Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.den Umsturz und der ganzen gesellschaftlichen Ordnung in Europa den absoluten Ein Münchener Brief vom 9. August läßt uns erkennen, daß der Hos In Berlin stand von Anfang an der Entschluß des Königs fest, sich Der Adressat war Gesandter eines deutschen Kleinstaates in Wien und in Urlaub ab¬ wesend. ") Der französische Gesandte. ' -) Der Schreiber dieses Briefes, von dem mir nur eine Abschrift ohne Namensunterschrift vorliegt, ist. wie ich aus äußern und innern Gründen für sicher annehmen zu dürfen glaube. Herr v. Gent). Grenjbolm 111. 18vo. 8
den Umsturz und der ganzen gesellschaftlichen Ordnung in Europa den absoluten Ein Münchener Brief vom 9. August läßt uns erkennen, daß der Hos In Berlin stand von Anfang an der Entschluß des Königs fest, sich Der Adressat war Gesandter eines deutschen Kleinstaates in Wien und in Urlaub ab¬ wesend. ") Der französische Gesandte. ' -) Der Schreiber dieses Briefes, von dem mir nur eine Abschrift ohne Namensunterschrift vorliegt, ist. wie ich aus äußern und innern Gründen für sicher annehmen zu dürfen glaube. Herr v. Gent). Grenjbolm 111. 18vo. 8
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den Umsturz und der ganzen gesellschaftlichen Ordnung in Europa den absoluten
Untergang droht. Was wir auch von dem neuen Könige denken mögen, wir
sind gezwungen, wir sind nothgedrungen, seine Erhaltung zu wünschen; ear
apres lui — 1e äelliAö! Nehmen Sie hinzu, daß der Stand der Dinge
ein ganz anderer als im Jahre 1816. daß keine der großen Machte zum
Krieg gehörig vorbereitet ist, und Sie werden Sich nicht wundern, wenn 1s
iimmtiöll ac 1a paix von allen Seiten als das große Losungswort erschallt.
Heute müssen Sie Ihr tapferes Schwert noch in der Scheide halten; gebe
Gott, daß Sie es nicht allzufrüh in das Blut der Weltverderber tauchen
müssen. Ich sehne mich nach Ihrer Zurückkunft.*) Mit Ihnen zu sprechen
wird mir wohl thun. Sie werden mir Muth und Lebenslust einhauchen, die
mich allmälig verlassen. Nayneval**) geht morgen, ungerufen und auf gut
Glück, nach Paris. Ich sehe aus den neuesten Berichten, daß man uns Herrn
Aulaire als außerordentlichen Gesandten schicken will. Alles, was wir von
Paris hören, lautet finster und halsbrechend. Leben Sie wohl und sehen Sie
in diesen Zeilen das unruhige, geängstigte Gemüth, zugleich aber die unerschütter-
liche Anhänglichkeit Ihres :c. u."***)
Ein Münchener Brief vom 9. August läßt uns erkennen, daß der Hos
und seine Anhänger dieselben kriegerischen Gesinnungen hegten, die den von
Wien aus zur Ruhe ernährten General beseelten, während die Bevölkerung
von ganz entgegengesetzten Antipathien erregt wurde. Voll Bewunderung des
Betragens und der Tapferkeit der pariser Bevölkerung und voll Abscheu gegen
die unloyalen und feigen Handlungen des Ministeriums — so meldet unser
Gewährsmann — brenne man in München vor Begierde, sich mit den Franzosen
zu vereinigen und mit ihnen gegen Oestreich ins Feld zu ziehen, dem man
Schuld gebe, die dem König Karl so verderblichen Ordonnanzen unter der
Hand begünstigt zu haben. Es breche der ganze Haß wieder hervor, der den
Bayern gegen ihre Nachbarn angeboren zu sein scheine. Im Gegensatz zu dieser
Stimmung des Volkes scheine die ultra-royalistische und die fromme Partei
(I» collsr6gg>tivll) sehr bestürzt und athme nur Rache gegen die französischen
Revolutionäre.
In Berlin stand von Anfang an der Entschluß des Königs fest, sich
nicht in die Angelegenheiten Frankreichs zu mischen, und die ersten Staats¬
männer ertheilten ihm ihre ungetheilte Billigung. Dennoch fühlte man sich
Der Adressat war Gesandter eines deutschen Kleinstaates in Wien und in Urlaub ab¬
wesend.
") Der französische Gesandte.
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-) Der Schreiber dieses Briefes, von dem mir nur eine Abschrift ohne Namensunterschrift
vorliegt, ist. wie ich aus äußern und innern Gründen für sicher annehmen zu dürfen glaube.
Herr v. Gent).
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