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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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schwache Aecker durch Bedrohung ihrer materiellen Existenz in möglichst großer
Anzahl zum Abfall zu verleiten, den Rest der Partei in das feudal-anne¬
xionistische Lager zu treiben. Von den Haupthebeln der augustenburgischen
Maschinerie thaten die Schleswig-holsteinischen und die Kampfgenossenvereine
reichlich ihre Schuldigkeit; das lange Säumen der Universität hat Herr F.
jetzt durch einen ganz besonders kräftigen Angriff gegen die nationalen gründ¬
lich wieder gut gemacht. Gleich der Eingang zieht los gegen "die, welche in
Verblendung nach unbeständigen Sinn die Erfolge ausnützen möchten, zu deren
Erreichung sie größtentheils kein Opfer gewagt, welche aber heute als untreu
dem Recht, das sie kannten, welche als untreu dem, der um des Vaterlands
willen und in seinem Gottvertrauen trotz allen Unglimpfs das Recht vertritt,
welche als untreu sich selber mit dem harten Eisen der ethischen Poine sich selber
müssen gebrandmarkt fühlen" (es folgen Verse); und der Schluß beschäftigt sich
wieder mit den macchiavellistischen Bestrebungen, "die eine Anzahl revolutionärer
Tendenzen, eine Elite unklarer Köpfe, unzufriedener Gemüther und unsocialer
Naturen an sich gezogen haben." Wir erlauben uns, hierbei auf dreierlei auf¬
merksam zu machen. 1) Wer eines klaren deutschen Satzbaues selbst so wenig
mächtig ist, wie Herr F., würde wohl thun, nicht vom Glashause aus mit
Steinen zu werfen; 2) der erste Satz klingt zwar wie eine Rückübersetzung aus
dem Griechischen, ist aber trotzdem nichts als traurige Verballhornung einer
feinen und witzigen Wendung der Schleswig-holsteinischen Zeitung, die wieder¬
holt von den beiden zur nationalen Partei gehörigen Universitätsverwandten
als von Männern gesprochen hatte, welche die schwere Krise des Landes kaum
noch mit durchgemacht hätten (der eine kam nämlich vor, der andere nach der
Krise ins Land); 3) in den ernsten Tagen nach dem Tode Friedrichs des Sie¬
benten haben alle Mitglieder der nationalen Partei, die im Lande waren, ihre
Schuldigkeit gethan und gerade so wenig und so viel auf das Spiel gesetzt,
als Herr Forchhammer; wir wollen ihm die Lüge, daß es größtentheils nicht
der Fall gewesen sei, nicht zu hoch anrechnen: ist sie doch in der schleswig¬
holsteinischen Zeitung und ähnlichen Blättern so oft wiederholt worden, daß
die Erfinder jetzt wahrscheinlich selbst daran glauben. -- Natürlich hören wir
auch hier wieder, daß hauptsächlich fremde Abenteurer, Glücksritter es sind, die
die Holfientreue zu Falle bringen wollen; getroffen fühle sich, wer sich in dem
großen Strafgerichte über das preußische Volk S. 14 unter den "Einzelnen"
wiedererkennt, "die sich zu der Unwürdigkeit bekennen, so viel von dem Rechte
des Andern zu streichen, als sich dem eigenen Vortheil zulegen läßt." Aehn-
liches war in Blättern der augustenburgischen Partei schon bei Gelegenheit der
mommsenschen Brochüre gesagt und geschickter gesagt worden als hier.


Demagogische Lockspeisen.

"Die Bevölkerung in ihrer Gesammtheit
bekundet es bei jeder Gelegenheit, daß sie der Rettung sich erfreut, wie sie


schwache Aecker durch Bedrohung ihrer materiellen Existenz in möglichst großer
Anzahl zum Abfall zu verleiten, den Rest der Partei in das feudal-anne¬
xionistische Lager zu treiben. Von den Haupthebeln der augustenburgischen
Maschinerie thaten die Schleswig-holsteinischen und die Kampfgenossenvereine
reichlich ihre Schuldigkeit; das lange Säumen der Universität hat Herr F.
jetzt durch einen ganz besonders kräftigen Angriff gegen die nationalen gründ¬
lich wieder gut gemacht. Gleich der Eingang zieht los gegen „die, welche in
Verblendung nach unbeständigen Sinn die Erfolge ausnützen möchten, zu deren
Erreichung sie größtentheils kein Opfer gewagt, welche aber heute als untreu
dem Recht, das sie kannten, welche als untreu dem, der um des Vaterlands
willen und in seinem Gottvertrauen trotz allen Unglimpfs das Recht vertritt,
welche als untreu sich selber mit dem harten Eisen der ethischen Poine sich selber
müssen gebrandmarkt fühlen" (es folgen Verse); und der Schluß beschäftigt sich
wieder mit den macchiavellistischen Bestrebungen, „die eine Anzahl revolutionärer
Tendenzen, eine Elite unklarer Köpfe, unzufriedener Gemüther und unsocialer
Naturen an sich gezogen haben." Wir erlauben uns, hierbei auf dreierlei auf¬
merksam zu machen. 1) Wer eines klaren deutschen Satzbaues selbst so wenig
mächtig ist, wie Herr F., würde wohl thun, nicht vom Glashause aus mit
Steinen zu werfen; 2) der erste Satz klingt zwar wie eine Rückübersetzung aus
dem Griechischen, ist aber trotzdem nichts als traurige Verballhornung einer
feinen und witzigen Wendung der Schleswig-holsteinischen Zeitung, die wieder¬
holt von den beiden zur nationalen Partei gehörigen Universitätsverwandten
als von Männern gesprochen hatte, welche die schwere Krise des Landes kaum
noch mit durchgemacht hätten (der eine kam nämlich vor, der andere nach der
Krise ins Land); 3) in den ernsten Tagen nach dem Tode Friedrichs des Sie¬
benten haben alle Mitglieder der nationalen Partei, die im Lande waren, ihre
Schuldigkeit gethan und gerade so wenig und so viel auf das Spiel gesetzt,
als Herr Forchhammer; wir wollen ihm die Lüge, daß es größtentheils nicht
der Fall gewesen sei, nicht zu hoch anrechnen: ist sie doch in der schleswig¬
holsteinischen Zeitung und ähnlichen Blättern so oft wiederholt worden, daß
die Erfinder jetzt wahrscheinlich selbst daran glauben. — Natürlich hören wir
auch hier wieder, daß hauptsächlich fremde Abenteurer, Glücksritter es sind, die
die Holfientreue zu Falle bringen wollen; getroffen fühle sich, wer sich in dem
großen Strafgerichte über das preußische Volk S. 14 unter den „Einzelnen"
wiedererkennt, „die sich zu der Unwürdigkeit bekennen, so viel von dem Rechte
des Andern zu streichen, als sich dem eigenen Vortheil zulegen läßt." Aehn-
liches war in Blättern der augustenburgischen Partei schon bei Gelegenheit der
mommsenschen Brochüre gesagt und geschickter gesagt worden als hier.


