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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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In Kriegszeiten würde das italienische Heer nach seiner bisherigen Ein-
theilung aus sieben Armeecorps oder zwanzig Divisionen und einer besonderen
Cavalleriedivision bestehen, welche letztere aus vier schweren Regimentern zu¬
sammengesetzt sein würde. Die Armeedivision würde 2 Jnfanteriebrigaden,
1 Jägerbataillon, 1 Division Cavallerie, 2 Batterien Artillerie mit einem
Divistonspark, 1 Compagnie Genietruppen, 1 Division Fuhrwesen, 1 Zug
Gulden und 1 Abtheilung Administrationstruppen und im Ganzen zwischen 35
und 40,000 Mann zählen. Eine Brigade besteht aus zwei Infanterieregimentern,
die nach der Reihenfolge ihrer Nummern zusammenfallen und einen gemeinsamen
Namen führen. So heißt die durch das erste und zweite Regiment formirte
Brigade Lrigata, äeI Rh, das dritte und vierte Regiment LriZats. al kiewontö,
das fünfte und sechste Lrixats. ä'^vstg,, das siebente und achte Lrixats, al Lurreo
u. s. w. Es giebt 80 Infanterieregimenten Die acht ersten sind Grenadier¬
regimenter. Jedes Regiment zerfällt in vier Bataillone, jedes Bataillon in
vier Compagnien, wozu noch bei jedem Regiment eine oder zwei Depotcompagnien
kommen. In Friedenszeiten ist das Regiment 1691, auf dem Kriegsfuß 3071
Mann stark.

Die Infanterie kann im Allgemeinen gut genannt werden, namentlich ist
sie durch die Einrichtung militärischer Lager, von denen später zu reden sein
wird, und durch den kleinen Krieg mit den Brigantcn im Neapolitanischen,
welcher bis auf die neuste Zeit sehr große Truppenmassen in Anspruch nahm,
genügend abgehärtet. Ihre Geschicklichkeit in Ausführung der Bewegungen so¬
wie ihre technische Ausbildung befriedigt, obwohl die Bewegungen nicht grade
mit besonderer Präcision vollzogen werden. Die Exercir- und Manövrirreglements,
großentheils französischen Ursprungs, sind etwas schwerfällig. Auffallend und
durchaus unpraktisch ist der Gebrauch, die Commandoworte der Chefs von den
untern Chargen wiederholen zu lassen, wobei ein "Halt!" oder "Vorwärts,
marsch!" des Bataillonsführers zuerst von den vier Hauptleuten, dann von
zwölf Lieutenants der Truppe, also nicht weniger als sechzehn Mal nach¬
gesprochen wird. Ein ähnlicher Zopf sind die sogenannten Gulden, die bei
Richtungen mit hochgehaltenen Gewehren vor die Front springen, damit die
Truppe nach ihnen geordnet werde. Indeß sind diese Mängel von den Fach¬
blättern bereits als Mißbrauch aufgedeckt, und man arbeitet an neuen Reglements.
Mit dem Schießen der Linieninfanterie ist es nicht gut bestellt, schon weil die¬
selbe noch mit alten langläufigen Gewehren bewaffnet ist.

Eine ausgezeichnete Truppe sind die Jäger oder Bersagiieri, namentlich
manövriren sie, meist im Lausschntt, ganz vortrefflich. Ihre Bekleidung ist nicht
nur zweckmäßig, sondern auch malerisch, ihre Bewaffnung konnte noch besser sein,
und ihr Feuer ist nicht so sicher als das der mit Stutzen versehenen östreichischen
Jäger. Ueberdies ist zu bemerken, daß die Erhaltung dieses Elitecorps, da für


In Kriegszeiten würde das italienische Heer nach seiner bisherigen Ein-
theilung aus sieben Armeecorps oder zwanzig Divisionen und einer besonderen
Cavalleriedivision bestehen, welche letztere aus vier schweren Regimentern zu¬
sammengesetzt sein würde. Die Armeedivision würde 2 Jnfanteriebrigaden,
1 Jägerbataillon, 1 Division Cavallerie, 2 Batterien Artillerie mit einem
Divistonspark, 1 Compagnie Genietruppen, 1 Division Fuhrwesen, 1 Zug
Gulden und 1 Abtheilung Administrationstruppen und im Ganzen zwischen 35
und 40,000 Mann zählen. Eine Brigade besteht aus zwei Infanterieregimentern,
die nach der Reihenfolge ihrer Nummern zusammenfallen und einen gemeinsamen
Namen führen. So heißt die durch das erste und zweite Regiment formirte
Brigade Lrigata, äeI Rh, das dritte und vierte Regiment LriZats. al kiewontö,
das fünfte und sechste Lrixats. ä'^vstg,, das siebente und achte Lrixats, al Lurreo
u. s. w. Es giebt 80 Infanterieregimenten Die acht ersten sind Grenadier¬
regimenter. Jedes Regiment zerfällt in vier Bataillone, jedes Bataillon in
vier Compagnien, wozu noch bei jedem Regiment eine oder zwei Depotcompagnien
kommen. In Friedenszeiten ist das Regiment 1691, auf dem Kriegsfuß 3071
Mann stark.

