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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Schon im vierzehnten Säculum erschallte in den Klöstern und wahrscheinlich
auch in den Bursen und Weinkellern der Universitäten das "Niki est xroxo-
situm, in taberirg, mori." Lange vor Fischart haben die deutschen Studiosen
das Lied vom Muskateller im hölzernen Röcklein gesungen. Vielleicht ebenso
alt, wenigstens nicht sehr viel jünger, ist der Rundgesang: "Ich nehm mein
Gläslein in die Hand," welcher in alten Liederbüchern in verschiedenen Versionen
vorkommt, von denen eine hier folgen mag:

Frisch auf, gut Gesell, laß runmer gan!
Tunnel dich. guts Weinlein!
Das Gläslein sol nicht stille star;
Tunnel dich, tummel dich, guts Weinlein!
Er setzt das Gläslein an sein Mund,
Tunnel dich, guts Weinlcin!
Er trunks heraus bis auf den Grund
Tunnel dich, tummel dich, guts Weinlein!
Er hat sein Sachen recht getan,
Tunnel dich, gut" Weinlein!
Das Gläslein sol herunmer gan/)
Tunnel dich, tummcl dich, gUtS Weinlein!

Ebenfalls sehr alt ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Saufmesse, die ver¬
muthlich aus einem Kloster stammt und ursprünglich wohl lateinisch gesungen
wurde. Daneben hatte man andere lustige Schlemmerlieder, die zum Theil
ebenfalls lateinisch, zum Theil abwechselnd lateinisch und deutsch, zum Theil
nur deutsch sprachen. Liebeslieder, die Mitunter sehr zart, häufiger aber grob
und unsauber waren, endlich ein Loblied auf den Orden der Vursenknechte.
welches**) schon 1454 niedergeschrieben wurde und als sehr charakteristisch für
das damalige frischer und freier werdende Studentenleben hier folgen mag:

Ich waiß ein frisch Geschlechte,
Das sind die Bursentnechte,
Ihr Orden stet also:
Si leben ane Sorge
Den Abend und den Morgen,
Si sind gar stattlich fro.
Du freies Bursenlcben!
Ich lob dich für den Gral,
Got hat dir Macht gegeben
Trauren zu widerstreben.
Frisch Wesen überall.



') In einer andern Berston heißt es hier: DaS Anderst da" sol oben star.
"
) "gi. Uhland. Alte hoch, und niederdeutsche Volkslieder, 1. Bd. 2. Abth. S. 1028.

Schon im vierzehnten Säculum erschallte in den Klöstern und wahrscheinlich
auch in den Bursen und Weinkellern der Universitäten das „Niki est xroxo-
situm, in taberirg, mori." Lange vor Fischart haben die deutschen Studiosen
das Lied vom Muskateller im hölzernen Röcklein gesungen. Vielleicht ebenso
alt, wenigstens nicht sehr viel jünger, ist der Rundgesang: „Ich nehm mein
Gläslein in die Hand," welcher in alten Liederbüchern in verschiedenen Versionen
vorkommt, von denen eine hier folgen mag:

Frisch auf, gut Gesell, laß runmer gan!
Tunnel dich. guts Weinlein!
Das Gläslein sol nicht stille star;
Tunnel dich, tummel dich, guts Weinlein!
Er setzt das Gläslein an sein Mund,
Tunnel dich, guts Weinlcin!
Er trunks heraus bis auf den Grund
Tunnel dich, tummel dich, guts Weinlein!
Er hat sein Sachen recht getan,
Tunnel dich, gut« Weinlein!
Das Gläslein sol herunmer gan/)
Tunnel dich, tummcl dich, gUtS Weinlein!

Ebenfalls sehr alt ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Saufmesse, die ver¬
muthlich aus einem Kloster stammt und ursprünglich wohl lateinisch gesungen
wurde. Daneben hatte man andere lustige Schlemmerlieder, die zum Theil
ebenfalls lateinisch, zum Theil abwechselnd lateinisch und deutsch, zum Theil
nur deutsch sprachen. Liebeslieder, die Mitunter sehr zart, häufiger aber grob
und unsauber waren, endlich ein Loblied auf den Orden der Vursenknechte.
welches**) schon 1454 niedergeschrieben wurde und als sehr charakteristisch für
das damalige frischer und freier werdende Studentenleben hier folgen mag:

Ich waiß ein frisch Geschlechte,
Das sind die Bursentnechte,
Ihr Orden stet also:
Si leben ane Sorge
Den Abend und den Morgen,
Si sind gar stattlich fro.
Du freies Bursenlcben!
Ich lob dich für den Gral,
Got hat dir Macht gegeben
Trauren zu widerstreben.
Frisch Wesen überall.



') In einer andern Berston heißt es hier: DaS Anderst da« sol oben star.
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) «gi. Uhland. Alte hoch, und niederdeutsche Volkslieder, 1. Bd. 2. Abth. S. 1028.
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[0235] Schon im vierzehnten Säculum erschallte in den Klöstern und wahrscheinlich auch in den Bursen und Weinkellern der Universitäten das „Niki est xroxo- situm, in taberirg, mori." Lange vor Fischart haben die deutschen Studiosen das Lied vom Muskateller im hölzernen Röcklein gesungen. Vielleicht ebenso alt, wenigstens nicht sehr viel jünger, ist der Rundgesang: „Ich nehm mein Gläslein in die Hand," welcher in alten Liederbüchern in verschiedenen Versionen vorkommt, von denen eine hier folgen mag: Frisch auf, gut Gesell, laß runmer gan! Tunnel dich. guts Weinlein! Das Gläslein sol nicht stille star; Tunnel dich, tummel dich, guts Weinlein! Er setzt das Gläslein an sein Mund, Tunnel dich, guts Weinlcin! Er trunks heraus bis auf den Grund Tunnel dich, tummel dich, guts Weinlein! Er hat sein Sachen recht getan, Tunnel dich, gut« Weinlein! Das Gläslein sol herunmer gan/) Tunnel dich, tummcl dich, gUtS Weinlein! Ebenfalls sehr alt ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Saufmesse, die ver¬ muthlich aus einem Kloster stammt und ursprünglich wohl lateinisch gesungen wurde. Daneben hatte man andere lustige Schlemmerlieder, die zum Theil ebenfalls lateinisch, zum Theil abwechselnd lateinisch und deutsch, zum Theil nur deutsch sprachen. Liebeslieder, die Mitunter sehr zart, häufiger aber grob und unsauber waren, endlich ein Loblied auf den Orden der Vursenknechte. welches**) schon 1454 niedergeschrieben wurde und als sehr charakteristisch für das damalige frischer und freier werdende Studentenleben hier folgen mag: Ich waiß ein frisch Geschlechte, Das sind die Bursentnechte, Ihr Orden stet also: Si leben ane Sorge Den Abend und den Morgen, Si sind gar stattlich fro. Du freies Bursenlcben! Ich lob dich für den Gral, Got hat dir Macht gegeben Trauren zu widerstreben. Frisch Wesen überall. ') In einer andern Berston heißt es hier: DaS Anderst da« sol oben star. " ) «gi. Uhland. Alte hoch, und niederdeutsche Volkslieder, 1. Bd. 2. Abth. S. 1028.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/235>, abgerufen am 01.09.2024.