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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Die Sammlung enthält auch ein Fragment des Speoulum dumanak
salvationis, eines Werkes, welches die Holländer dem Lorenz Janson Coster
zuschreiben und als Erstling der Typographie aufstellen. Typenform und Costüm
verweisen es aber unwiderleglich in die Zeit von 1470--1480.

Wir finden ferner eine besonders schöne xylographische Ausgabe des
vekeiisoi'iulri inviolatae pLrxetUÄö<iuL Virginitatig eastis-
sims." vLigenitrieis Naris-e von 1470, worin mit großer Gelehrsamkeit
eine Menge wunderbarer Dinge aus der heidnischen Welt aufgeführt werden.
Bei jedem Beispiele wird dann die Frage aufgestellt: warum sollte nicht auch
eine Jungfrau den Sohn des höchsten Vaters gebären?

Sehr werthvoll ist auch ein in der Sammlung befindliches Exemplar des
xylographischen Kalenders Johanns von Kunsperk (Königsberg in
Franken), eines deutschen Astronomen von so großem Rufe, daß selbst der
Papst Sixtus der Vierte denselben 1476 nach Rom berief, um durch ihn den
Kalender verbessern zu lassen. Ein Exemplar seiner typographisch gedruckten
Ephemeriden, eine Reihe von Kalendern von 1474--1494, wurde von Mathias
Corvinus mit 800 Goldgulden bezahlt. Der xylographische Kalender stammt
etwa aus 1473 und ist in Nürnberg erschienen, wie der Versasser nach¬
gewiesen hat.

Das seltenste Werk der Sammlung unter den xylographischen Werken ist
das Salve RoZilig., ein Buch, welches in Bildern, die durch einige Zeilen
deutschen Textes erläutert werden, Scenen aus dem apokryphischen Leben der
heiligen Jungfrau erzählt. Der Anfang und mit ihm der Titel fehlt. Man
hat dem Buche - den Namen Linos Keging. darum gegeben, weil mehre Bilder
darstellen, wie die heilige Jungfrau das Lalve üegMÄ singen lehrt. Dies
Buch ist bis jetzt nur in diesem einen Exemplare bekannt. Es ist von
"Lienhart czo Regenspurck" gemacht.

An diese zahlreichen xylographischen Werke mit ihren handschriftlichen Vor¬
gängern und typographischen Nachfolgern schließt sich eine Mittheilung über
eine reiche Sammlung von Spielkarten an. Es mag unentschieden bleiben, ob
die ersten dieser Blätter wirklich als Spielkarten gedient haben. Die übrigen
Facsimile zeigen aber Karten zum Theil von sehr eigenthümlicher Art, unter
andern Thiere statt der Farben (Adler --Grün; Papagei^-Noth; Affen --Eichel;
Löwe --Schellen), alle in schöner Gruppirung. Andere Karten sind sehr schön
in Kupferstich ausgeführt, zum Theil von berühmten Meistern.

Daran schließen sich eine große Anzahl von Schrotblättern. Schrot¬
blätter, vom deutschen Worte schroten, schneiden, heißen sie darum,
weil die Bilder vertieft in die Platte geschnitten sind, so daß ihr Inhalt der
Hauptsache nach farblos bleiben soll, während die erhabenen Stellen der Platte
die Farbe aufnehmen und einen schwarzen Hintergrund bilden. Die Bilder der


Grenzboten I. 18so. 33

Die Sammlung enthält auch ein Fragment des Speoulum dumanak
salvationis, eines Werkes, welches die Holländer dem Lorenz Janson Coster
zuschreiben und als Erstling der Typographie aufstellen. Typenform und Costüm
verweisen es aber unwiderleglich in die Zeit von 1470—1480.

Wir finden ferner eine besonders schöne xylographische Ausgabe des
vekeiisoi'iulri inviolatae pLrxetUÄö<iuL Virginitatig eastis-
sims.« vLigenitrieis Naris-e von 1470, worin mit großer Gelehrsamkeit
eine Menge wunderbarer Dinge aus der heidnischen Welt aufgeführt werden.
Bei jedem Beispiele wird dann die Frage aufgestellt: warum sollte nicht auch
eine Jungfrau den Sohn des höchsten Vaters gebären?

Sehr werthvoll ist auch ein in der Sammlung befindliches Exemplar des
xylographischen Kalenders Johanns von Kunsperk (Königsberg in
Franken), eines deutschen Astronomen von so großem Rufe, daß selbst der
Papst Sixtus der Vierte denselben 1476 nach Rom berief, um durch ihn den
Kalender verbessern zu lassen. Ein Exemplar seiner typographisch gedruckten
Ephemeriden, eine Reihe von Kalendern von 1474—1494, wurde von Mathias
Corvinus mit 800 Goldgulden bezahlt. Der xylographische Kalender stammt
etwa aus 1473 und ist in Nürnberg erschienen, wie der Versasser nach¬
gewiesen hat.

