Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.gen hofft. Doch sie drängt, da sie ihn über den Schmerz der Trennung von 34
gen hofft. Doch sie drängt, da sie ihn über den Schmerz der Trennung von 34
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0623" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284450"/> <p xml:id="ID_1809" prev="#ID_1808"> gen hofft. Doch sie drängt, da sie ihn über den Schmerz der Trennung von<lb/> der Theuren klagen hört, alles Mitleid mit sich selber zurück und tulit den<lb/> Schlafenden, dem sie Kühlung zufächelt, durch ihren Gesang wieder zu sanfterer<lb/> Ruhe ein. Unterdeß ist Nelusco, der die Anwesenheit Selicas nicht bemerkt,<lb/> eingetreten, um Vasco zu tödten. Es dünkt ihm ein Schimpf, daß die große<lb/> Königin seines Volkes die Sklavin des hier eingekerkerten Weißen bleiben soll.<lb/> Selica wirft sich zwischen Neluscos gezückten Dolch und den schlafenden Vasco.<lb/> Sie will den Wilden zurückhalten, er aber, getrieben von unbewußter Eifer¬<lb/> sucht, Haß gegen den Europäer, der Selica und ihm die Freiheit geraubt, und<lb/> von dem dunkeln Gefühl, daß gerade dieser nimmer im Geist« von seinen<lb/> Plänen ablassende Mann seinem Vaterlande am gefährlichsten, will sich aber¬<lb/> mals auf ihn stürzen. Ueber seinem Ringen mit Selica erwacht Vasco. Selica<lb/> weiß ihn glücklich über die Situation zu täuschen. Nelusco schleicht sich davon,<lb/> während sie Vascos Studien vor einer Seekarte, unbemerkt von ihm, folgt,<lb/> bei denen er sich bemüht, einen Weg um das Ccip zu finden. Sie lehnt sich<lb/> über seine Schulter und zeichnet eine andere Linie auf die Karte. Vasco ge¬<lb/> räth in freudige Bestürzung und vernimmt nun von ihr, die in ihrer Liebe zu<lb/> ihm ihr bisheriges Schweigen bricht, Kunde über ihr Land und über den See¬<lb/> weg, auf welchem dahin zu gelangen. Sein feurig Selica dargebrachter Dank<lb/> wird durch den Eintritt Don Petros und der Donna Ines in den Kerker unter¬<lb/> brochen. Ines verkündet ihm Freiheit, die sie durch ihren Vater und Don<lb/> Pedro für ihn erwirkt. Ihre Berufung auf den letzteren befremdet Vasco,<lb/> nicht weniger ihre Kälte gegen ihn. Er erräth, daß die Anwesenheit Selicas<lb/> in seinem Kerker die Geliebte mit einem für ihn entehrenden Verdacht erfülle,<lb/> und versichert, daß er zu ihr' in keiner andern Beziehung als der des Herrn<lb/> zur Dienerin stehe. Um ihr dies zu beweisen, bietet er ihr Selica und Nelusco<lb/> zum Geschenk an. „O Grausamkeit!" ruft Ines aus. Vasco dringt vergeblich<lb/> in sie, sich zu erklären, und erfährt endlich von Pedro, daß Ines dessen Gattin.<lb/> Es wird ihm nun auch deutlich, daß man Ines über ihn getäuscht. Sie be¬<lb/> stätigt dies und erklärt, daß man ihr nur die Wahl gelassen, ihn, den „Unge¬<lb/> treuen", den sie trotzdem immer noch geliebt, sterben zu sehen, oder Pedro die<lb/> Hand zu reichen. Dem allen fügt Pedro noch, den Unglücklichen ganz zu zer¬<lb/> schmettern, die Mittheilung hinzu, daß ihm König Emanuel die Führung einer<lb/> Flotte anvertraut, um die von Diaz begonnenen Entdeckungen, die in Vascos<lb/> Händen doch nur verloren gewesen sein würden, zu Ende zu führen. „Ha!"<lb/> ruft Vasco aus, „und dabei wollt ihr Euch meiner Karten und Pläne bedie¬<lb/> nen, die ich Euch arglos vor der Abstimmung im Staatsrath überlieferte."<lb/> Pedro versichert höhnisch, er habe diese Machwerke bereits dem Feuer über-<lb/> geben und zieht die halb ohnmächtige Ines, die Vasco nur noch zuzurufen ver¬<lb/> mag: „Dort oben winkt uns Wiedersehen!" triumphirend mit sich fort.<lb/> *</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 34</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0623]
gen hofft. Doch sie drängt, da sie ihn über den Schmerz der Trennung von
der Theuren klagen hört, alles Mitleid mit sich selber zurück und tulit den
Schlafenden, dem sie Kühlung zufächelt, durch ihren Gesang wieder zu sanfterer
Ruhe ein. Unterdeß ist Nelusco, der die Anwesenheit Selicas nicht bemerkt,
eingetreten, um Vasco zu tödten. Es dünkt ihm ein Schimpf, daß die große
Königin seines Volkes die Sklavin des hier eingekerkerten Weißen bleiben soll.
