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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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würde vielleicht viel geleistet haben. Die fünfte war eine Offizierverbindung.
Viel guter Wille, aber nicht gehörige Einigkeit, kein Plan und sehr viel Un¬
achtsamkeit. Sechstens eine Verbindung des Bürgerstandes, hauptsächlich in
Breslau. -- Schon im Augenblick meiner Ankunft wollte man theilweise los¬
brechen, da dies aber nur zu unglücklichen Resultaten führen konnte, so hinter¬
trieb ich es, ließ auch hier einen Tugendverein stiften und bemühte mich, alle
diese Verbindungen unter eine Leitung zu bringen. Die Ofsizicrsverbindung
habe ich ausgehoben. Den Herzog von Oels habe ich unschädlich zu machen
gesucht u. s. w. Seine weitere Bestimmung war die Deckung von Glogau,
dessen Einnahme vollkommen masquirt ist und beinahe gar nicht fehlschlagen
konnte. Zum Commandanten von Glogau hatte ich auf Bitten des Vereins
den Oberst von Putlitz bestimmt. In mehrern, von Glatz entfernten Districten
sind Offiziere vertheilt, welche mit Hilfe des Vereins schnell Truppen sammeln
und formiren und so lange damit als Parteigänger agiren sollten, bis die
Communication mit Glatz oder den von dort ausgehenden Truppen möglichst
vereint werden würde. Das rechte Oderufer hatte ich unter Oberleitung des
Majors von Klüx gegeben. In Glans und Silberberg habe ich mich bereits
bis über 9000 Mann verstärkt und außer diesen die in sechs Tagen mögliche
Formirung von 20,000 Mann präparirt u. f. w. Die auswärtigen Verhand¬
lungen betreffend, so steht es damit wie folgt. Nach den vertrauten Unterhand¬
lungen mit dem Fürsten von Hohenzollern u. s. w. erschien der General v. Bubna
in hiesiger Gegend. Durch diesen Kanal ließ ich die nöthigen Nachrichten an
den Erzherzog Karl gelangen. Graf Lucey, welcher in Wien viel consideratives
Vertrauen genießt, hatte dort fortwährend, nur immer nicht officiell gewirkt.
Tiedemann schickte ich gleich nach seiner Ankunft mit einem Memoire über die
Gegenwart und die Aussicht für die Zukunft nach Wien. Den Erzherzogen
Ferdinand und Johann überschickte ich gleichfalls das Memoire u. f. w.

Sollte die Ruhe noch länger fortwähren, so wird aus die abgetretenen
Preußischen Provinzen wenig mehr zu rechnen sein. Also, je länger verschoben,
je weniger Kraft.

Gern will ich alle Folgen des Ungehorsams tragen, desavouirt werden
und als Rebell erscheinen, wenn ich die Ueberzeugung habe, daß ich dadurch
für das Beste meines Königs und Vaterlandes handle."

Ein wenige Tage späterer Bericht sagt u. a.:

"Der Assessor von Bardeleben hat den Verein der verschiedenen Verbin¬
dungen unter der Verfassung des Tugendbundes vereinigt, so wie er auch in
Berlin gewesen ist, um dort die Communication zu eröffnen. Mit Sachsen
habe ich noch keine directen Unterhandlungen angeknüpft, weil ich weiß, daß
von dort aus viel auf Deutschland gewirkt wird. Der Kurfürst von Hessen
hat mich mit Verheißungen von, Protectionen abgespeist, mit Geld aber im


Grenzboten II- 18S6. 23

würde vielleicht viel geleistet haben. Die fünfte war eine Offizierverbindung.
Viel guter Wille, aber nicht gehörige Einigkeit, kein Plan und sehr viel Un¬
achtsamkeit. Sechstens eine Verbindung des Bürgerstandes, hauptsächlich in
Breslau. — Schon im Augenblick meiner Ankunft wollte man theilweise los¬
brechen, da dies aber nur zu unglücklichen Resultaten führen konnte, so hinter¬
trieb ich es, ließ auch hier einen Tugendverein stiften und bemühte mich, alle
diese Verbindungen unter eine Leitung zu bringen. Die Ofsizicrsverbindung
habe ich ausgehoben. Den Herzog von Oels habe ich unschädlich zu machen
gesucht u. s. w. Seine weitere Bestimmung war die Deckung von Glogau,
dessen Einnahme vollkommen masquirt ist und beinahe gar nicht fehlschlagen
konnte. Zum Commandanten von Glogau hatte ich auf Bitten des Vereins
den Oberst von Putlitz bestimmt. In mehrern, von Glatz entfernten Districten
sind Offiziere vertheilt, welche mit Hilfe des Vereins schnell Truppen sammeln
und formiren und so lange damit als Parteigänger agiren sollten, bis die
Communication mit Glatz oder den von dort ausgehenden Truppen möglichst
vereint werden würde. Das rechte Oderufer hatte ich unter Oberleitung des
Majors von Klüx gegeben. In Glans und Silberberg habe ich mich bereits
bis über 9000 Mann verstärkt und außer diesen die in sechs Tagen mögliche
Formirung von 20,000 Mann präparirt u. f. w. Die auswärtigen Verhand¬
lungen betreffend, so steht es damit wie folgt. Nach den vertrauten Unterhand¬
lungen mit dem Fürsten von Hohenzollern u. s. w. erschien der General v. Bubna
in hiesiger Gegend. Durch diesen Kanal ließ ich die nöthigen Nachrichten an
den Erzherzog Karl gelangen. Graf Lucey, welcher in Wien viel consideratives
Vertrauen genießt, hatte dort fortwährend, nur immer nicht officiell gewirkt.
Tiedemann schickte ich gleich nach seiner Ankunft mit einem Memoire über die
Gegenwart und die Aussicht für die Zukunft nach Wien. Den Erzherzogen
Ferdinand und Johann überschickte ich gleichfalls das Memoire u. f. w.

