Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Ganzen etwas Weiches und Weibliches, und wenn man das Buch weglegt, Jüngstdeutsche Lyrik und ihre hervorragendsten Charaktere. Nandzcichnungen zur Literaturgeschichte von Dr. Arthur Levysohn. Grün¬ berg, Verlag von W. Levysohn. Ein wenig zu burschikos und zu binnen- und bilderreich für die Sprache Anthologie deutscher Lyriker seit 1850. Herausgegeben mit lite¬ rarhistorischer Einleitung und biographisch-kritischen Notizen von Dr. Emil Kneschke. Mit dem Porträt Emanuel Geibels. Leipzig, Verlag von Carl B. Lorck. 1865. Der Geschmack, der sich in der Einleitung äußert, ist ein sehr toleranter Gedichte von Albert Möser. Leipzig. Verlag von G. Matthes. 1865. Sonette, Oden meist in classischen Versmaßen, alcäische, sapphische Stro¬ Ganzen etwas Weiches und Weibliches, und wenn man das Buch weglegt, Jüngstdeutsche Lyrik und ihre hervorragendsten Charaktere. Nandzcichnungen zur Literaturgeschichte von Dr. Arthur Levysohn. Grün¬ berg, Verlag von W. Levysohn. Ein wenig zu burschikos und zu binnen- und bilderreich für die Sprache Anthologie deutscher Lyriker seit 1850. Herausgegeben mit lite¬ rarhistorischer Einleitung und biographisch-kritischen Notizen von Dr. Emil Kneschke. Mit dem Porträt Emanuel Geibels. Leipzig, Verlag von Carl B. Lorck. 1865. Der Geschmack, der sich in der Einleitung äußert, ist ein sehr toleranter Gedichte von Albert Möser. Leipzig. Verlag von G. Matthes. 1865. Sonette, Oden meist in classischen Versmaßen, alcäische, sapphische Stro¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0270" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283623"/> <p xml:id="ID_736" prev="#ID_735"> Ganzen etwas Weiches und Weibliches, und wenn man das Buch weglegt,<lb/> bleibt von den Gegenständen, die es bespricht, mehr die Erinnerung eines<lb/> Genusses als ein festes reales Bild zurück. Es wird auch solche Naturen geben<lb/> müssen, und man kann sie in ihrer vornehmen Weise beneiden, aber die Wahr¬<lb/> heit verlangt, um erkannt und dargestellt zu werden, doch mehr als diese edle<lb/> Einseitigkeit.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Jüngstdeutsche Lyrik und ihre hervorragendsten Charaktere.<lb/> Nandzcichnungen zur Literaturgeschichte von Dr. Arthur Levysohn. Grün¬<lb/> berg, Verlag von W. Levysohn.</head><lb/> <p xml:id="ID_737"> Ein wenig zu burschikos und zu binnen- und bilderreich für die Sprache<lb/> der Kritik, aber im Ganzen von gesundem Urtheil und gutem Geschmack. Einen<lb/> Ton tiefer gestimmt etwa, würden die meisten seiner Charakteristiken der deut¬<lb/> schen Lyriker von 1848 bis heute mit dem übcreintrcffcn, was wir über diese<lb/> Poeten zu sagen hätten. Wilhelm Hertz würde» wir höher stellen als er, seine<lb/> Meinung über die Münchner Schule unterschreiben wir, Gustav Kühnes und<lb/> Arnold Schloenbachs zu erwähnen würden wir unterlassen haben.</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Anthologie deutscher Lyriker seit 1850. Herausgegeben mit lite¬<lb/> rarhistorischer Einleitung und biographisch-kritischen Notizen von Dr. Emil<lb/> Kneschke. Mit dem Porträt Emanuel Geibels. Leipzig, Verlag von Carl<lb/> B. Lorck. 1865.</head><lb/> <p xml:id="ID_738"> Der Geschmack, der sich in der Einleitung äußert, ist ein sehr toleranter<lb/> und weitherziger, das Urtheil unsicher und unselbständig. Unter den 144 deut¬<lb/> schen Lyrikern, von denen die Blumenlese Gedichte mittheilt, befinden sich eine<lb/> nicht geringe Anzahl, die, wenn das, was hier doch wohl als ihre beste Leistung<lb/> abgedruckt ist, besser nicht von den Todten erweckt worden wären. Man ver¬<lb/> gleiche z. B. die Gedichte von Julie Burow, Albert Traeger, Ferdinand Stolle,<lb/> Marie Clausniher. W. Constant (v. Wurzbach), Adolf Peters. Theodor Apel.<lb/> die doch kaum ein Anrecht haben, über die engsten Kreise hinaus bekannt zu sein.