Selica wirft sich zwischen Neluscos gezückten Dolch und den schlafenden Vasco.
Sie will den Wilden zurückhalten, er aber, getrieben von unbewußter Eifer¬
sucht, Haß gegen den Europäer, der Selica und ihm die Freiheit geraubt, und
von dem dunkeln Gefühl, daß gerade dieser nimmer im Geist« von seinen
Plänen ablassende Mann seinem Vaterlande am gefährlichsten, will sich aber¬
mals auf ihn stürzen. Ueber seinem Ringen mit Selica erwacht Vasco. Selica
weiß ihn glücklich über die Situation zu täuschen. Nelusco schleicht sich davon,
während sie Vascos Studien vor einer Seekarte, unbemerkt von ihm, folgt,
bei denen er sich bemüht, einen Weg um das Ccip zu finden. Sie lehnt sich
über seine Schulter und zeichnet eine andere Linie auf die Karte. Vasco ge¬
räth in freudige Bestürzung und vernimmt nun von ihr, die in ihrer Liebe zu
ihm ihr bisheriges Schweigen bricht, Kunde über ihr Land und über den See¬
weg, auf welchem dahin zu gelangen. Sein feurig Selica dargebrachter Dank
wird durch den Eintritt Don Petros und der Donna Ines in den Kerker unter¬
brochen. Ines verkündet ihm Freiheit, die sie durch ihren Vater und Don
Pedro für ihn erwirkt. Ihre Berufung auf den letzteren befremdet Vasco,
nicht weniger ihre Kälte gegen ihn. Er erräth, daß die Anwesenheit Selicas
in seinem Kerker die Geliebte mit einem für ihn entehrenden Verdacht erfülle,
und versichert, daß er zu ihr' in keiner andern Beziehung als der des Herrn
zur Dienerin stehe. Um ihr dies zu beweisen, bietet er ihr Selica und Nelusco
zum Geschenk an. „O Grausamkeit!" ruft Ines aus. Vasco dringt vergeblich
in sie, sich zu erklären, und erfährt endlich von Pedro, daß Ines dessen Gattin.
Es wird ihm nun auch deutlich, daß man Ines über ihn getäuscht. Sie be¬
stätigt dies und erklärt, daß man ihr nur die Wahl gelassen, ihn, den „Unge¬
treuen", den sie trotzdem immer noch geliebt, sterben zu sehen, oder Pedro die
Hand zu reichen. Dem allen fügt Pedro noch, den Unglücklichen ganz zu zer¬
schmettern, die Mittheilung hinzu, daß ihm König Emanuel die Führung einer
Flotte anvertraut, um die von Diaz begonnenen Entdeckungen, die in Vascos
Händen doch nur verloren gewesen sein würden, zu Ende zu führen. „Ha!"
ruft Vasco aus, „und dabei wollt ihr Euch meiner Karten und Pläne bedie¬
nen, die ich Euch arglos vor der Abstimmung im Staatsrath überlieferte."
Pedro versichert höhnisch, er habe diese Machwerke bereits dem Feuer über-
geben und zieht die halb ohnmächtige Ines, die Vasco nur noch zuzurufen ver¬
mag: „Dort oben winkt uns Wiedersehen!" triumphirend mit sich fort.
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