Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.phrasenhaften Allgemeinheit hat sich dieser Meister nie und in keinem Stück Zu Ende der vierziger Jahre wurde an entscheidender Stelle ein längst phrasenhaften Allgemeinheit hat sich dieser Meister nie und in keinem Stück Zu Ende der vierziger Jahre wurde an entscheidender Stelle ein längst <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0252" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284722"/> <p xml:id="ID_870" prev="#ID_869"> phrasenhaften Allgemeinheit hat sich dieser Meister nie und in keinem Stück<lb/> vom Weg der Natur verirrt.</p><lb/> <p xml:id="ID_871" next="#ID_872"> Zu Ende der vierziger Jahre wurde an entscheidender Stelle ein längst<lb/> gehegter Plan zur Ausführung bestimmt, der für die gesammte berliner Bild¬<lb/> hauerschule epochemachend werden sollte. Es hatte bereits in Schinkels, des<lb/> Erbauers, Absicht gelegen, die Granitwürfel im Geländer der Schloßbrücke zu.<lb/> Berlin, welche vom Platz am Zeughaus nach dem Lustgarten über den Spree¬<lb/> arm hinüberführt, mit Marmorstatuen resp. Gruppen zu schmücken. Friedrich<lb/> Wilhelm der Vierte, damals immer noch leidenschaftlich für künstlerische Unter¬<lb/> nehmungen, besonders zur Verschönerung seiner Residenzen, interessirt. befahl<lb/> die endliche Realisirung dieses Projectes. Rauch und Tieck lehnten den Auf¬<lb/> trag ab oder stellten eine zu hohe Forderung. Es wurden daher die jüngern<lb/> Kräfte der berliner Schule zu seiner Uebernahme aufgerufen. Nur zwei von<lb/> den Ältern, Ludwig Wichmann (wie schon im vorigen Artikel erwähnt wurde)<lb/> und Emil Wolff (Schüler Schadows..seit frühe schon dauernd in Rom lebend<lb/> und in seiner dort gefundenen correcten und formalen antiken Bildung kaum<lb/> zur berliner Schule im engeren Sinn zu zählen) betheiligten sich mit daran.<lb/> Drake. Wredow und das eben erst in selbständiger Kraftentfaltung sich regende<lb/> jüngere Künstlergeschlecht der Albert. Wolfs, Bläser, Schievelbein. Möller über¬<lb/> nahmen die sechs übrigen Gruppen, die es in kolossalen Maßstab in Marmor<lb/> zu arbeiten galt. Zwischen dem Zeughaus und dem Herrschersitz des kriege¬<lb/> rischesten Fürstengeschlechts gelegen, paßt für eine solche Brücke ganz füglich eine<lb/> künstlerische Schmückung, wie die beabsichtigte, welcher als „Idee" die Verherr¬<lb/> lichung kriegerischer Erziehung. Tugenden. Thaten und des Heldentodes zu Grunde<lb/> liegt. Daß diese Idee in ein so consequent hellenisches Gewand gekleidet worden<lb/> ist, und jene mit den herrschenden modernen Anschauungen ebenso wie mit<lb/> den durchschnittlichen bürgerlichen Anstandsbegriffen in scharfen Widerstreit<lb/> tretende künstlerische Gestalt angenommen hat, in welcher die Brückengruppen<lb/> nunmehr erscheinen, das ist viel angefeindet und bekrittelt worden. Gewiß<lb/> wären Statuen von Helden unsers Volks oder von Gruppen seiner Streiter an<lb/> jener Stelle verständlicher und — anständiger gewesen für die Augen und Be¬<lb/> griffe de^r zeitgenössischen Berliner, welche die Brücke Passiren. Für unsre Bild¬<lb/> hauerkunst aber haben wir allen Grund, die vom Könige getroffne Wahl als<lb/> einen Segen anzusehen und zu preisen. Es ist für deren ganze Entwicklung<lb/> wohl eine entscheidend wichtige Frage gewesen, ob sie wieder einmal zu so<lb/> vielen andern ein halbes Dutzend Uniformträger mehr kolossal in Marmor<lb/> meißeln oder berufen werden sollte, ihre ganze Kraft an ebenso viele nackte<lb/> Heroen- und edel gewandete Göttinnengestalten zu setzen, daran weiter zu üben<lb/> und über das bisherige Maß hinaus zu steigern. Allmälig haben sich die an-<lb/> fänglich gegen diesen heidnisch symbolischen Brückenschmuck erregten Stürme be-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0252]
phrasenhaften Allgemeinheit hat sich dieser Meister nie und in keinem Stück
vom Weg der Natur verirrt.
