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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Das xylographische Werk, Spoeulum dung-nah salvationis, welches die Hol--
lauter als die Hauptstütze für ihre Costersage ausgeben, kann schon nach der
Form der Typen erst in die Jahre 1470--1480 verlegt werden, und die Nach¬
richt, es seien vor Guttenberg die Dorade, Auszüge aus der größeren lateinischen
Grammatik des Aelius Donatus in Holland gedruckt worden, weist auf den
über Guttenberg und seine Erfindung ungenau und falsch berichteten Ulrich
Zell zurück und ist erst im Jahre 1499 in der kölner Chronik von Koelhof
gegeben worden. Die Sache ist unserer Ansicht nach, was die Person Costers
betrifft, von Wetter in seiner kritischen Geschichte der Erfindung der Buch¬
druckerkunst zwar vollständig abgethan, aber dennoch ließe sich denken, daß der
durch Ulrich Zell mitgetheilten Sage von den in Holland gedruckten Doraden
die Thatsache einer Anregung Guttenbergs zur Erfindung der Buchdruckerkunst
von Seiten Hollands zu Grund jiege, was einen Schein der Wahrheit für sich
haben könnte, da nachweislich 1442 in Antwerpen eine Zunft der Lediläers,
Honde-LiläLn^äei's, Verlientvi-s, I'rvnters, (Maler, Bildschnitzer,
Jlluministen und Drucker) vorhanden war, wie sich aus der Verordnung be¬
züglich der Gilde von Se. Lucas in den Archiven derselben zu Antwerpen er¬
giebt. Es war daher jedenfalls ein achtbarer Gedanke, alles was auf Druck-
kunst in Bild und Schrift aus dem fünfzehnten Jahrhundert aufzutreiben war,
zu sammeln, um daraus zu entscheiden, ob Guttenberg aus Holland zu seiner
Erfindung angeregt worden sei. Diesen Gedanken hat Herr T. O. Weigel
1840, im Jahre des Jubiläums der Buchdruckerkunst aufgefaßt und eine in
ihrer Art einzige Sammlung von Druckerzeugnissen zusammengebracht. Von
den Schätzen dieser Sammlung und den wissenschaftlichen Ergebnissen, welche
auf Grund derselben in der oben bezeichneten Publication dargelegt werden,
geben wir im Nachfolgenden ein gedrängtes Bild.

Die weigelsche Sammlung enthält: 1) eine Anzahl von Fragmenten ge¬
druckter Stoffe aus dem Mittelalter, welche zur Bekleidung der Priester und der
Altäre verwendet wurden; 2) eine große Reihe fliegender Blätter in Metallschnitt
und Holzschnitt; 3) eine bedeutende Zahl größerer Werke in Holzschnitt, zu
denen handschriftliche und typographische Darstellungen einzelner von diesen
Werken kommen; 4) eine Sammlung von Spielkarten, denen man früher die
Veranlassung zum Typendruck zuschrieb; 6) die reichste bisher bekannte Samm¬
lung der geschätzten Schrotblätter; 6) mehre Exemplare der äußerst seltnen
Teigdrucke, endlich 7) eine große Anzahl merkwürdiger Kupferstiche des
fünfzehnten Jahrhunderts.

Die gedruckten Zeuge in Seide und Leinwand stammen theils aus Italien,
theils aus Deutschland und reichen vom dreizehnten bis sechszehnten Jahr¬
hundert. Auf ihnen findet man Muster von seltner Schönheit und
Zartheit, die sich jeder Beschreibung entziehen und nur durch Betrachtung


Grenzboten I. 1866, 32

Das xylographische Werk, Spoeulum dung-nah salvationis, welches die Hol--
lauter als die Hauptstütze für ihre Costersage ausgeben, kann schon nach der
Form der Typen erst in die Jahre 1470—1480 verlegt werden, und die Nach¬
richt, es seien vor Guttenberg die Dorade, Auszüge aus der größeren lateinischen
Grammatik des Aelius Donatus in Holland gedruckt worden, weist auf den
über Guttenberg und seine Erfindung ungenau und falsch berichteten Ulrich
Zell zurück und ist erst im Jahre 1499 in der kölner Chronik von Koelhof
gegeben worden. Die Sache ist unserer Ansicht nach, was die Person Costers
betrifft, von Wetter in seiner kritischen Geschichte der Erfindung der Buch¬
druckerkunst zwar vollständig abgethan, aber dennoch ließe sich denken, daß der
durch Ulrich Zell mitgetheilten Sage von den in Holland gedruckten Doraden
die Thatsache einer Anregung Guttenbergs zur Erfindung der Buchdruckerkunst
von Seiten Hollands zu Grund jiege, was einen Schein der Wahrheit für sich
haben könnte, da nachweislich 1442 in Antwerpen eine Zunft der Lediläers,
Honde-LiläLn^äei's, Verlientvi-s, I'rvnters, (Maler, Bildschnitzer,
Jlluministen und Drucker) vorhanden war, wie sich aus der Verordnung be¬
züglich der Gilde von Se. Lucas in den Archiven derselben zu Antwerpen er¬
giebt. Es war daher jedenfalls ein achtbarer Gedanke, alles was auf Druck-
kunst in Bild und Schrift aus dem fünfzehnten Jahrhundert aufzutreiben war,
zu sammeln, um daraus zu entscheiden, ob Guttenberg aus Holland zu seiner
Erfindung angeregt worden sei. Diesen Gedanken hat Herr T. O. Weigel
1840, im Jahre des Jubiläums der Buchdruckerkunst aufgefaßt und eine in
ihrer Art einzige Sammlung von Druckerzeugnissen zusammengebracht. Von
den Schätzen dieser Sammlung und den wissenschaftlichen Ergebnissen, welche
auf Grund derselben in der oben bezeichneten Publication dargelegt werden,
geben wir im Nachfolgenden ein gedrängtes Bild.

