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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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für eine Antwort! du redest nicht einmal, du lallst, nicht Latein, sondern Pferde¬
latein gröhlst du. -- Aber nur sehr geängstigt, und heftig aufgeregt brachte er
selbst das heraus.


Cam.

Was sollen wir nun mit ihm anfangen?

Bart. Einfältige Frage! Vielerlei ist nöthig; denn ich merke wohl, er
flog uns in der Meinung zu, hier von jener Ungestalt befreit und dann in die
löbliche Zunft der Studenten aufgenommen zu werden. Ich glaube, das Erste
wird sein, daß wir einen Arzt holen. -- Ha, was sagte ich da! Da bist du ja,
mein Camillus, in der Medicin so berühmt und hochgelahrt; du weißt ja vor¬
trefflich, wie man Bachanten und Verrückten die Hörner stutzt und ihnen später
die Zähne ausreißt. Die Ohren kippen wir ihm wie üblich mit Messern, dann
vertreiben wir ihm die Hitze der Auge". Und sieh, jene Haare, die aus der
Nase hervorstehen, die mach' ihm vor allem weg. Aber Mühe wirds kosten,
ihm den langen fürchterlichen Bart zu scheeren; wenn du daher eine recht scharfe
Pflugschaar hast, aus eichenen Holze gemacht, so wirst du ihn sauber heraus¬
putzen. Dann bekenne er seine Verbrechen. Endlich werde er von den ver-
ehrungswürdigen Magistern von seinem Gestank befreit und unsrer Gemeinschaft
einverleibt.

R Cam. echt gesprochen. Aber du weißt doch, daß ich ein so segensreiches
Geschäft nicht ohne große Mühe und Gefahr vollbringen kann. Mein Johannes,
verzieh ein wenig, ich werde gleich mit den Instrumenten wieder kommen und
dich von diesem Greuel befreien. Bartold. du lässest inzwischen nicht nach, ihm
Muth einzusprechen; denn schon mache ich mich auf den Weg, und gleich werde
ich wieder hier sein. (Er geht ab.)

S Bart. oll gern geschehen. Johannes, freue dich und sei guter Dinge.
Schon nähert sich die glückselige Stunde, wo du von allen Gebrechen sowohl
des Leibes als der Seele gereinigt und aller Rechte unsrer Universität theil¬
haftig werden wirst, und laß diess nicht langweilen, daß dein Arzt nicht zu¬
gegen ist, er wird gewiß gleich wiederkommen. Ich meine, er ist nach der
Apotheke gegangen, um dort Pillen aus Nicßwurz und Album granum zu
kaufen, damit sie, wenn dich während der Kur eine Schwachheit befallen sollte,
dir als Stärkungsmittel dienen. (Camillus "ritt wieder ein.) Sieh, da ist er schon
wieder, unser Camillus. Ich bitte dich, mein Camillus, wie raschen Fußes bist
du wieder da! Warst du in der Apotheke?


Cam.

So ist es.


Bart.

Was hast du Gutes besorgt?

Cam. Ich prciparirte eine Salbe, um unserm Kranken, wenn er die
Kraft der Medicin etwa nicht ertragen könnte, Nase und Mund damit zu be-
streichen.


Bart.

Bitte, was ist das für eine Salbe?


für eine Antwort! du redest nicht einmal, du lallst, nicht Latein, sondern Pferde¬
latein gröhlst du. — Aber nur sehr geängstigt, und heftig aufgeregt brachte er
selbst das heraus.


Cam.

Was sollen wir nun mit ihm anfangen?

Bart. Einfältige Frage! Vielerlei ist nöthig; denn ich merke wohl, er
flog uns in der Meinung zu, hier von jener Ungestalt befreit und dann in die
löbliche Zunft der Studenten aufgenommen zu werden. Ich glaube, das Erste
wird sein, daß wir einen Arzt holen. — Ha, was sagte ich da! Da bist du ja,
mein Camillus, in der Medicin so berühmt und hochgelahrt; du weißt ja vor¬
trefflich, wie man Bachanten und Verrückten die Hörner stutzt und ihnen später
die Zähne ausreißt. Die Ohren kippen wir ihm wie üblich mit Messern, dann
vertreiben wir ihm die Hitze der Auge». Und sieh, jene Haare, die aus der
Nase hervorstehen, die mach' ihm vor allem weg. Aber Mühe wirds kosten,
ihm den langen fürchterlichen Bart zu scheeren; wenn du daher eine recht scharfe
Pflugschaar hast, aus eichenen Holze gemacht, so wirst du ihn sauber heraus¬
putzen. Dann bekenne er seine Verbrechen. Endlich werde er von den ver-
ehrungswürdigen Magistern von seinem Gestank befreit und unsrer Gemeinschaft
einverleibt.

