sichtigkeit der Form vereinigen. Ein Engländer bewunderte ein der äömoeiirtio en ^.muriciuö ganz besonders, daß Tocguevillc die allgemeinen Ideen so völlig vermieden habe. Nun braucht man aber nur das erste beste Capitel des Buches zu lesen, um von der Fülle allgemeiner Gedanken überrascht und gefesselt zu werden. Das Wahre ist. wie Beaumont richtig sagt, daß die allgemeinen Ideen in reicher Fülle vorhanden sind, daß ein minder aufmerksamer Leser sie aber nicht bemerkt, weil sie stets in individuelle Form (t'i^eng partteuliörv) "ngekleidet sind, daher das Schlagende, Einleuchtende seiner Beweisführung, die außerordentliche Schönheit der Entwickelung, die. mag sie auch zum Theil im Charakter der französischen Sprache und Darstellungsweise begründet sein, doch Tocqueville vorzugsweise eigen ist. Jeder Gedanke regt unser Nachdenken an; über den Sinn und Zusammenhang des Gedankens sind wir dagegen fast nir¬ gends in Zweifel, wir folgen der tiefsinnigsten Entwickelung mit demselben, obigen und sicheren, durch keinen Anstoß an stilistische Schwierigkeiten oder logische Dunkelheiten unterbrochenen Interesse, mit dem wir eine gut geschriebene, spannende Erzählung verfolgen; wir verstehen sofort, aber das leicht und sicher gewonnene Verständniß setzt unsere ganze Denkthätigkeit zu einer erneuten Be¬ schäftigung mit dem rasch Verstandenen, zu immer tieferen Eindringen in das¬ selbe an. Diese Eigenschaft der vollendeten Klarheit, der absoluten Bewältigung des Stoffes, in der die Classicitcit des Tvcquevilleschen Stiles beruht, tritt in diesem Fragmente aufs glänzendste hervor. Eine Analyse ihres trotz ihrer Kürze sehr reichen Inhalts zu geben, würde uns hier zu weit führen; vielleicht findet sich später eine Gelegenheit dazu; für diesmal beabsichtigen wir vorzugsweise seine Briefe zum Gegenstand einiger Erörterungen zu machen. .
Die Sammlung der Briefe zerfällt in zwei Abschnitte. Der erste enthält die an seinen Vetter Ludwig von Kergorlay und einen seiner Jugendfreunde Eugen Stoffels und zwei an dessen Sohn gerichteten Briefe. Die Briefe an seine übrigen sehr zahlreichen Freunde und Freundinnen") folgen in chronolo¬ gischer Ordnung im zweiten Bande.
Zuerst die Bemerkung, daß die Sammlung keineswegs vollständig ist, daß der Herausgeber vielmehr ans der sehr ausgebreiteten Korrespondenz Tocque- villes nur einen verhältnißmäßig geringen Theil gegenwärtig zur Veröffentlichung geeignet gesunden hat. Die Discretion, mit der Urtheile über noch Lebende f"se ganz'fortgelassen sind, ist an sich lvoenswcrth und macht, dem Mißbrauch gegenüber, der mit der Herausgabe von Korrespondenzen gelegentlich getrieben Wird, einen günstigen Eindruck. Dessenungeachtet wollen wir nicht läugnen, de>ß wir oft in Versuchung waren, die zarte Rücksicht des Herrn Herausgebers -u bedauern. Wir stoßen sehr häusig auf Censurlücken, wo unser Interesse sich^
uuteranderen Molü, Dufaure. Ampiw. Comite, Stuart Mill. Grote, Frau Grote. Bunsen u. s. w.
sichtigkeit der Form vereinigen. Ein Engländer bewunderte ein der äömoeiirtio en ^.muriciuö ganz besonders, daß Tocguevillc die allgemeinen Ideen so völlig vermieden habe. Nun braucht man aber nur das erste beste Capitel des Buches zu lesen, um von der Fülle allgemeiner Gedanken überrascht und gefesselt zu werden. Das Wahre ist. wie Beaumont richtig sagt, daß die allgemeinen Ideen in reicher Fülle vorhanden sind, daß ein minder aufmerksamer Leser sie aber nicht bemerkt, weil sie stets in individuelle Form (t'i^eng partteuliörv) "ngekleidet sind, daher das Schlagende, Einleuchtende seiner Beweisführung, die außerordentliche Schönheit der Entwickelung, die. mag sie auch zum Theil im Charakter der französischen Sprache und Darstellungsweise begründet sein, doch Tocqueville vorzugsweise eigen ist. Jeder Gedanke regt unser Nachdenken an; über den Sinn und Zusammenhang des Gedankens sind wir dagegen fast nir¬ gends in Zweifel, wir folgen der tiefsinnigsten Entwickelung mit demselben, obigen und sicheren, durch keinen Anstoß an stilistische Schwierigkeiten oder logische Dunkelheiten unterbrochenen Interesse, mit dem wir eine gut geschriebene, spannende Erzählung verfolgen; wir verstehen sofort, aber das leicht und sicher gewonnene Verständniß setzt unsere ganze Denkthätigkeit zu einer erneuten Be¬ schäftigung mit dem rasch Verstandenen, zu immer tieferen Eindringen in das¬ selbe an. Diese Eigenschaft der vollendeten Klarheit, der absoluten Bewältigung des Stoffes, in der die Classicitcit des Tvcquevilleschen Stiles beruht, tritt in diesem Fragmente aufs glänzendste hervor. Eine Analyse ihres trotz ihrer Kürze sehr reichen Inhalts zu geben, würde uns hier zu weit führen; vielleicht findet sich später eine Gelegenheit dazu; für diesmal beabsichtigen wir vorzugsweise seine Briefe zum Gegenstand einiger Erörterungen zu machen. .
