Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.dem Temps noch vertreten: der Avenir national, die Presse, der Courrier du Es lag darin eine erfreuliche Anerkennung des Werths der disrheinischen Es kann dem aufmerksamer Beobachtenden nicht entgehen, daß das inter- dem Temps noch vertreten: der Avenir national, die Presse, der Courrier du Es lag darin eine erfreuliche Anerkennung des Werths der disrheinischen Es kann dem aufmerksamer Beobachtenden nicht entgehen, daß das inter- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0502" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283855"/> <p xml:id="ID_1450" prev="#ID_1449"> dem Temps noch vertreten: der Avenir national, die Presse, der Courrier du<lb/> Bas-Rhin. das Journal des Economistes, die Association.</p><lb/> <p xml:id="ID_1451"> Es lag darin eine erfreuliche Anerkennung des Werths der disrheinischen<lb/> Bestrebungen auf diesem Gebiet, und wie die Franzosen kamen, um zu lernen,<lb/> so können ohne Zweifel auch wir durch häufigere Berührung lernen in den<lb/> Stücken, in welchen unsre Nachbarn überlegen sind. Noch mehr. Es ist zum<lb/> Gemeinplatz geworden, daß unsere Versammlungen und Feste hauptsachlich den<lb/> Sinn haben, die Deutschen verschiedener Landschaften einander näher zu bringen<lb/> und dadurch zur Aufhebung trennender Vorurtheile und Mißverhältnisse beizu¬<lb/> tragen. In ähnlicher Weise werden nun auch häufigere Begegnungen von Volk<lb/> zu Volk dazu beitragen, hergebrachte Urtheile zu berichtigen und gegenseitiges<lb/> Verständniß zu fördern. Aber es knüpft sich hieran noch eine ernste Be¬<lb/> merkung.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1452" next="#ID_1453"> Es kann dem aufmerksamer Beobachtenden nicht entgehen, daß das inter-<lb/> nationale Element eine immer größere Rolle zu spielen berufen ist. Die Welt¬<lb/> ausstellungen haben das Signal gegeben. Selbst die kolossalen Kriegsmittel<lb/> der Nationen müssen in unsern Tagen zu friedlichen Schaustellungen dienen.<lb/> Bei nationalen Festlichkeiten gewöhnt man sich daran, die Vertretung befreun¬<lb/> deter Völker als einen unentbehrlichen Schmuck zu begrüßen. Auch auf unsern<lb/> deutschen Festen tritt dies mit jedem Jahre deutlicher hervor, und wir werden<lb/> um einer kleinlichen Empfindlichkeit willen nicht auf die Länge den Italienern<lb/> den Eintritt in unsere Festhalten verwehren können. Es mag diese Mischung<lb/> der Völkerindividualitäten nicht nach jedermanns Geschmack sein, aber sie ist<lb/> unvermeidlich, sie hängt eng zusammen mit der Entwicklung, welche das moderne<lb/> Völkerleben überhaupt genommen hat. sie ist nur ein Ausdruck der unbestreit¬<lb/> baren Wahrheit, daß die abendländischen Völker sich als eine Gemeinschaft<lb/> fühlen, die, wenn auch die Zeit vorübergehender Störungen sicher nicht vorbei<lb/> ist, dennoch jetzt schon durch ein Band gemeinsamer geistiger und materieller<lb/> Interessen zusammengehalten ist, welches eben solche Störungen nur als vor¬<lb/> übergehende empfinden läßt und die Nachwirkungen vergangener Kriege und<lb/> Erschütterungen immer unschädlicher machen wird. Da stößt nun aber die<lb/> seltsame Anomalie auf, daß eine Nation in diesen Völkerverkehr einzutreten<lb/> berufen ist, welche selbst noch keine Nation ist. Während die anderen Völker<lb/> uns zu gemeinsamer Arbeit an den Aufgaben der Menschheit aufrufen, sind<lb/> wir gefesselt durch das Bleigewicht unsrer eigenen Unfertigkeit, und der Geist<lb/> der internationalen Völkerassociation pocht an unsere Pforte, bevor wir den<lb/> eigenen Bau unter Dach und Fach gebracht haben. Es ist dies nicht blos eine<lb/> Anomalie, sondern eine Gefahr. Nur ein im Staate gefestigtes Volksthu»'<lb/> vermag in dem Wettstreit der Nationen das Recht seiner Individualität zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0502]
dem Temps noch vertreten: der Avenir national, die Presse, der Courrier du
Bas-Rhin. das Journal des Economistes, die Association.