<lb/> Oder war es dem Sammler etwa darum zu thun, von allem, was seit fünf¬<lb/> zehn Jahren als lyrische Dichtung gedruckt worden, eine Probe zu geben?</p><lb/> </div> <div n="2"> <head> Gedichte von Albert Möser. Leipzig. Verlag von G. Matthes. 1865.</head><lb/> <p xml:id="ID_739" next="#ID_740"> Sonette, Oden meist in classischen Versmaßen, alcäische, sapphische Stro¬<lb/> phen, Distichen u. s. w. so rein und schön, wie Pisten sie je gemacht hat.<lb/> Der Inhalt meist schwermüthige Gedanken und Empfindungen, Seufzen und<lb/> Sehnen empor aus dieser nichtigen gemeinen Welt in die Heimath der idealen<lb/> Liebe, aus der Natur hinaus in das hinter derselben Verborgene, wie sich<lb/> Schopenhauer ausdrückt, dessen Schüler der Dichter zu sein scheint. Wir be¬<lb/> dauern diesen Irrweg und wünschen aufrichtig Anstoß und Kraft zur Umkehr<lb/> in gesundes Empfinden; denn diese Gedichte bekunden nicht blos, was hcutzu<<lb/> tage eben nichts Ungewöhnliches mehr ist, ein schönes Talent für die Form.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0270]
Ganzen etwas Weiches und Weibliches, und wenn man das Buch weglegt,
bleibt von den Gegenständen, die es bespricht, mehr die Erinnerung eines
Genusses als ein festes reales Bild zurück. Es wird auch solche Naturen geben
müssen, und man kann sie in ihrer vornehmen Weise beneiden, aber die Wahr¬
heit verlangt, um erkannt und dargestellt zu werden, doch mehr als diese edle
Einseitigkeit.
Jüngstdeutsche Lyrik und ihre hervorragendsten Charaktere.
Nandzcichnungen zur Literaturgeschichte von Dr. Arthur Levysohn. Grün¬
berg, Verlag von W. Levysohn.
Ein wenig zu burschikos und zu binnen- und bilderreich für die Sprache
der Kritik, aber im Ganzen von gesundem Urtheil und gutem Geschmack. Einen
Ton tiefer gestimmt etwa, würden die meisten seiner Charakteristiken der deut¬
schen Lyriker von 1848 bis heute mit dem übcreintrcffcn, was wir über diese
Poeten zu sagen hätten. Wilhelm Hertz würde» wir höher stellen als er, seine
Meinung über die Münchner Schule unterschreiben wir, Gustav Kühnes und
Arnold Schloenbachs zu erwähnen würden wir unterlassen haben.
Anthologie deutscher Lyriker seit 1850. Herausgegeben mit lite¬
rarhistorischer Einleitung und biographisch-kritischen Notizen von Dr. Emil
Kneschke. Mit dem Porträt Emanuel Geibels. Leipzig, Verlag von Carl
B. Lorck. 1865.
Der Geschmack, der sich in der Einleitung äußert, ist ein sehr toleranter
und weitherziger, das Urtheil unsicher und unselbständig. Unter den 144 deut¬
schen Lyrikern, von denen die Blumenlese Gedichte mittheilt, befinden sich eine
nicht geringe Anzahl, die, wenn das, was hier doch wohl als ihre beste Leistung
abgedruckt ist, besser nicht von den Todten erweckt worden wären. Man ver¬
gleiche z. B. die Gedichte von Julie Burow, Albert Traeger, Ferdinand Stolle,
Marie Clausniher. W. Constant (v. Wurzbach), Adolf Peters. Theodor Apel.
die doch kaum ein Anrecht haben, über die engsten Kreise hinaus bekannt zu sein.
Oder war es dem Sammler etwa darum zu thun, von allem, was seit fünf¬
zehn Jahren als lyrische Dichtung gedruckt worden, eine Probe zu geben?
Gedichte von Albert Möser. Leipzig. Verlag von G. Matthes. 1865.
Sonette, Oden meist in classischen Versmaßen, alcäische, sapphische Stro¬
phen, Distichen u. s. w. so rein und schön, wie Pisten sie je gemacht hat.
Der Inhalt meist schwermüthige Gedanken und Empfindungen, Seufzen und
Sehnen empor aus dieser nichtigen gemeinen Welt in die Heimath der idealen
Liebe, aus der Natur hinaus in das hinter derselben Verborgene, wie sich
Schopenhauer ausdrückt, dessen Schüler der Dichter zu sein scheint. Wir be¬
dauern diesen Irrweg und wünschen aufrichtig Anstoß und Kraft zur Umkehr
in gesundes Empfinden; denn diese Gedichte bekunden nicht blos, was hcutzu<
tage eben nichts Ungewöhnliches mehr ist, ein schönes Talent für die Form.
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