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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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wie nach der Unterschrift awieus a,ä amiourn (welche Rost nicht hat) möchte
man als Adressaten Schindler vermuthen, und nach Ur. 266 zu schließen
scheinen ja ohnedies nicht alle an Schindler gerichteten Briefe vollständig von
diesem aufbewahrt worden zu sein.*) --

So lassen sich nun unzählige Beispiele zusammenstellen, welche den Beweis
liefern, wie sehr Herrn Rost jeglicher philologische Tact und jede Genauigkeit,
welche jedem, der etwas herausgiebt. nöthig ist, abgeht, indem er theils noth¬
wendige Notizen über die Form der Briefe unterläßt, theils im Texte derselben
"ut Willkür ändert. Bei 190 (Ries) findet sich eine Nachschrift "mit eigener
Hand", wie Ries ausdrücklich bemerkt; Ur. 246 bezeichnet Ries selbst als "Aus-
Zug eines Briefes, dessen Anfang sich nicht mehr vorfindet"; beides hält Herr
Rost nicht für nöthig mitzutheilen. Der Beispiele von Willkür und Ungenauig-
keit im Einzelnen sind zu viele, als daß wir sie alle namhaft machen könnten.**)
Es verletzt besonders, zu sehen, wie er häufig Jnterpunction und Eigenthümlich¬
keit der Orthographie ändert, wo sie dem beethovenschen Ausdrucke grade eigen¬
thümlich sind. Diese unbefugte Correciur übt er sogar, wo er nach gedruckten
Quellen edirte.

Wenn nun auch Herr Rost den Briefen keinen fortlaufenden biographischen
Kommentar beigeben wollte (um den "elektrischen Strom" in denselben nichl
Zu stören), so finden sich doch bei den meisten kürzere oder längere Anmerkungen,
in denen er sachliche Erläuterungen gibt oder Vermuthungen äußert. Auch
diese sind in den allerseltensten Fällen der Art, daß man ihnen Belehrung ver¬
dankt (so wenn er aus Schindlers Nachlaß einiges beibringt, oder zu 61 eine
Notiz nach mündlicher Erzählung Malfatiis giebt); meistens sind sie aus den
bekannten Biographien und anderen naheliegenden Quellen zusammengeschrieben,
Wobei er wiederum, seiner früher gerügten Unsitte folgend, seine Quelle meist
"icht nennt. Ein bestimmtes Princip tritt dabei nicht hervor; neben vielem
bekannten und Unnöthigen vermißt man häusig an Stellen, welche Unbekanntes
enthalten, die nöthige Erläuterung. Warum weiß er z. B. über Mademoiselle
Gerardi, über Auguste Sebald, über Fürst Fizlipuzli (103) u. s. w. nichts zu
sagen? -- dem gegenüber hatte es doch wenig Interesse, z. B. zu erfahren,
daß Dr. Schedel in Prag eine ausgezeichnete Autographensammlung besitzt.
Daneben tritt die haltlose Willkür auch in den Erklärungen auf. und wo eine
Zweifelhafte oder bestrittene Frage zu entscheiden war. da zeigt sich seine Ur-
theilslosigkeit in der unglaublichsten Weise. Wir nehmen die Briefe an Bet-




") In diesem Briefe muß es außerdem noch statt "in dem Jahr", was gar keine" Sinn
vol. nach dem Original "in der Woche" heißen,
"
) Wir erwähnen namentlich den Brief 238 an Peters (nach der N, Ztschr, f. Musik).
^° Rost "einige Tage mehr" in "einige Tage eher" verändert hat, und (S. 216, Z, 2) bei
"Knabe" die Worte "von 15 Jahren" ganz wegläßt,
Grcnjboten I. 1866, 47

wie nach der Unterschrift awieus a,ä amiourn (welche Rost nicht hat) möchte
man als Adressaten Schindler vermuthen, und nach Ur. 266 zu schließen
scheinen ja ohnedies nicht alle an Schindler gerichteten Briefe vollständig von
diesem aufbewahrt worden zu sein.*) —

So lassen sich nun unzählige Beispiele zusammenstellen, welche den Beweis
liefern, wie sehr Herrn Rost jeglicher philologische Tact und jede Genauigkeit,
welche jedem, der etwas herausgiebt. nöthig ist, abgeht, indem er theils noth¬
wendige Notizen über die Form der Briefe unterläßt, theils im Texte derselben
»ut Willkür ändert. Bei 190 (Ries) findet sich eine Nachschrift „mit eigener
Hand", wie Ries ausdrücklich bemerkt; Ur. 246 bezeichnet Ries selbst als „Aus-
Zug eines Briefes, dessen Anfang sich nicht mehr vorfindet"; beides hält Herr
Rost nicht für nöthig mitzutheilen. Der Beispiele von Willkür und Ungenauig-
keit im Einzelnen sind zu viele, als daß wir sie alle namhaft machen könnten.**)
Es verletzt besonders, zu sehen, wie er häufig Jnterpunction und Eigenthümlich¬
keit der Orthographie ändert, wo sie dem beethovenschen Ausdrucke grade eigen¬
thümlich sind. Diese unbefugte Correciur übt er sogar, wo er nach gedruckten
Quellen edirte.