Die Sammlung der Briefe zerfällt in zwei Abschnitte. Der erste enthält die an seinen Vetter Ludwig von Kergorlay und einen seiner Jugendfreunde Eugen Stoffels und zwei an dessen Sohn gerichteten Briefe. Die Briefe an seine übrigen sehr zahlreichen Freunde und Freundinnen") folgen in chronolo¬ gischer Ordnung im zweiten Bande.
Zuerst die Bemerkung, daß die Sammlung keineswegs vollständig ist, daß der Herausgeber vielmehr ans der sehr ausgebreiteten Korrespondenz Tocque- villes nur einen verhältnißmäßig geringen Theil gegenwärtig zur Veröffentlichung geeignet gesunden hat. Die Discretion, mit der Urtheile über noch Lebende f»se ganz'fortgelassen sind, ist an sich lvoenswcrth und macht, dem Mißbrauch gegenüber, der mit der Herausgabe von Korrespondenzen gelegentlich getrieben Wird, einen günstigen Eindruck. Dessenungeachtet wollen wir nicht läugnen, de>ß wir oft in Versuchung waren, die zarte Rücksicht des Herrn Herausgebers -u bedauern. Wir stoßen sehr häusig auf Censurlücken, wo unser Interesse sich^
uuteranderen Molü, Dufaure. Ampiw. Comite, Stuart Mill. Grote, Frau Grote. Bunsen u. s. w.
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[0389]
sichtigkeit der Form vereinigen. Ein Engländer bewunderte ein der äömoeiirtio
en ^.muriciuö ganz besonders, daß Tocguevillc die allgemeinen Ideen so völlig
vermieden habe. Nun braucht man aber nur das erste beste Capitel des Buches
zu lesen, um von der Fülle allgemeiner Gedanken überrascht und gefesselt zu
werden. Das Wahre ist. wie Beaumont richtig sagt, daß die allgemeinen
Ideen in reicher Fülle vorhanden sind, daß ein minder aufmerksamer Leser sie
aber nicht bemerkt, weil sie stets in individuelle Form (t'i^eng partteuliörv)
"ngekleidet sind, daher das Schlagende, Einleuchtende seiner Beweisführung, die
außerordentliche Schönheit der Entwickelung, die. mag sie auch zum Theil im
Charakter der französischen Sprache und Darstellungsweise begründet sein, doch
Tocqueville vorzugsweise eigen ist. Jeder Gedanke regt unser Nachdenken an;
über den Sinn und Zusammenhang des Gedankens sind wir dagegen fast nir¬
gends in Zweifel, wir folgen der tiefsinnigsten Entwickelung mit demselben,
obigen und sicheren, durch keinen Anstoß an stilistische Schwierigkeiten oder
logische Dunkelheiten unterbrochenen Interesse, mit dem wir eine gut geschriebene,
spannende Erzählung verfolgen; wir verstehen sofort, aber das leicht und sicher
gewonnene Verständniß setzt unsere ganze Denkthätigkeit zu einer erneuten Be¬
schäftigung mit dem rasch Verstandenen, zu immer tieferen Eindringen in das¬
selbe an. Diese Eigenschaft der vollendeten Klarheit, der absoluten Bewältigung
des Stoffes, in der die Classicitcit des Tvcquevilleschen Stiles beruht, tritt in
diesem Fragmente aufs glänzendste hervor. Eine Analyse ihres trotz ihrer Kürze
sehr reichen Inhalts zu geben, würde uns hier zu weit führen; vielleicht findet
sich später eine Gelegenheit dazu; für diesmal beabsichtigen wir vorzugsweise
seine Briefe zum Gegenstand einiger Erörterungen zu machen. .
Die Sammlung der Briefe zerfällt in zwei Abschnitte. Der erste enthält
die an seinen Vetter Ludwig von Kergorlay und einen seiner Jugendfreunde
Eugen Stoffels und zwei an dessen Sohn gerichteten Briefe. Die Briefe an
seine übrigen sehr zahlreichen Freunde und Freundinnen") folgen in chronolo¬
gischer Ordnung im zweiten Bande.
Zuerst die Bemerkung, daß die Sammlung keineswegs vollständig ist, daß
der Herausgeber vielmehr ans der sehr ausgebreiteten Korrespondenz Tocque-
villes nur einen verhältnißmäßig geringen Theil gegenwärtig zur Veröffentlichung
geeignet gesunden hat. Die Discretion, mit der Urtheile über noch Lebende
f»se ganz'fortgelassen sind, ist an sich lvoenswcrth und macht, dem Mißbrauch
gegenüber, der mit der Herausgabe von Korrespondenzen gelegentlich getrieben
Wird, einen günstigen Eindruck. Dessenungeachtet wollen wir nicht läugnen,
de>ß wir oft in Versuchung waren, die zarte Rücksicht des Herrn Herausgebers
-u bedauern. Wir stoßen sehr häusig auf Censurlücken, wo unser Interesse sich^
uuteranderen Molü, Dufaure. Ampiw. Comite, Stuart Mill. Grote, Frau Grote.
Bunsen u. s. w.
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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/389>, abgerufen am 25.01.2025.
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