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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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man daher wohl früher Wachsmuth einen Mangel an Entschiedenheit vorzu¬
werfen. Sieht man näher zu, so wird man finden, daß sich die Gemessenheit
und Milde seines Ausdrucks zum guten Theil herschreibt aus der Gewissen¬
haftigkeit des Gelehrten, der sich für jedes seiner Worte verantwortlich fühlt,
aus der Scheu, durch grellere Beleuchtungen dem Hervortreten der Dinge in
ihren eigenen, natürlichen Farben und Umrissen Eintrag zu thun, sowie aus
dem Wohlwollen, welches ihn überall bei Betrachtung und Beurtheilung mensch¬
licher Angelegenheiten charakterisirte.

Dieses Wohlwollen, und damit eng zusammenhängend, die freundlichste
Anerkennung dessen, was Menschen und Schicksal ihm boten, gab denn auch
dem persönlichen Verkehr des Verstorbenen sein Gepräge. Seine Rüstigkeit,
sein beweglicher Witz, sein lebendiges Interesse für alles, was die Zeit erregte,
sein frohes Eingehn auf das, was der gute Genius der Stunde brachte, schafften
ihm nicht blos zahlreiche Freunde, sondern machten ihn auch in weiteren, ge¬
selligen Kreisen zu einem willkommenen Element geistiger Belebung und Er¬
frischung. Jene Eigenschaften sind ihm treu geblieben auch in Zeiten, in denen
er seinen gesellschaftlichen Verkehr ins Enge zu ziehen für angemessen fand.
Wodurch sich aber die, welche ihm als Schüler oder durch irgendwelche andere
Bande näher verknüpft waren, am wohlthätigsten berührt fühlten, das war die
freundliche theilnehmende Gesinnung, mit der er nie müde ward ihrem Ergehn
seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und zur Förderung desselben mit Rath und
That sich bereit zu erweisen.




Die berliner Bildhauerschule.
3.

Mitschüler Drakes in der rauchschen Werfstatt w.r August Wredow.
^ohl gleichen Alters mit jenem, in Brandenburg geboren. 1822 in das Atelier
^getreten. Trotz eines ungewöhnlichen Talentes und gründlicher sorgfältiger
künstlerischer Bildung hat ihn die eigenthümliche, kritisch über dem eiguen
schaffen waltende Natur doch gehindert, eine auch nur annähernd ähnliche
Zahl von Werken zu bilden und damit für die Entwickelung unsrer Plastik,


man daher wohl früher Wachsmuth einen Mangel an Entschiedenheit vorzu¬
werfen. Sieht man näher zu, so wird man finden, daß sich die Gemessenheit
und Milde seines Ausdrucks zum guten Theil herschreibt aus der Gewissen¬
haftigkeit des Gelehrten, der sich für jedes seiner Worte verantwortlich fühlt,
aus der Scheu, durch grellere Beleuchtungen dem Hervortreten der Dinge in
ihren eigenen, natürlichen Farben und Umrissen Eintrag zu thun, sowie aus
dem Wohlwollen, welches ihn überall bei Betrachtung und Beurtheilung mensch¬
licher Angelegenheiten charakterisirte.

Dieses Wohlwollen, und damit eng zusammenhängend, die freundlichste
Anerkennung dessen, was Menschen und Schicksal ihm boten, gab denn auch
dem persönlichen Verkehr des Verstorbenen sein Gepräge. Seine Rüstigkeit,
sein beweglicher Witz, sein lebendiges Interesse für alles, was die Zeit erregte,
sein frohes Eingehn auf das, was der gute Genius der Stunde brachte, schafften
ihm nicht blos zahlreiche Freunde, sondern machten ihn auch in weiteren, ge¬
selligen Kreisen zu einem willkommenen Element geistiger Belebung und Er¬
frischung. Jene Eigenschaften sind ihm treu geblieben auch in Zeiten, in denen
er seinen gesellschaftlichen Verkehr ins Enge zu ziehen für angemessen fand.
Wodurch sich aber die, welche ihm als Schüler oder durch irgendwelche andere
Bande näher verknüpft waren, am wohlthätigsten berührt fühlten, das war die
freundliche theilnehmende Gesinnung, mit der er nie müde ward ihrem Ergehn
seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und zur Förderung desselben mit Rath und
That sich bereit zu erweisen.




Die berliner Bildhauerschule.
3.

Mitschüler Drakes in der rauchschen Werfstatt w.r August Wredow.
^ohl gleichen Alters mit jenem, in Brandenburg geboren. 1822 in das Atelier
^getreten. Trotz eines ungewöhnlichen Talentes und gründlicher sorgfältiger
künstlerischer Bildung hat ihn die eigenthümliche, kritisch über dem eiguen
schaffen waltende Natur doch gehindert, eine auch nur annähernd ähnliche
Zahl von Werken zu bilden und damit für die Entwickelung unsrer Plastik,


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[0365] man daher wohl früher Wachsmuth einen Mangel an Entschiedenheit vorzu¬ werfen. Sieht man näher zu, so wird man finden, daß sich die Gemessenheit und Milde seines Ausdrucks zum guten Theil herschreibt aus der Gewissen¬ haftigkeit des Gelehrten, der sich für jedes seiner Worte verantwortlich fühlt, aus der Scheu, durch grellere Beleuchtungen dem Hervortreten der Dinge in ihren eigenen, natürlichen Farben und Umrissen Eintrag zu thun, sowie aus dem Wohlwollen, welches ihn überall bei Betrachtung und Beurtheilung mensch¬ licher Angelegenheiten charakterisirte. Dieses Wohlwollen, und damit eng zusammenhängend, die freundlichste Anerkennung dessen, was Menschen und Schicksal ihm boten, gab denn auch dem persönlichen Verkehr des Verstorbenen sein Gepräge. Seine Rüstigkeit, sein beweglicher Witz, sein lebendiges Interesse für alles, was die Zeit erregte, sein frohes Eingehn auf das, was der gute Genius der Stunde brachte, schafften ihm nicht blos zahlreiche Freunde, sondern machten ihn auch in weiteren, ge¬ selligen Kreisen zu einem willkommenen Element geistiger Belebung und Er¬ frischung. Jene Eigenschaften sind ihm treu geblieben auch in Zeiten, in denen er seinen gesellschaftlichen Verkehr ins Enge zu ziehen für angemessen fand. Wodurch sich aber die, welche ihm als Schüler oder durch irgendwelche andere Bande näher verknüpft waren, am wohlthätigsten berührt fühlten, das war die freundliche theilnehmende Gesinnung, mit der er nie müde ward ihrem Ergehn seine Aufmerksamkeit zuzuwenden und zur Förderung desselben mit Rath und That sich bereit zu erweisen. Die berliner Bildhauerschule. 3. Mitschüler Drakes in der rauchschen Werfstatt w.r August Wredow. ^ohl gleichen Alters mit jenem, in Brandenburg geboren. 1822 in das Atelier ^getreten. Trotz eines ungewöhnlichen Talentes und gründlicher sorgfältiger künstlerischer Bildung hat ihn die eigenthümliche, kritisch über dem eiguen schaffen waltende Natur doch gehindert, eine auch nur annähernd ähnliche Zahl von Werken zu bilden und damit für die Entwickelung unsrer Plastik,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/365>, abgerufen am 22.12.2024.