Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Naturschilderungen, auch die Schlacht am Berge Wysocka am Schluß des Ban¬ Waldstein. Historischer Roman von Heinrich Laube. Drei Bände Leipzig, 1865. Verlag von H. Haessel. Laube ist ein Schriftsteller, der seine Verdienste hat, aber mehr ein Talent Naturschilderungen, auch die Schlacht am Berge Wysocka am Schluß des Ban¬ Waldstein. Historischer Roman von Heinrich Laube. Drei Bände Leipzig, 1865. Verlag von H. Haessel. Laube ist ein Schriftsteller, der seine Verdienste hat, aber mehr ein Talent <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0272" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283625"/> <p xml:id="ID_743" prev="#ID_742"> Naturschilderungen, auch die Schlacht am Berge Wysocka am Schluß des Ban¬<lb/> des ist lebendig und anschaulich beschrieben. Der Held selbst dagegen ist ein<lb/> recht wackrer, gewissenhafter und verständiger Mensch, aber uns recht erwärmen<lb/> für ihn, an seinem Geschick theilnehmen können wir nicht, ja wenn wir's offen<lb/> gestehen sollen, wir finden ihn wie die Mehrzahl der übrigen Personen eigent¬<lb/> lich langweiliger als billig. Wir glauben, er hat ein hölzernes Herz unter<lb/> seinem Lederwamms, er ist wohl gar ganz von Holz und nichts anderes als<lb/> eine Marionette. So ist unsre Begierde zu erfahren, wie es ihm weiter gehen<lb/> wird, nicht sehr stark, und nicht einmal die endliche Wiederanknüpfung der im<lb/> ersten Abschnitt begonnenen Liebesgeschichte, von der dann im ganzen Bande<lb/> nicht weiter die Rede ist, wie denn die Composition überhaupt große Mängel<lb/> hat. läßt uns besonders sehnlich nach sich verlangen. Zum Schluß mag noch<lb/> erwähnt werden, daß der Verfasser bisweilen nicht deutsch, sondern östreichisch<lb/> schreibt (z. B. S. 279- „Die Geladenen können sich nun in ihre Heimath be¬<lb/> geben, und nehmen eine Freude und ein Vergnügen mit auf den Weg", oder<lb/> S. 364: „Es wird ein Bischen Abcndkost bei mir bereitet, und wohl auch noch<lb/> ein Wein wird vorhanden sein") und daß man nicht, wie S. 222 sagt:<lb/> „Sämmtliche Männer trugen keine Waffen", sondern: „Keiner von den Män¬<lb/> nern trug Waffen".</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Waldstein. Historischer Roman von Heinrich Laube. Drei Bände<lb/> Leipzig, 1865. Verlag von H. Haessel.</head><lb/> <p xml:id="ID_744" next="#ID_745"> Laube ist ein Schriftsteller, der seine Verdienste hat, aber mehr ein Talent<lb/> für den Salon als für den Roman und am wenigsten ein Talent für den<lb/> historischen Roman. Wer sich darüber noch nicht klar war. der mußte dessen<lb/> inne werden, als Laube zuerst mit einer größern Arbeit auf diesem Gebiete<lb/> auftrat. Einige wenige Kritiker ausgenommen, war man einig darüber, daß<lb/> „Der deutsche Krieg" zwar eine aus guten Studien geschöpfte, sorgfältig und<lb/> mit Beachtung aller Regeln der Technik gebaute Leistung war. daß ihm aber<lb/> das Beste fehlte, die natürliche Begabung für die Aufgabe, die sich der Verfasser<lb/> gestellt hatte. Der Roman ist infolge dessen auch, soweit wir sehen können,<lb/> ziemlich spurlos über den Markt gegangen und bald vergessen worden. Dem<lb/> „Waldstein", welcher die Fortsetzung bildet, wird es kaum besser ergehen. Wie<lb/> dort ein großer Aufwand von Personen, eine ungewöhnliche Mannigfaltigkeit<lb/> von Situationen, geschickte Anlage, allerlei kunstvoll mit einander verschlungene<lb/> Intriguen, wie dort aber auch wenig, was fesselt, überall Berechnung, fast<lb/> nirgends natürliche Gestaltung, wahres Leben, echtes Colorit und die Stimmung<lb/> der Zeit, in welcher der Roman sich bewegt, fast nirgends ein deutliches Her¬<lb/> vortreten des Charakters dieser Zeit voll Noth und Gewaltthat. Statt dessen<lb/> werden wir in das Spiel der Diplomatie eingeführt, welches mit feiner Feder<lb/> gezeichnet ist. aber nur einen untergeordneten Theil dessen bildet, was wir hier</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0272]