Demagogische Lockspeisen.

„Die Bevölkerung in ihrer Gesammtheit
bekundet es bei jeder Gelegenheit, daß sie der Rettung sich erfreut, wie sie


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[0245] schwache Aecker durch Bedrohung ihrer materiellen Existenz in möglichst großer Anzahl zum Abfall zu verleiten, den Rest der Partei in das feudal-anne¬ xionistische Lager zu treiben. Von den Haupthebeln der augustenburgischen Maschinerie thaten die Schleswig-holsteinischen und die Kampfgenossenvereine reichlich ihre Schuldigkeit; das lange Säumen der Universität hat Herr F. jetzt durch einen ganz besonders kräftigen Angriff gegen die nationalen gründ¬ lich wieder gut gemacht. Gleich der Eingang zieht los gegen „die, welche in Verblendung nach unbeständigen Sinn die Erfolge ausnützen möchten, zu deren Erreichung sie größtentheils kein Opfer gewagt, welche aber heute als untreu dem Recht, das sie kannten, welche als untreu dem, der um des Vaterlands willen und in seinem Gottvertrauen trotz allen Unglimpfs das Recht vertritt, welche als untreu sich selber mit dem harten Eisen der ethischen Poine sich selber müssen gebrandmarkt fühlen" (es folgen Verse); und der Schluß beschäftigt sich wieder mit den macchiavellistischen Bestrebungen, „die eine Anzahl revolutionärer Tendenzen, eine Elite unklarer Köpfe, unzufriedener Gemüther und unsocialer Naturen an sich gezogen haben." Wir erlauben uns, hierbei auf dreierlei auf¬ merksam zu machen. 1) Wer eines klaren deutschen Satzbaues selbst so wenig mächtig ist, wie Herr F., würde wohl thun, nicht vom Glashause aus mit Steinen zu werfen; 2) der erste Satz klingt zwar wie eine Rückübersetzung aus dem Griechischen, ist aber trotzdem nichts als traurige Verballhornung einer feinen und witzigen Wendung der Schleswig-holsteinischen Zeitung, die wieder¬ holt von den beiden zur nationalen Partei gehörigen Universitätsverwandten als von Männern gesprochen hatte, welche die schwere Krise des Landes kaum noch mit durchgemacht hätten (der eine kam nämlich vor, der andere nach der Krise ins Land); 3) in den ernsten Tagen nach dem Tode Friedrichs des Sie¬ benten haben alle Mitglieder der nationalen Partei, die im Lande waren, ihre Schuldigkeit gethan und gerade so wenig und so viel auf das Spiel gesetzt, als Herr Forchhammer; wir wollen ihm die Lüge, daß es größtentheils nicht der Fall gewesen sei, nicht zu hoch anrechnen: ist sie doch in der schleswig¬ holsteinischen Zeitung und ähnlichen Blättern so oft wiederholt worden, daß die Erfinder jetzt wahrscheinlich selbst daran glauben. — Natürlich hören wir auch hier wieder, daß hauptsächlich fremde Abenteurer, Glücksritter es sind, die die Holfientreue zu Falle bringen wollen; getroffen fühle sich, wer sich in dem großen Strafgerichte über das preußische Volk S. 14 unter den „Einzelnen" wiedererkennt, „die sich zu der Unwürdigkeit bekennen, so viel von dem Rechte des Andern zu streichen, als sich dem eigenen Vortheil zulegen läßt." Aehn- liches war in Blättern der augustenburgischen Partei schon bei Gelegenheit der mommsenschen Brochüre gesagt und geschickter gesagt worden als hier. Demagogische Lockspeisen. „Die Bevölkerung in ihrer Gesammtheit bekundet es bei jeder Gelegenheit, daß sie der Rettung sich erfreut, wie sie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/245>, abgerufen am 15.01.2025.