Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.richtete, zu modelliren und zu meißeln, seiner rechten künstlerischen Heimath wieder. Die andern gleichaltrigen Genossen dieser ersten Generation von rauchschen Vrmzboten I. 1866. 44
richtete, zu modelliren und zu meißeln, seiner rechten künstlerischen Heimath wieder. Die andern gleichaltrigen Genossen dieser ersten Generation von rauchschen Vrmzboten I. 1866. 44
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richtete, zu modelliren und zu meißeln, seiner rechten künstlerischen Heimath wieder.
„Die Siegesgöttin trägt den gefallenen Krieger zum Olymp empor", das war
der ihm übertragene Gegenstand jener Gruppe. Er erfaßte ihn in ziemlich
wunderlicher Weise: er läßt seine Nike oder Victoria nämlich nicht den Ver¬
klärten zu den Wohnungen der Götter hinauftragen, sondern den Leichnam des
im Kampfe Gefallenen! Das war von vornherein ein Mißgriff und ein Theil
der unendlichen Arbeit, welche ihm diese Gruppe, sein Schmerzenskind, später
kostete, kann darauf zurückgeführt werden. Leichname haben im classischen
Olymp nichts zu thun. Und ein willenlos und „leblos dem Gesetz der Schwere"
folgender Körper über den Arm der aufschwebenden Göttin hängend, muß
deren Flug hemmen und wird in solcher Stellung in den Linien kaum mit
denen der andern Gestalt zur harmonischen Geschlossenheit der Gruppe zusammen¬
zufügen sein. Letzteres gelang Wredow indeß überraschend genug, freilich nach
Vieljährigen Versuchen und Mühen. Eben als die andern an den Brücken¬
gruppen Arbeitenden ihre Werke im Marmor vollendet hatten, näherte sich sein
Thonmodell dem Abschluß, Der nackte Jünglingskörper ist bei der gewagtesten
Kühnheit der Stellung und Bewegung wieder von einer ganz wundervollen
Schönheit und Durchbildung der Form; und das stürmische Aufschwingen der
seinen edlen Leib mit der Linken stützenden Göttin erscheint wie ein glänzender
Sieg über die Schwere des Materials der plastischen Kunst. Aber diese großen
Vorzüge können die in der Auffassung des Gegenstandes begründeten Mängel
des Ganzen nicht hinlänglich verdecken. Nach der Analogie war man berechtigt
Zu schließen, daß Wredow in der Marmorarbeit nach einem Modell, dessen Voll¬
endung ihm bereits so viele Jahre gekostet, überhaupt kein Ziel und Ende
finden würde. Doch endlich von seinen Auftraggebern zur Beschleunigung ge¬
drängt, verzichtete er nach verhältnißmäßig kurzer Zeit auf den Gedanken, dem
Marmor eine Ausführung nach seinem Sinn und seiner Gewohnheit zu geben,
ließ es bei einer mehr decorativer Behandlung bewenden, woher es zu großer
Ueberraschung der betreffenden Künstlerkreise möglich wurde, die Gruppe, auch
der Reihenfolge nach die letzte des Cyklus, bereits zwei bis drei Jahde nach
der Aufstellung der übrigen auf ihrem Sockel aufzurichten.
Die andern gleichaltrigen Genossen dieser ersten Generation von rauchschen
Schülern sind nicht zu selbständiger schöpferischer Thätigkeit gelangt, nicht als
eigne künstlerische Persönlichkeiten zur Geltung gekommen. Bräunlich blieb
bis zu des Meisters Lebensende an dessen Marmorarbeiten beschäftigt. Metz
ging zur Malerei über, arbeitete in Dresden und Rom und starb in den fünf¬
ziger Jahren. Zu desto größerer Bedeutung aber entfaltete sich dann das um
Jahrzehnt jüngere Geschlecht. Ein paar Männer aus demselben haben sich,
die rauchsche Lehre aufs treueste bewahrend und streng in seinem Sinne schaffend,
Zu den Besten der modernen Plastik überhaupt gesellt und walten heut als
Vrmzboten I. 1866. 44
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