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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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auch dem Wortlaut nach genehmigt, sonach in den Ministerconferenzen
als bereits feststehend keiner weiteren Discussion unterzogen würden."

"Um übrigens allen Umständen zuvorzukommen," so schloß das Prome-
moria, "welche je nach den Verfassungsverhältnissen der einzelnen Staaten bei
den Mitgliedern der Konferenz gegen Erklärungen von definitiv verpflichtenden
Charakter obwalten könnten," glaube der Kaiser mit den vorher entwickelten
Vorschlägen "noch die weitere Bemerkung verbinden zu sollen, daß es sich em¬
pfehlen dürfte, bei allen in der Fürstenconferenz erfolgenden Erklärungen von
bindenden Charakter, insofern dieselben nach den Einrichtungen des betreffenden
Staates den Vorbehalt der Zustimmung der constitutionellen Körperschaften er"
förderlich erscheinen lassen sollten, allgemein und ohne daß dies jedesmal noch
besonders ausgedrückt werden müßte, diesen Vorbehalt als einen selbstverständ¬
lichen zu betrachten."

Der Großherzog von Baden antwortete hieraus durch Noggenbach ablehnend.
"Die großherzogliche Negierung läugnete erstens die Nichtigkeit der Folgerung,
weil der Großherzog in dem östreichischen Entwurf eine genügende Grundlage
für die Verhandlungen anerkannt, dürften die Bedenken, die er oder ein andres
Mitglied der Conferenz gegen Einzelnheiten desselben hegen könnte, sich nicht
gegen dessen leitende Gedanken richten. Ferner stellte "die großherzogliche Re¬
gierung" für sich in Abrede, daß die unveränderte Annahme des Entwurfs ihr
erwünschter sein würde als ein Auseinandergehen der Ansichten. Darauf hin
währte Baden ausdrücklich seine Freiheit mit dem Vorbehalt, daß der Gro߬
herzog für seine Regierung "die Erklärung über Annahme oder Nichtannahme
der Reformacte für den Schluß der Gesammtberathung aller einzelnen Artikel
reservire". "Zu der vorgeschlagenen Festsetzung (einzelner Artikel) im Wortlaute
könnte am wenigsten eine Geschäftsordnung entbehrt werden, welche der
hohen Versammlung ermöglicht, auf bestimmte und gemeinsam gebilligte Vor¬
bedingungen gestützte Beschlüsse zu fassen und einen Gegensatz von Meinungen
durch Abwägen der Stimmenzahl sicher zu stellen." Bis "diese Voraus¬
setzung einer jeden Beschlußfassung" gewonnen sei "und unter Zusammenwirken
aller Factoren, welche zur Vornahme einer giltigen Negierungshandlung in
den einzelnen Staaten verfassungsmäßig verordnet" seien (d. h, unter Mitwir¬
kung nicht blos der Stände, sondern auch der verantwortlichen Minister, welche
das Schreiben später ausdrücklich hervorhebt), eine Negularisirung des Verhält¬
nisses stattgefunden" habe, "in welchem die Aussprüche der Versammlung gegen¬
über den einzelnen Betheiligten stünden, sei der Großherzog nicht in dem Falle,
"derselben irgendeinen bestimmenden Einfluß auf die künftigen Entschließungen
seiner Negierung einzuräumen".

In der dritten Sitzung der Conferenz nun erwähnte der Kaiser den ersten
Vorschlag des Promemoria. den also, daß es in allen denjenigen Punkten, in


auch dem Wortlaut nach genehmigt, sonach in den Ministerconferenzen
als bereits feststehend keiner weiteren Discussion unterzogen würden."

„Um übrigens allen Umständen zuvorzukommen," so schloß das Prome-
moria, „welche je nach den Verfassungsverhältnissen der einzelnen Staaten bei
den Mitgliedern der Konferenz gegen Erklärungen von definitiv verpflichtenden
Charakter obwalten könnten," glaube der Kaiser mit den vorher entwickelten
Vorschlägen „noch die weitere Bemerkung verbinden zu sollen, daß es sich em¬
pfehlen dürfte, bei allen in der Fürstenconferenz erfolgenden Erklärungen von
bindenden Charakter, insofern dieselben nach den Einrichtungen des betreffenden
Staates den Vorbehalt der Zustimmung der constitutionellen Körperschaften er«
förderlich erscheinen lassen sollten, allgemein und ohne daß dies jedesmal noch
besonders ausgedrückt werden müßte, diesen Vorbehalt als einen selbstverständ¬
lichen zu betrachten."

Der Großherzog von Baden antwortete hieraus durch Noggenbach ablehnend.
„Die großherzogliche Negierung läugnete erstens die Nichtigkeit der Folgerung,
weil der Großherzog in dem östreichischen Entwurf eine genügende Grundlage
für die Verhandlungen anerkannt, dürften die Bedenken, die er oder ein andres
Mitglied der Conferenz gegen Einzelnheiten desselben hegen könnte, sich nicht
gegen dessen leitende Gedanken richten. Ferner stellte „die großherzogliche Re¬
gierung" für sich in Abrede, daß die unveränderte Annahme des Entwurfs ihr
erwünschter sein würde als ein Auseinandergehen der Ansichten. Darauf hin
währte Baden ausdrücklich seine Freiheit mit dem Vorbehalt, daß der Gro߬
herzog für seine Regierung „die Erklärung über Annahme oder Nichtannahme
der Reformacte für den Schluß der Gesammtberathung aller einzelnen Artikel
reservire". „Zu der vorgeschlagenen Festsetzung (einzelner Artikel) im Wortlaute
könnte am wenigsten eine Geschäftsordnung entbehrt werden, welche der
hohen Versammlung ermöglicht, auf bestimmte und gemeinsam gebilligte Vor¬
bedingungen gestützte Beschlüsse zu fassen und einen Gegensatz von Meinungen
durch Abwägen der Stimmenzahl sicher zu stellen." Bis „diese Voraus¬
setzung einer jeden Beschlußfassung" gewonnen sei „und unter Zusammenwirken
aller Factoren, welche zur Vornahme einer giltigen Negierungshandlung in
den einzelnen Staaten verfassungsmäßig verordnet" seien (d. h, unter Mitwir¬
kung nicht blos der Stände, sondern auch der verantwortlichen Minister, welche
das Schreiben später ausdrücklich hervorhebt), eine Negularisirung des Verhält¬
nisses stattgefunden" habe, „in welchem die Aussprüche der Versammlung gegen¬
über den einzelnen Betheiligten stünden, sei der Großherzog nicht in dem Falle,
„derselben irgendeinen bestimmenden Einfluß auf die künftigen Entschließungen
seiner Negierung einzuräumen".

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Vorschlag des Promemoria. den also, daß es in allen denjenigen Punkten, in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/606>, abgerufen am 15.01.2025.