Das seltenste Werk der Sammlung unter den xylographischen Werken ist
das Salve RoZilig., ein Buch, welches in Bildern, die durch einige Zeilen
deutschen Textes erläutert werden, Scenen aus dem apokryphischen Leben der
heiligen Jungfrau erzählt. Der Anfang und mit ihm der Titel fehlt. Man
hat dem Buche - den Namen Linos Keging. darum gegeben, weil mehre Bilder
darstellen, wie die heilige Jungfrau das Lalve üegMÄ singen lehrt. Dies
Buch ist bis jetzt nur in diesem einen Exemplare bekannt. Es ist von
„Lienhart czo Regenspurck" gemacht.

An diese zahlreichen xylographischen Werke mit ihren handschriftlichen Vor¬
gängern und typographischen Nachfolgern schließt sich eine Mittheilung über
eine reiche Sammlung von Spielkarten an. Es mag unentschieden bleiben, ob
die ersten dieser Blätter wirklich als Spielkarten gedient haben. Die übrigen
Facsimile zeigen aber Karten zum Theil von sehr eigenthümlicher Art, unter
andern Thiere statt der Farben (Adler —Grün; Papagei^-Noth; Affen —Eichel;
Löwe —Schellen), alle in schöner Gruppirung. Andere Karten sind sehr schön
in Kupferstich ausgeführt, zum Theil von berühmten Meistern.

Daran schließen sich eine große Anzahl von Schrotblättern. Schrot¬
blätter, vom deutschen Worte schroten, schneiden, heißen sie darum,
weil die Bilder vertieft in die Platte geschnitten sind, so daß ihr Inhalt der
Hauptsache nach farblos bleiben soll, während die erhabenen Stellen der Platte
die Farbe aufnehmen und einen schwarzen Hintergrund bilden. Die Bilder der


Grenzboten I. 18so. 33
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[0275] Die Sammlung enthält auch ein Fragment des Speoulum dumanak salvationis, eines Werkes, welches die Holländer dem Lorenz Janson Coster zuschreiben und als Erstling der Typographie aufstellen. Typenform und Costüm verweisen es aber unwiderleglich in die Zeit von 1470—1480. Wir finden ferner eine besonders schöne xylographische Ausgabe des vekeiisoi'iulri inviolatae pLrxetUÄö<iuL Virginitatig eastis- sims.« vLigenitrieis Naris-e von 1470, worin mit großer Gelehrsamkeit eine Menge wunderbarer Dinge aus der heidnischen Welt aufgeführt werden. Bei jedem Beispiele wird dann die Frage aufgestellt: warum sollte nicht auch eine Jungfrau den Sohn des höchsten Vaters gebären? Sehr werthvoll ist auch ein in der Sammlung befindliches Exemplar des xylographischen Kalenders Johanns von Kunsperk (Königsberg in Franken), eines deutschen Astronomen von so großem Rufe, daß selbst der Papst Sixtus der Vierte denselben 1476 nach Rom berief, um durch ihn den Kalender verbessern zu lassen. Ein Exemplar seiner typographisch gedruckten Ephemeriden, eine Reihe von Kalendern von 1474—1494, wurde von Mathias Corvinus mit 800 Goldgulden bezahlt. Der xylographische Kalender stammt etwa aus 1473 und ist in Nürnberg erschienen, wie der Versasser nach¬ gewiesen hat. Das seltenste Werk der Sammlung unter den xylographischen Werken ist das Salve RoZilig., ein Buch, welches in Bildern, die durch einige Zeilen deutschen Textes erläutert werden, Scenen aus dem apokryphischen Leben der heiligen Jungfrau erzählt. Der Anfang und mit ihm der Titel fehlt. Man hat dem Buche - den Namen Linos Keging. darum gegeben, weil mehre Bilder darstellen, wie die heilige Jungfrau das Lalve üegMÄ singen lehrt. Dies Buch ist bis jetzt nur in diesem einen Exemplare bekannt. Es ist von „Lienhart czo Regenspurck" gemacht. An diese zahlreichen xylographischen Werke mit ihren handschriftlichen Vor¬ gängern und typographischen Nachfolgern schließt sich eine Mittheilung über eine reiche Sammlung von Spielkarten an. Es mag unentschieden bleiben, ob die ersten dieser Blätter wirklich als Spielkarten gedient haben. Die übrigen Facsimile zeigen aber Karten zum Theil von sehr eigenthümlicher Art, unter andern Thiere statt der Farben (Adler —Grün; Papagei^-Noth; Affen —Eichel; Löwe —Schellen), alle in schöner Gruppirung. Andere Karten sind sehr schön in Kupferstich ausgeführt, zum Theil von berühmten Meistern. Daran schließen sich eine große Anzahl von Schrotblättern. Schrot¬ blätter, vom deutschen Worte schroten, schneiden, heißen sie darum, weil die Bilder vertieft in die Platte geschnitten sind, so daß ihr Inhalt der Hauptsache nach farblos bleiben soll, während die erhabenen Stellen der Platte die Farbe aufnehmen und einen schwarzen Hintergrund bilden. Die Bilder der Grenzboten I. 18so. 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/275>, abgerufen am 23.07.2024.