Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Altwerder bei Kolberg, 16 Juli 1807. -- Gestern waren die beiden Majors Wollin, 11. August 1807. -- Wir treiben uns hier in Pommern und auf Altwerder bei Kolberg, 16 Juli 1807. — Gestern waren die beiden Majors Wollin, 11. August 1807. — Wir treiben uns hier in Pommern und auf <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0566" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283919"/> <p xml:id="ID_1619"> Altwerder bei Kolberg, 16 Juli 1807. — Gestern waren die beiden Majors<lb/> und ich zum Commandanten nach Kolberg gebeten. Wir ritten früh hinein<lb/> und wurden sehr gut aufgenommen, alles was man uns zu Gefallen thun<lb/> konnte geschah. Wir mußten bei dem Commandanten speisen und wurden<lb/> herrlich tractirt, was uns aber am meisten freute, war, daß wir wieder wie<lb/> andere Menschen an einem ordentlichen Tisch saßen, auf Stühlen, und Löffel,<lb/> Messer und Gabeln hatten, kurz, so manche Bequemlichkeit, deren wir in 10<lb/> Wochen ganz entwöhnt waren. Der Commandant, ein charmanter Mann, alle<lb/> Offiziers, die vornehmen Bürger, kurz jedermann behandelte uns aus das<lb/> Artigste, und es wurde so viel vom Belagerungsdienst geredet, daß wir etwas<lb/> Mühe hatten, den Weg nach Hause zu finden, ohngeachtet es Heller Tag war.<lb/> Heute kommen mehre preußische Offiziers zu uns, und wir haben für etwas<lb/> kalte Küche und kalten Punsch gesorgt, womit wir ihnen eine Ehre erweisen<lb/> wollen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1620" next="#ID_1621"> Wollin, 11. August 1807. — Wir treiben uns hier in Pommern und auf<lb/> dieser Insel von einem Ort zu dem andern herum und sehen jeden Augenblick<lb/> der unglücklichen Ordre entgegen, mit zu der Belagerung von Stralsund zu<lb/> müssen, die jetzo heftiger als je betrieben wird. Der Himmel behüte uns davor,<lb/> denn das halbe jetzige Regiment würde gewiß desertiren, so satt haben sie des<lb/> Belagerungskrieges noch von Kolberg her, und haben sich schon so sehr auf den<lb/> Rückmarsch nach Hause gefreut. Hierzu sieht man aber bei uns nicht die min¬<lb/> desten Anstalten und es scheint wir sollen die Letzten sein, oder noch mit den<lb/> Schweden uns messen. — Gestern bin ich erst hier wieder bei dem Regiment<lb/> eingerückt, nachdem ich mit 1S0 Mann auf Commando in Swinemünde ge¬<lb/> standen habe. Dieses ist eine kleine allerliebste Stadt mit einem Hafen, der<lb/> durch den Ausfluß der Swine, welches ein Arm von der Oder ist, gebildet<lb/> wird; hier halten einige schwedische und englische Schiffe, sperren den Hafen<lb/> und drohen immer mit einer Landung. Noch zur Zeit sind sie zu schwach, um<lb/> dieses bewerkstelligen zu können; allein man muß doch immer auch gegen eine<lb/> kleine Partie auf seiner Hut sein. — Alles ging sehr ruhig ab, ausgenommen<lb/> den 3ten d^ M. wurde die Küste, die wir besetzt hatten, durch ein schwedisches<lb/> und zwei englische Schiffe derb beschossen, doch ohne den mindesten Schaden<lb/> zu thun. Nachdem ich 14 Tage dort gestanden, wurde ich durch einen Kameraden<lb/> abgelöst und mußte hierher marschiren. wo unterdessen mein Bataillon einge¬<lb/> rückt war, vorhero standen wir in Camin. Swinemünde ist das schönste<lb/> Städtchen im preußischen Lande und liegt äußerst romantisch. Lauter schnur¬<lb/> gerade Straßen und rechtwinklig durchschnitten, alle Häuser nur ein Stockwerk<lb/> hoch und von rothen Backsteinen aufgebaut, vor einem jeden Hause ein Paar<lb/> Linden, welche regulär beschnitten sind und eine fortlaufende Allee bilden, der<lb/> Hafen voller Schiffe, so daß man sagen kann, man sieht einen Wald von Mast-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0566]