R Cam. echt gesprochen. Aber du weißt doch, daß ich ein so segensreiches
Geschäft nicht ohne große Mühe und Gefahr vollbringen kann. Mein Johannes,
verzieh ein wenig, ich werde gleich mit den Instrumenten wieder kommen und
dich von diesem Greuel befreien. Bartold. du lässest inzwischen nicht nach, ihm
Muth einzusprechen; denn schon mache ich mich auf den Weg, und gleich werde
ich wieder hier sein. (Er geht ab.)

S Bart. oll gern geschehen. Johannes, freue dich und sei guter Dinge.
Schon nähert sich die glückselige Stunde, wo du von allen Gebrechen sowohl
des Leibes als der Seele gereinigt und aller Rechte unsrer Universität theil¬
haftig werden wirst, und laß diess nicht langweilen, daß dein Arzt nicht zu¬
gegen ist, er wird gewiß gleich wiederkommen. Ich meine, er ist nach der
Apotheke gegangen, um dort Pillen aus Nicßwurz und Album granum zu
kaufen, damit sie, wenn dich während der Kur eine Schwachheit befallen sollte,
dir als Stärkungsmittel dienen. (Camillus «ritt wieder ein.) Sieh, da ist er schon
wieder, unser Camillus. Ich bitte dich, mein Camillus, wie raschen Fußes bist
du wieder da! Warst du in der Apotheke?


Cam.

So ist es.


Bart.

Was hast du Gutes besorgt?

Cam. Ich prciparirte eine Salbe, um unserm Kranken, wenn er die
Kraft der Medicin etwa nicht ertragen könnte, Nase und Mund damit zu be-
streichen.


Bart.

Bitte, was ist das für eine Salbe?


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[0228] für eine Antwort! du redest nicht einmal, du lallst, nicht Latein, sondern Pferde¬ latein gröhlst du. — Aber nur sehr geängstigt, und heftig aufgeregt brachte er selbst das heraus. Cam. Was sollen wir nun mit ihm anfangen? Bart. Einfältige Frage! Vielerlei ist nöthig; denn ich merke wohl, er flog uns in der Meinung zu, hier von jener Ungestalt befreit und dann in die löbliche Zunft der Studenten aufgenommen zu werden. Ich glaube, das Erste wird sein, daß wir einen Arzt holen. — Ha, was sagte ich da! Da bist du ja, mein Camillus, in der Medicin so berühmt und hochgelahrt; du weißt ja vor¬ trefflich, wie man Bachanten und Verrückten die Hörner stutzt und ihnen später die Zähne ausreißt. Die Ohren kippen wir ihm wie üblich mit Messern, dann vertreiben wir ihm die Hitze der Auge». Und sieh, jene Haare, die aus der Nase hervorstehen, die mach' ihm vor allem weg. Aber Mühe wirds kosten, ihm den langen fürchterlichen Bart zu scheeren; wenn du daher eine recht scharfe Pflugschaar hast, aus eichenen Holze gemacht, so wirst du ihn sauber heraus¬ putzen. Dann bekenne er seine Verbrechen. Endlich werde er von den ver- ehrungswürdigen Magistern von seinem Gestank befreit und unsrer Gemeinschaft einverleibt. R Cam. echt gesprochen. Aber du weißt doch, daß ich ein so segensreiches Geschäft nicht ohne große Mühe und Gefahr vollbringen kann. Mein Johannes, verzieh ein wenig, ich werde gleich mit den Instrumenten wieder kommen und dich von diesem Greuel befreien. Bartold. du lässest inzwischen nicht nach, ihm Muth einzusprechen; denn schon mache ich mich auf den Weg, und gleich werde ich wieder hier sein. (Er geht ab.) S Bart. oll gern geschehen. Johannes, freue dich und sei guter Dinge. Schon nähert sich die glückselige Stunde, wo du von allen Gebrechen sowohl des Leibes als der Seele gereinigt und aller Rechte unsrer Universität theil¬ haftig werden wirst, und laß diess nicht langweilen, daß dein Arzt nicht zu¬ gegen ist, er wird gewiß gleich wiederkommen. Ich meine, er ist nach der Apotheke gegangen, um dort Pillen aus Nicßwurz und Album granum zu kaufen, damit sie, wenn dich während der Kur eine Schwachheit befallen sollte, dir als Stärkungsmittel dienen. (Camillus «ritt wieder ein.) Sieh, da ist er schon wieder, unser Camillus. Ich bitte dich, mein Camillus, wie raschen Fußes bist du wieder da! Warst du in der Apotheke? Cam. So ist es. Bart. Was hast du Gutes besorgt? Cam. Ich prciparirte eine Salbe, um unserm Kranken, wenn er die Kraft der Medicin etwa nicht ertragen könnte, Nase und Mund damit zu be- streichen. Bart. Bitte, was ist das für eine Salbe?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/228>, abgerufen am 01.09.2024.