Zu Ende der vierziger Jahre wurde an entscheidender Stelle ein längst
gehegter Plan zur Ausführung bestimmt, der für die gesammte berliner Bild¬
hauerschule epochemachend werden sollte. Es hatte bereits in Schinkels, des
Erbauers, Absicht gelegen, die Granitwürfel im Geländer der Schloßbrücke zu.
Berlin, welche vom Platz am Zeughaus nach dem Lustgarten über den Spree¬
arm hinüberführt, mit Marmorstatuen resp. Gruppen zu schmücken. Friedrich
Wilhelm der Vierte, damals immer noch leidenschaftlich für künstlerische Unter¬
nehmungen, besonders zur Verschönerung seiner Residenzen, interessirt. befahl
die endliche Realisirung dieses Projectes. Rauch und Tieck lehnten den Auf¬
trag ab oder stellten eine zu hohe Forderung. Es wurden daher die jüngern
Kräfte der berliner Schule zu seiner Uebernahme aufgerufen. Nur zwei von
den Ältern, Ludwig Wichmann (wie schon im vorigen Artikel erwähnt wurde)
und Emil Wolff (Schüler Schadows..seit frühe schon dauernd in Rom lebend
und in seiner dort gefundenen correcten und formalen antiken Bildung kaum
zur berliner Schule im engeren Sinn zu zählen) betheiligten sich mit daran.
Drake. Wredow und das eben erst in selbständiger Kraftentfaltung sich regende
jüngere Künstlergeschlecht der Albert. Wolfs, Bläser, Schievelbein. Möller über¬
nahmen die sechs übrigen Gruppen, die es in kolossalen Maßstab in Marmor
zu arbeiten galt. Zwischen dem Zeughaus und dem Herrschersitz des kriege¬
rischesten Fürstengeschlechts gelegen, paßt für eine solche Brücke ganz füglich eine
künstlerische Schmückung, wie die beabsichtigte, welcher als „Idee" die Verherr¬
lichung kriegerischer Erziehung. Tugenden. Thaten und des Heldentodes zu Grunde
liegt. Daß diese Idee in ein so consequent hellenisches Gewand gekleidet worden
ist, und jene mit den herrschenden modernen Anschauungen ebenso wie mit
den durchschnittlichen bürgerlichen Anstandsbegriffen in scharfen Widerstreit
tretende künstlerische Gestalt angenommen hat, in welcher die Brückengruppen
nunmehr erscheinen, das ist viel angefeindet und bekrittelt worden. Gewiß
wären Statuen von Helden unsers Volks oder von Gruppen seiner Streiter an
jener Stelle verständlicher und — anständiger gewesen für die Augen und Be¬
griffe de^r zeitgenössischen Berliner, welche die Brücke Passiren. Für unsre Bild¬
hauerkunst aber haben wir allen Grund, die vom Könige getroffne Wahl als
einen Segen anzusehen und zu preisen. Es ist für deren ganze Entwicklung
wohl eine entscheidend wichtige Frage gewesen, ob sie wieder einmal zu so
vielen andern ein halbes Dutzend Uniformträger mehr kolossal in Marmor
meißeln oder berufen werden sollte, ihre ganze Kraft an ebenso viele nackte
Heroen- und edel gewandete Göttinnengestalten zu setzen, daran weiter zu üben
und über das bisherige Maß hinaus zu steigern. Allmälig haben sich die an-
fänglich gegen diesen heidnisch symbolischen Brückenschmuck erregten Stürme be-
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