Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.über, und weil ihnen der Herzog immer noch die Idee vertritt, der sie vor War es so schwer, diesen Weg zu gehen? Auch er hätte vielleicht eine über, und weil ihnen der Herzog immer noch die Idee vertritt, der sie vor War es so schwer, diesen Weg zu gehen? Auch er hätte vielleicht eine <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0211" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283564"/> <p xml:id="ID_596" prev="#ID_595"> über, und weil ihnen der Herzog immer noch die Idee vertritt, der sie vor<lb/> siebzehn Jahren das Geld aus der Truhe, die Pferde aus dem Stall und ihre<lb/> eigenen Kinder hingegeben haben. Es ist unrecht und unpraktisch, ein solches<lb/> Gefühl, wenn es einmal aufgezündet ist, durch Gegenschläge auslöschen zu<lb/> wollen, man facht es dadurch nur stärker an. Der Herzog ist jetzt die Poesie<lb/> des Volkes geworden, wie, kümmere die preußische Regierung nicht. Diese<lb/> Poesie mag man ruhig die Funken werfen lassen, und man soll unterdeß den<lb/> Ländern die kluge, wohlthätige Prosa werden. Nicht als Gegner des Herzogs,<lb/> sondern zunächst als freundlicher Vormund des Landes, sorgfältig jeden Conflict<lb/> mit dem Stammgefühl vermeiden, gut und billig regieren, auch die Schwächen<lb/> der Leute dort nachsichtig schonen, und jede Agitation durch die officiöse Presse<lb/> sorgfältig vermeiden. Hätte man das mit vornehmer Haltung gethan, dann<lb/> stand die Sache so, daß nach Jahresfrist der größere Grundbesitzer, der größere<lb/> Geschäftsmann, der Mann von politischer Intelligenz gut preußisch war, und<lb/> daß die gesammte Bevölkerung den Segen eines festen und gewissenhaften<lb/> deutschen Regimentes empfand. Wenn dann die Stände einberufen wurden,<lb/> lag für Preußen die Sache so. Der wesentliche Inhalt der von der preußischen<lb/> Regierung formulirten Forderungen, Hafen, Kanal, das Heer im engsten Ver¬<lb/> band mit dem preußischen, sind Forderungen, über welche Preußen den Stän¬<lb/> den der Herzogthümer keine Entscheidung zugestehen kann; denn es muß diese<lb/> Forderungen seiner geographischen Lage wegen nicht in seinem eigenen Interesse,<lb/> sondern wegen ganz Deutschland machen. Ihretwegen hat es sich leider mit<lb/> einem Mitbesitzer auseinanderzusetzen. Ueber das Herrscherhaus dagegen haben<lb/> die Stände Schleswig-Holsteins vor allem das Recht, ihren Willen zu erklären<lb/> und sich mit den hohen Landesbesitzern zu vereinigen. Wenn dann preußisch<lb/> Gesinnte unter den Ständen die Übertragung der Herzogskrone an die Majestät<lb/> von Preußen beantragten, dann dürfte Preußen erklären, daß es einen durch<lb/> die Majorität der Stände geforderten Anschluß acceptiren und die Einwilligung<lb/> seines Miteigentümers erwirken werde. Wenn daraus noch die Majorität der<lb/> Stände das Haus Augustenburg wählte, so hatte die Regierung, wie im ersten<lb/> Fall keine hastige Freude, so jetzt nicht nöthig, irgendeine Kränkung zu zeigen.<lb/> Sie konnte ruhig der Zeit überlassen, was zusammengehört, völlig aneinander-<lb/> zubinden.</p><lb/> <p xml:id="ID_597" next="#ID_598"> War es so schwer, diesen Weg zu gehen? Auch er hätte vielleicht eine<lb/> schwierige Auseinandersetzung mit Oestreich nöthig gemacht, aber sie wäre unter<lb/> sehr günstigen Umständen erfolgt; denn niemand in Europa hätte der preußischen<lb/> Politik daS Prädicat einer weisen Zurückhaltung versagt. Was jetzt geschieht,<lb/> zeigt, daß das Cabinet von Berlin wohl auch solchen Gedanken in einzelnen<lb/> Stunden Raum gegeben hat. daß aber Verstimmung und der Zwang der innern<lb/> Parteitage immer wieder davon abgeführt haben. Bis zu dem verhängmß-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0211]