Es lag darin eine erfreuliche Anerkennung des Werths der disrheinischen
Bestrebungen auf diesem Gebiet, und wie die Franzosen kamen, um zu lernen,
so können ohne Zweifel auch wir durch häufigere Berührung lernen in den
Stücken, in welchen unsre Nachbarn überlegen sind. Noch mehr. Es ist zum
Gemeinplatz geworden, daß unsere Versammlungen und Feste hauptsachlich den
Sinn haben, die Deutschen verschiedener Landschaften einander näher zu bringen
und dadurch zur Aufhebung trennender Vorurtheile und Mißverhältnisse beizu¬
tragen. In ähnlicher Weise werden nun auch häufigere Begegnungen von Volk
zu Volk dazu beitragen, hergebrachte Urtheile zu berichtigen und gegenseitiges
Verständniß zu fördern. Aber es knüpft sich hieran noch eine ernste Be¬
merkung.'
Es kann dem aufmerksamer Beobachtenden nicht entgehen, daß das inter-
nationale Element eine immer größere Rolle zu spielen berufen ist. Die Welt¬
ausstellungen haben das Signal gegeben. Selbst die kolossalen Kriegsmittel
der Nationen müssen in unsern Tagen zu friedlichen Schaustellungen dienen.
Bei nationalen Festlichkeiten gewöhnt man sich daran, die Vertretung befreun¬
deter Völker als einen unentbehrlichen Schmuck zu begrüßen. Auch auf unsern
deutschen Festen tritt dies mit jedem Jahre deutlicher hervor, und wir werden
um einer kleinlichen Empfindlichkeit willen nicht auf die Länge den Italienern
den Eintritt in unsere Festhalten verwehren können. Es mag diese Mischung
der Völkerindividualitäten nicht nach jedermanns Geschmack sein, aber sie ist
unvermeidlich, sie hängt eng zusammen mit der Entwicklung, welche das moderne
Völkerleben überhaupt genommen hat. sie ist nur ein Ausdruck der unbestreit¬
baren Wahrheit, daß die abendländischen Völker sich als eine Gemeinschaft
fühlen, die, wenn auch die Zeit vorübergehender Störungen sicher nicht vorbei
ist, dennoch jetzt schon durch ein Band gemeinsamer geistiger und materieller
Interessen zusammengehalten ist, welches eben solche Störungen nur als vor¬
übergehende empfinden läßt und die Nachwirkungen vergangener Kriege und
Erschütterungen immer unschädlicher machen wird. Da stößt nun aber die
seltsame Anomalie auf, daß eine Nation in diesen Völkerverkehr einzutreten
berufen ist, welche selbst noch keine Nation ist. Während die anderen Völker
uns zu gemeinsamer Arbeit an den Aufgaben der Menschheit aufrufen, sind
wir gefesselt durch das Bleigewicht unsrer eigenen Unfertigkeit, und der Geist
der internationalen Völkerassociation pocht an unsere Pforte, bevor wir den
eigenen Bau unter Dach und Fach gebracht haben. Es ist dies nicht blos eine
Anomalie, sondern eine Gefahr. Nur ein im Staate gefestigtes Volksthu»'
vermag in dem Wettstreit der Nationen das Recht seiner Individualität zu
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