Altwerder bei Kolberg, 16 Juli 1807. — Gestern waren die beiden Majors
und ich zum Commandanten nach Kolberg gebeten. Wir ritten früh hinein
und wurden sehr gut aufgenommen, alles was man uns zu Gefallen thun
konnte geschah. Wir mußten bei dem Commandanten speisen und wurden
herrlich tractirt, was uns aber am meisten freute, war, daß wir wieder wie
andere Menschen an einem ordentlichen Tisch saßen, auf Stühlen, und Löffel,
Messer und Gabeln hatten, kurz, so manche Bequemlichkeit, deren wir in 10
Wochen ganz entwöhnt waren. Der Commandant, ein charmanter Mann, alle
Offiziers, die vornehmen Bürger, kurz jedermann behandelte uns aus das
Artigste, und es wurde so viel vom Belagerungsdienst geredet, daß wir etwas
Mühe hatten, den Weg nach Hause zu finden, ohngeachtet es Heller Tag war.
Heute kommen mehre preußische Offiziers zu uns, und wir haben für etwas
kalte Küche und kalten Punsch gesorgt, womit wir ihnen eine Ehre erweisen
wollen. —
Wollin, 11. August 1807. — Wir treiben uns hier in Pommern und auf
dieser Insel von einem Ort zu dem andern herum und sehen jeden Augenblick
der unglücklichen Ordre entgegen, mit zu der Belagerung von Stralsund zu
müssen, die jetzo heftiger als je betrieben wird. Der Himmel behüte uns davor,
denn das halbe jetzige Regiment würde gewiß desertiren, so satt haben sie des
Belagerungskrieges noch von Kolberg her, und haben sich schon so sehr auf den
Rückmarsch nach Hause gefreut. Hierzu sieht man aber bei uns nicht die min¬
desten Anstalten und es scheint wir sollen die Letzten sein, oder noch mit den
Schweden uns messen. — Gestern bin ich erst hier wieder bei dem Regiment
eingerückt, nachdem ich mit 1S0 Mann auf Commando in Swinemünde ge¬
standen habe. Dieses ist eine kleine allerliebste Stadt mit einem Hafen, der
durch den Ausfluß der Swine, welches ein Arm von der Oder ist, gebildet
wird; hier halten einige schwedische und englische Schiffe, sperren den Hafen
und drohen immer mit einer Landung. Noch zur Zeit sind sie zu schwach, um
dieses bewerkstelligen zu können; allein man muß doch immer auch gegen eine
kleine Partie auf seiner Hut sein. — Alles ging sehr ruhig ab, ausgenommen
den 3ten d^ M. wurde die Küste, die wir besetzt hatten, durch ein schwedisches
und zwei englische Schiffe derb beschossen, doch ohne den mindesten Schaden
zu thun. Nachdem ich 14 Tage dort gestanden, wurde ich durch einen Kameraden
abgelöst und mußte hierher marschiren. wo unterdessen mein Bataillon einge¬
rückt war, vorhero standen wir in Camin. Swinemünde ist das schönste
Städtchen im preußischen Lande und liegt äußerst romantisch. Lauter schnur¬
gerade Straßen und rechtwinklig durchschnitten, alle Häuser nur ein Stockwerk
hoch und von rothen Backsteinen aufgebaut, vor einem jeden Hause ein Paar
Linden, welche regulär beschnitten sind und eine fortlaufende Allee bilden, der
Hafen voller Schiffe, so daß man sagen kann, man sieht einen Wald von Mast-
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