Sollte die Ruhe noch länger fortwähren, so wird aus die abgetretenen
Preußischen Provinzen wenig mehr zu rechnen sein. Also, je länger verschoben,
je weniger Kraft.

Gern will ich alle Folgen des Ungehorsams tragen, desavouirt werden
und als Rebell erscheinen, wenn ich die Ueberzeugung habe, daß ich dadurch
für das Beste meines Königs und Vaterlandes handle."

Ein wenige Tage späterer Bericht sagt u. a.:

„Der Assessor von Bardeleben hat den Verein der verschiedenen Verbin¬
dungen unter der Verfassung des Tugendbundes vereinigt, so wie er auch in
Berlin gewesen ist, um dort die Communication zu eröffnen. Mit Sachsen
habe ich noch keine directen Unterhandlungen angeknüpft, weil ich weiß, daß
von dort aus viel auf Deutschland gewirkt wird. Der Kurfürst von Hessen
hat mich mit Verheißungen von, Protectionen abgespeist, mit Geld aber im


Grenzboten II- 18S6. 23
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[0211] würde vielleicht viel geleistet haben. Die fünfte war eine Offizierverbindung. Viel guter Wille, aber nicht gehörige Einigkeit, kein Plan und sehr viel Un¬ achtsamkeit. Sechstens eine Verbindung des Bürgerstandes, hauptsächlich in Breslau. — Schon im Augenblick meiner Ankunft wollte man theilweise los¬ brechen, da dies aber nur zu unglücklichen Resultaten führen konnte, so hinter¬ trieb ich es, ließ auch hier einen Tugendverein stiften und bemühte mich, alle diese Verbindungen unter eine Leitung zu bringen. Die Ofsizicrsverbindung habe ich ausgehoben. Den Herzog von Oels habe ich unschädlich zu machen gesucht u. s. w. Seine weitere Bestimmung war die Deckung von Glogau, dessen Einnahme vollkommen masquirt ist und beinahe gar nicht fehlschlagen konnte. Zum Commandanten von Glogau hatte ich auf Bitten des Vereins den Oberst von Putlitz bestimmt. In mehrern, von Glatz entfernten Districten sind Offiziere vertheilt, welche mit Hilfe des Vereins schnell Truppen sammeln und formiren und so lange damit als Parteigänger agiren sollten, bis die Communication mit Glatz oder den von dort ausgehenden Truppen möglichst vereint werden würde. Das rechte Oderufer hatte ich unter Oberleitung des Majors von Klüx gegeben. In Glans und Silberberg habe ich mich bereits bis über 9000 Mann verstärkt und außer diesen die in sechs Tagen mögliche Formirung von 20,000 Mann präparirt u. f. w. Die auswärtigen Verhand¬ lungen betreffend, so steht es damit wie folgt. Nach den vertrauten Unterhand¬ lungen mit dem Fürsten von Hohenzollern u. s. w. erschien der General v. Bubna in hiesiger Gegend. Durch diesen Kanal ließ ich die nöthigen Nachrichten an den Erzherzog Karl gelangen. Graf Lucey, welcher in Wien viel consideratives Vertrauen genießt, hatte dort fortwährend, nur immer nicht officiell gewirkt. Tiedemann schickte ich gleich nach seiner Ankunft mit einem Memoire über die Gegenwart und die Aussicht für die Zukunft nach Wien. Den Erzherzogen Ferdinand und Johann überschickte ich gleichfalls das Memoire u. f. w. Sollte die Ruhe noch länger fortwähren, so wird aus die abgetretenen Preußischen Provinzen wenig mehr zu rechnen sein. Also, je länger verschoben, je weniger Kraft. Gern will ich alle Folgen des Ungehorsams tragen, desavouirt werden und als Rebell erscheinen, wenn ich die Ueberzeugung habe, daß ich dadurch für das Beste meines Königs und Vaterlandes handle." Ein wenige Tage späterer Bericht sagt u. a.: „Der Assessor von Bardeleben hat den Verein der verschiedenen Verbin¬ dungen unter der Verfassung des Tugendbundes vereinigt, so wie er auch in Berlin gewesen ist, um dort die Communication zu eröffnen. Mit Sachsen habe ich noch keine directen Unterhandlungen angeknüpft, weil ich weiß, daß von dort aus viel auf Deutschland gewirkt wird. Der Kurfürst von Hessen hat mich mit Verheißungen von, Protectionen abgespeist, mit Geld aber im Grenzboten II- 18S6. 23

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/211>, abgerufen am 28.07.2024.