über, und weil ihnen der Herzog immer noch die Idee vertritt, der sie vor
siebzehn Jahren das Geld aus der Truhe, die Pferde aus dem Stall und ihre
eigenen Kinder hingegeben haben. Es ist unrecht und unpraktisch, ein solches
Gefühl, wenn es einmal aufgezündet ist, durch Gegenschläge auslöschen zu
wollen, man facht es dadurch nur stärker an. Der Herzog ist jetzt die Poesie
des Volkes geworden, wie, kümmere die preußische Regierung nicht. Diese
Poesie mag man ruhig die Funken werfen lassen, und man soll unterdeß den
Ländern die kluge, wohlthätige Prosa werden. Nicht als Gegner des Herzogs,
sondern zunächst als freundlicher Vormund des Landes, sorgfältig jeden Conflict
mit dem Stammgefühl vermeiden, gut und billig regieren, auch die Schwächen
der Leute dort nachsichtig schonen, und jede Agitation durch die officiöse Presse
sorgfältig vermeiden. Hätte man das mit vornehmer Haltung gethan, dann
stand die Sache so, daß nach Jahresfrist der größere Grundbesitzer, der größere
Geschäftsmann, der Mann von politischer Intelligenz gut preußisch war, und
daß die gesammte Bevölkerung den Segen eines festen und gewissenhaften
deutschen Regimentes empfand. Wenn dann die Stände einberufen wurden,
lag für Preußen die Sache so. Der wesentliche Inhalt der von der preußischen
Regierung formulirten Forderungen, Hafen, Kanal, das Heer im engsten Ver¬
band mit dem preußischen, sind Forderungen, über welche Preußen den Stän¬
den der Herzogthümer keine Entscheidung zugestehen kann; denn es muß diese
Forderungen seiner geographischen Lage wegen nicht in seinem eigenen Interesse,
sondern wegen ganz Deutschland machen. Ihretwegen hat es sich leider mit
einem Mitbesitzer auseinanderzusetzen. Ueber das Herrscherhaus dagegen haben
die Stände Schleswig-Holsteins vor allem das Recht, ihren Willen zu erklären
und sich mit den hohen Landesbesitzern zu vereinigen. Wenn dann preußisch
Gesinnte unter den Ständen die Übertragung der Herzogskrone an die Majestät
von Preußen beantragten, dann dürfte Preußen erklären, daß es einen durch
die Majorität der Stände geforderten Anschluß acceptiren und die Einwilligung
seines Miteigentümers erwirken werde. Wenn daraus noch die Majorität der
Stände das Haus Augustenburg wählte, so hatte die Regierung, wie im ersten
Fall keine hastige Freude, so jetzt nicht nöthig, irgendeine Kränkung zu zeigen.
Sie konnte ruhig der Zeit überlassen, was zusammengehört, völlig aneinander-
zubinden.
War es so schwer, diesen Weg zu gehen? Auch er hätte vielleicht eine
schwierige Auseinandersetzung mit Oestreich nöthig gemacht, aber sie wäre unter
sehr günstigen Umständen erfolgt; denn niemand in Europa hätte der preußischen
Politik daS Prädicat einer weisen Zurückhaltung versagt. Was jetzt geschieht,
zeigt, daß das Cabinet von Berlin wohl auch solchen Gedanken in einzelnen
Stunden Raum gegeben hat. daß aber Verstimmung und der Zwang der innern
Parteitage immer wieder davon abgeführt haben. Bis zu dem verhängmß-
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