Die Infanterie kann im Allgemeinen gut genannt werden, namentlich ist
sie durch die Einrichtung militärischer Lager, von denen später zu reden sein
wird, und durch den kleinen Krieg mit den Brigantcn im Neapolitanischen,
welcher bis auf die neuste Zeit sehr große Truppenmassen in Anspruch nahm,
genügend abgehärtet. Ihre Geschicklichkeit in Ausführung der Bewegungen so¬
wie ihre technische Ausbildung befriedigt, obwohl die Bewegungen nicht grade
mit besonderer Präcision vollzogen werden. Die Exercir- und Manövrirreglements,
großentheils französischen Ursprungs, sind etwas schwerfällig. Auffallend und
durchaus unpraktisch ist der Gebrauch, die Commandoworte der Chefs von den
untern Chargen wiederholen zu lassen, wobei ein „Halt!" oder „Vorwärts,
marsch!" des Bataillonsführers zuerst von den vier Hauptleuten, dann von
zwölf Lieutenants der Truppe, also nicht weniger als sechzehn Mal nach¬
gesprochen wird. Ein ähnlicher Zopf sind die sogenannten Gulden, die bei
Richtungen mit hochgehaltenen Gewehren vor die Front springen, damit die
Truppe nach ihnen geordnet werde. Indeß sind diese Mängel von den Fach¬
blättern bereits als Mißbrauch aufgedeckt, und man arbeitet an neuen Reglements.
Mit dem Schießen der Linieninfanterie ist es nicht gut bestellt, schon weil die¬
selbe noch mit alten langläufigen Gewehren bewaffnet ist.

Eine ausgezeichnete Truppe sind die Jäger oder Bersagiieri, namentlich
manövriren sie, meist im Lausschntt, ganz vortrefflich. Ihre Bekleidung ist nicht
nur zweckmäßig, sondern auch malerisch, ihre Bewaffnung konnte noch besser sein,
und ihr Feuer ist nicht so sicher als das der mit Stutzen versehenen östreichischen
Jäger. Ueberdies ist zu bemerken, daß die Erhaltung dieses Elitecorps, da für


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[0278] In Kriegszeiten würde das italienische Heer nach seiner bisherigen Ein- theilung aus sieben Armeecorps oder zwanzig Divisionen und einer besonderen Cavalleriedivision bestehen, welche letztere aus vier schweren Regimentern zu¬ sammengesetzt sein würde. Die Armeedivision würde 2 Jnfanteriebrigaden, 1 Jägerbataillon, 1 Division Cavallerie, 2 Batterien Artillerie mit einem Divistonspark, 1 Compagnie Genietruppen, 1 Division Fuhrwesen, 1 Zug Gulden und 1 Abtheilung Administrationstruppen und im Ganzen zwischen 35 und 40,000 Mann zählen. Eine Brigade besteht aus zwei Infanterieregimentern, die nach der Reihenfolge ihrer Nummern zusammenfallen und einen gemeinsamen Namen führen. So heißt die durch das erste und zweite Regiment formirte Brigade Lrigata, äeI Rh, das dritte und vierte Regiment LriZats. al kiewontö, das fünfte und sechste Lrixats. ä'^vstg,, das siebente und achte Lrixats, al Lurreo u. s. w. Es giebt 80 Infanterieregimenten Die acht ersten sind Grenadier¬ regimenter. Jedes Regiment zerfällt in vier Bataillone, jedes Bataillon in vier Compagnien, wozu noch bei jedem Regiment eine oder zwei Depotcompagnien kommen. In Friedenszeiten ist das Regiment 1691, auf dem Kriegsfuß 3071 Mann stark. Die Infanterie kann im Allgemeinen gut genannt werden, namentlich ist sie durch die Einrichtung militärischer Lager, von denen später zu reden sein wird, und durch den kleinen Krieg mit den Brigantcn im Neapolitanischen, welcher bis auf die neuste Zeit sehr große Truppenmassen in Anspruch nahm, genügend abgehärtet. Ihre Geschicklichkeit in Ausführung der Bewegungen so¬ wie ihre technische Ausbildung befriedigt, obwohl die Bewegungen nicht grade mit besonderer Präcision vollzogen werden. Die Exercir- und Manövrirreglements, großentheils französischen Ursprungs, sind etwas schwerfällig. Auffallend und durchaus unpraktisch ist der Gebrauch, die Commandoworte der Chefs von den untern Chargen wiederholen zu lassen, wobei ein „Halt!" oder „Vorwärts, marsch!" des Bataillonsführers zuerst von den vier Hauptleuten, dann von zwölf Lieutenants der Truppe, also nicht weniger als sechzehn Mal nach¬ gesprochen wird. Ein ähnlicher Zopf sind die sogenannten Gulden, die bei Richtungen mit hochgehaltenen Gewehren vor die Front springen, damit die Truppe nach ihnen geordnet werde. Indeß sind diese Mängel von den Fach¬ blättern bereits als Mißbrauch aufgedeckt, und man arbeitet an neuen Reglements. Mit dem Schießen der Linieninfanterie ist es nicht gut bestellt, schon weil die¬ selbe noch mit alten langläufigen Gewehren bewaffnet ist. Eine ausgezeichnete Truppe sind die Jäger oder Bersagiieri, namentlich manövriren sie, meist im Lausschntt, ganz vortrefflich. Ihre Bekleidung ist nicht nur zweckmäßig, sondern auch malerisch, ihre Bewaffnung konnte noch besser sein, und ihr Feuer ist nicht so sicher als das der mit Stutzen versehenen östreichischen Jäger. Ueberdies ist zu bemerken, daß die Erhaltung dieses Elitecorps, da für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/278>, abgerufen am 28.07.2024.