Wenn nun auch Herr Rost den Briefen keinen fortlaufenden biographischen
Kommentar beigeben wollte (um den „elektrischen Strom" in denselben nichl
Zu stören), so finden sich doch bei den meisten kürzere oder längere Anmerkungen,
in denen er sachliche Erläuterungen gibt oder Vermuthungen äußert. Auch
diese sind in den allerseltensten Fällen der Art, daß man ihnen Belehrung ver¬
dankt (so wenn er aus Schindlers Nachlaß einiges beibringt, oder zu 61 eine
Notiz nach mündlicher Erzählung Malfatiis giebt); meistens sind sie aus den
bekannten Biographien und anderen naheliegenden Quellen zusammengeschrieben,
Wobei er wiederum, seiner früher gerügten Unsitte folgend, seine Quelle meist
"icht nennt. Ein bestimmtes Princip tritt dabei nicht hervor; neben vielem
bekannten und Unnöthigen vermißt man häusig an Stellen, welche Unbekanntes
enthalten, die nöthige Erläuterung. Warum weiß er z. B. über Mademoiselle
Gerardi, über Auguste Sebald, über Fürst Fizlipuzli (103) u. s. w. nichts zu
sagen? — dem gegenüber hatte es doch wenig Interesse, z. B. zu erfahren,
daß Dr. Schedel in Prag eine ausgezeichnete Autographensammlung besitzt.
Daneben tritt die haltlose Willkür auch in den Erklärungen auf. und wo eine
Zweifelhafte oder bestrittene Frage zu entscheiden war. da zeigt sich seine Ur-
theilslosigkeit in der unglaublichsten Weise. Wir nehmen die Briefe an Bet-




") In diesem Briefe muß es außerdem noch statt „in dem Jahr", was gar keine» Sinn
vol. nach dem Original „in der Woche" heißen,
"
) Wir erwähnen namentlich den Brief 238 an Peters (nach der N, Ztschr, f. Musik).
^° Rost „einige Tage mehr" in „einige Tage eher" verändert hat, und (S. 216, Z, 2) bei
"Knabe" die Worte „von 15 Jahren" ganz wegläßt,
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[0393] wie nach der Unterschrift awieus a,ä amiourn (welche Rost nicht hat) möchte man als Adressaten Schindler vermuthen, und nach Ur. 266 zu schließen scheinen ja ohnedies nicht alle an Schindler gerichteten Briefe vollständig von diesem aufbewahrt worden zu sein.*) — So lassen sich nun unzählige Beispiele zusammenstellen, welche den Beweis liefern, wie sehr Herrn Rost jeglicher philologische Tact und jede Genauigkeit, welche jedem, der etwas herausgiebt. nöthig ist, abgeht, indem er theils noth¬ wendige Notizen über die Form der Briefe unterläßt, theils im Texte derselben »ut Willkür ändert. Bei 190 (Ries) findet sich eine Nachschrift „mit eigener Hand", wie Ries ausdrücklich bemerkt; Ur. 246 bezeichnet Ries selbst als „Aus- Zug eines Briefes, dessen Anfang sich nicht mehr vorfindet"; beides hält Herr Rost nicht für nöthig mitzutheilen. Der Beispiele von Willkür und Ungenauig- keit im Einzelnen sind zu viele, als daß wir sie alle namhaft machen könnten.**) Es verletzt besonders, zu sehen, wie er häufig Jnterpunction und Eigenthümlich¬ keit der Orthographie ändert, wo sie dem beethovenschen Ausdrucke grade eigen¬ thümlich sind. Diese unbefugte Correciur übt er sogar, wo er nach gedruckten Quellen edirte. Wenn nun auch Herr Rost den Briefen keinen fortlaufenden biographischen Kommentar beigeben wollte (um den „elektrischen Strom" in denselben nichl Zu stören), so finden sich doch bei den meisten kürzere oder längere Anmerkungen, in denen er sachliche Erläuterungen gibt oder Vermuthungen äußert. Auch diese sind in den allerseltensten Fällen der Art, daß man ihnen Belehrung ver¬ dankt (so wenn er aus Schindlers Nachlaß einiges beibringt, oder zu 61 eine Notiz nach mündlicher Erzählung Malfatiis giebt); meistens sind sie aus den bekannten Biographien und anderen naheliegenden Quellen zusammengeschrieben, Wobei er wiederum, seiner früher gerügten Unsitte folgend, seine Quelle meist "icht nennt. Ein bestimmtes Princip tritt dabei nicht hervor; neben vielem bekannten und Unnöthigen vermißt man häusig an Stellen, welche Unbekanntes enthalten, die nöthige Erläuterung. Warum weiß er z. B. über Mademoiselle Gerardi, über Auguste Sebald, über Fürst Fizlipuzli (103) u. s. w. nichts zu sagen? — dem gegenüber hatte es doch wenig Interesse, z. B. zu erfahren, daß Dr. Schedel in Prag eine ausgezeichnete Autographensammlung besitzt. Daneben tritt die haltlose Willkür auch in den Erklärungen auf. und wo eine Zweifelhafte oder bestrittene Frage zu entscheiden war. da zeigt sich seine Ur- theilslosigkeit in der unglaublichsten Weise. Wir nehmen die Briefe an Bet- ") In diesem Briefe muß es außerdem noch statt „in dem Jahr", was gar keine» Sinn vol. nach dem Original „in der Woche" heißen, " ) Wir erwähnen namentlich den Brief 238 an Peters (nach der N, Ztschr, f. Musik). ^° Rost „einige Tage mehr" in „einige Tage eher" verändert hat, und (S. 216, Z, 2) bei "Knabe" die Worte „von 15 Jahren" ganz wegläßt, Grcnjboten I. 1866, 47

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/393>, abgerufen am 22.07.2024.