Naturschilderungen, auch die Schlacht am Berge Wysocka am Schluß des Ban¬
des ist lebendig und anschaulich beschrieben. Der Held selbst dagegen ist ein
recht wackrer, gewissenhafter und verständiger Mensch, aber uns recht erwärmen
für ihn, an seinem Geschick theilnehmen können wir nicht, ja wenn wir's offen
gestehen sollen, wir finden ihn wie die Mehrzahl der übrigen Personen eigent¬
lich langweiliger als billig. Wir glauben, er hat ein hölzernes Herz unter
seinem Lederwamms, er ist wohl gar ganz von Holz und nichts anderes als
eine Marionette. So ist unsre Begierde zu erfahren, wie es ihm weiter gehen
wird, nicht sehr stark, und nicht einmal die endliche Wiederanknüpfung der im
ersten Abschnitt begonnenen Liebesgeschichte, von der dann im ganzen Bande
nicht weiter die Rede ist, wie denn die Composition überhaupt große Mängel
hat. läßt uns besonders sehnlich nach sich verlangen. Zum Schluß mag noch
erwähnt werden, daß der Verfasser bisweilen nicht deutsch, sondern östreichisch
schreibt (z. B. S. 279- „Die Geladenen können sich nun in ihre Heimath be¬
geben, und nehmen eine Freude und ein Vergnügen mit auf den Weg", oder
S. 364: „Es wird ein Bischen Abcndkost bei mir bereitet, und wohl auch noch
ein Wein wird vorhanden sein") und daß man nicht, wie S. 222 sagt:
„Sämmtliche Männer trugen keine Waffen", sondern: „Keiner von den Män¬
nern trug Waffen".
Waldstein. Historischer Roman von Heinrich Laube. Drei Bände
Leipzig, 1865. Verlag von H. Haessel.
Laube ist ein Schriftsteller, der seine Verdienste hat, aber mehr ein Talent
für den Salon als für den Roman und am wenigsten ein Talent für den
historischen Roman. Wer sich darüber noch nicht klar war. der mußte dessen
inne werden, als Laube zuerst mit einer größern Arbeit auf diesem Gebiete
auftrat. Einige wenige Kritiker ausgenommen, war man einig darüber, daß
„Der deutsche Krieg" zwar eine aus guten Studien geschöpfte, sorgfältig und
mit Beachtung aller Regeln der Technik gebaute Leistung war. daß ihm aber
das Beste fehlte, die natürliche Begabung für die Aufgabe, die sich der Verfasser
gestellt hatte. Der Roman ist infolge dessen auch, soweit wir sehen können,
ziemlich spurlos über den Markt gegangen und bald vergessen worden. Dem
„Waldstein", welcher die Fortsetzung bildet, wird es kaum besser ergehen. Wie
dort ein großer Aufwand von Personen, eine ungewöhnliche Mannigfaltigkeit
von Situationen, geschickte Anlage, allerlei kunstvoll mit einander verschlungene
Intriguen, wie dort aber auch wenig, was fesselt, überall Berechnung, fast
nirgends natürliche Gestaltung, wahres Leben, echtes Colorit und die Stimmung
der Zeit, in welcher der Roman sich bewegt, fast nirgends ein deutliches Her¬
vortreten des Charakters dieser Zeit voll Noth und Gewaltthat. Statt dessen
werden wir in das Spiel der Diplomatie eingeführt, welches mit feiner Feder
gezeichnet ist. aber nur einen untergeordneten Theil dessen bildet, was wir hier
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