Die weigelsche Sammlung enthält: 1) eine Anzahl von Fragmenten ge¬
druckter Stoffe aus dem Mittelalter, welche zur Bekleidung der Priester und der
Altäre verwendet wurden; 2) eine große Reihe fliegender Blätter in Metallschnitt
und Holzschnitt; 3) eine bedeutende Zahl größerer Werke in Holzschnitt, zu
denen handschriftliche und typographische Darstellungen einzelner von diesen
Werken kommen; 4) eine Sammlung von Spielkarten, denen man früher die
Veranlassung zum Typendruck zuschrieb; 6) die reichste bisher bekannte Samm¬
lung der geschätzten Schrotblätter; 6) mehre Exemplare der äußerst seltnen
Teigdrucke, endlich 7) eine große Anzahl merkwürdiger Kupferstiche des
fünfzehnten Jahrhunderts.

Die gedruckten Zeuge in Seide und Leinwand stammen theils aus Italien,
theils aus Deutschland und reichen vom dreizehnten bis sechszehnten Jahr¬
hundert. Auf ihnen findet man Muster von seltner Schönheit und
Zartheit, die sich jeder Beschreibung entziehen und nur durch Betrachtung


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[0267] Das xylographische Werk, Spoeulum dung-nah salvationis, welches die Hol-- lauter als die Hauptstütze für ihre Costersage ausgeben, kann schon nach der Form der Typen erst in die Jahre 1470—1480 verlegt werden, und die Nach¬ richt, es seien vor Guttenberg die Dorade, Auszüge aus der größeren lateinischen Grammatik des Aelius Donatus in Holland gedruckt worden, weist auf den über Guttenberg und seine Erfindung ungenau und falsch berichteten Ulrich Zell zurück und ist erst im Jahre 1499 in der kölner Chronik von Koelhof gegeben worden. Die Sache ist unserer Ansicht nach, was die Person Costers betrifft, von Wetter in seiner kritischen Geschichte der Erfindung der Buch¬ druckerkunst zwar vollständig abgethan, aber dennoch ließe sich denken, daß der durch Ulrich Zell mitgetheilten Sage von den in Holland gedruckten Doraden die Thatsache einer Anregung Guttenbergs zur Erfindung der Buchdruckerkunst von Seiten Hollands zu Grund jiege, was einen Schein der Wahrheit für sich haben könnte, da nachweislich 1442 in Antwerpen eine Zunft der Lediläers, Honde-LiläLn^äei's, Verlientvi-s, I'rvnters, (Maler, Bildschnitzer, Jlluministen und Drucker) vorhanden war, wie sich aus der Verordnung be¬ züglich der Gilde von Se. Lucas in den Archiven derselben zu Antwerpen er¬ giebt. Es war daher jedenfalls ein achtbarer Gedanke, alles was auf Druck- kunst in Bild und Schrift aus dem fünfzehnten Jahrhundert aufzutreiben war, zu sammeln, um daraus zu entscheiden, ob Guttenberg aus Holland zu seiner Erfindung angeregt worden sei. Diesen Gedanken hat Herr T. O. Weigel 1840, im Jahre des Jubiläums der Buchdruckerkunst aufgefaßt und eine in ihrer Art einzige Sammlung von Druckerzeugnissen zusammengebracht. Von den Schätzen dieser Sammlung und den wissenschaftlichen Ergebnissen, welche auf Grund derselben in der oben bezeichneten Publication dargelegt werden, geben wir im Nachfolgenden ein gedrängtes Bild. Die weigelsche Sammlung enthält: 1) eine Anzahl von Fragmenten ge¬ druckter Stoffe aus dem Mittelalter, welche zur Bekleidung der Priester und der Altäre verwendet wurden; 2) eine große Reihe fliegender Blätter in Metallschnitt und Holzschnitt; 3) eine bedeutende Zahl größerer Werke in Holzschnitt, zu denen handschriftliche und typographische Darstellungen einzelner von diesen Werken kommen; 4) eine Sammlung von Spielkarten, denen man früher die Veranlassung zum Typendruck zuschrieb; 6) die reichste bisher bekannte Samm¬ lung der geschätzten Schrotblätter; 6) mehre Exemplare der äußerst seltnen Teigdrucke, endlich 7) eine große Anzahl merkwürdiger Kupferstiche des fünfzehnten Jahrhunderts. Die gedruckten Zeuge in Seide und Leinwand stammen theils aus Italien, theils aus Deutschland und reichen vom dreizehnten bis sechszehnten Jahr¬ hundert. Auf ihnen findet man Muster von seltner Schönheit und Zartheit, die sich jeder Beschreibung entziehen und nur durch Betrachtung Grenzboten I. 1866, 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/267>, abgerufen am 22.07.2024.