hut oder zerschnittene oder getheilte Hosen tragen, nur am Knie darf geschickteren Ganges halber eine Oeffnung sein. Jedoch sind hiervon ausgenommen Freiherrn, Grafen und Fürsten, welche sich ihrer Würden nach der Hauptgezier. der Bekleidung aber des Herkommens bedienen mögen". Wer einen Monat nach seiner Ankunft in der Stadt keine Vorlesungen besucht (es gab damals hier wie an andern hohen Schulen viele, die nur der Privilegien, nicht der Wissenschaft halber kamen) ist dadurch von der akademischen Gemeinde ausgeschlossen. Aehnliche Vorschriften und Verbote finden sich unter den Statuten, welche in dieser Zeit in Leipzig erlassen wurden. Wer 1617 nicht in der Burse oder sonst einem Contubernium wohnt, muß einen Präceptor haben, was 1643 dahin eingeschränkt wird, daß es nur noch von denen, welche die Grade er¬ langen wollen, gilt und daß der Rector davon dispensiren kann. Ferner soll sich kein Student beikommen lassen. Waffen zu tragen. Von denen die betreffende Verordnung Bogen, Schwert. Lanze, Bombarde, Wurfkreuz (eruess) und Blei¬ kugeln (pluinwtae) nennt, des Nachts herumzuschweifen und zu lärmen, die Bürger zu beleidigen und zu mißhandeln, was namentlich dann streng bestraft Werden soll, wenn es „in looo illtami" geschieht. Die hiermit bezeichneten Hauser scheinen in dieser Periode zu Leipzig ganz besonders florirt zu haben und von den Studirenden häusig besucht worden zu sein. „Niemand unter den Unsrigen," sagt ein Erlaß der Universität, „soll an einem berüchtigten Ort ^'kehren oder wohnen oder andern daselbst eine Hurenwirthschaft oder gleich¬ em eine MeiMM turpiwÄims eröffnen oder zu Liederlichkeit und Lüsten Ge¬ legenheit und Fülle bieten; niemand in Schenken, Weinkellern oder Bordellen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/325>, abgerufen am 28.07.2024.