Gericht des Fürstentums Trient war befohlen einige Anführer zu hängen, da¬ mit ein ander Mal nicht so leicht zur Empörung gegriffen werde. Nachdem die Belagerer sich zerstreut hatten, ging es an die Bestrafung jener von Roni, Valsugan. Nonsberg und Primör, wovon sich jedoch viele ins Venetianische gerettet. Erst zuletzt trat man an die deutschen Gemeinden heran, bei denen trotz des Mißtrauens in die Unparteilichkeit der Geschwornen wieder das ordentliche Verfahren in Anwendung kam. Auf die Theilnahme an der Befreiung des Peter Päßler fand man die Amnestie nicht anwendbar, sechs der Betreffenden wurden auf dem Platz zu Buxen enthauptet. Andere befragte man peinlich und zwang sie zum Schwur, sich nicht mehr zu empören. Endlich im December, als zur Abschreckung eine beträchtliche Anzahl geopfert, und die Flüchtigen mit den nach allen Seiten ausgegangenen Ersuchschreiben nicht eingebracht werden konnten, begnügte man sich, mit Vermögensstrafen und begnadigte selbst zum Tode Verurtheilte zu Geldbußen. Mit der politischen wurde auch die religiöse Bewegung gestillt, nur zu Meran, Sterzing und im Thale Lüsen zeigten sich noch ein paar Verkünder der neuen Lehre, in Klausen soll sogar Karlsstadt gepredigt, sich aber nach kurzem Aufenthalte schon im September geflüchtet haben.
Der Gefährlichste aller Entronnenen war Michael Gaißmayr. Er wurde wegen Aufreizung der Nachbargemeinden von Brixen gegen den Landtagsab¬ schied zur Rechenschaft gezogen und gelobte eidlich, sich nicht aus Innsbruck zu entfernen, entwich jedoch angeblich wegen der Nachstellungen des Klerus am 27. September nach Klösterlein in der Schweiz. In einer von dort aus er¬ lassenen Vertheidigungsschrift erklärte er, das sichere Geleit schütze ihn nicht vor den Geistlichen, und drohte mit der Hilfe von achtzehn Städten und Ge¬ richten an der Eisack, die ihm Gewährschaft angeboten. Nachdem er mit Venetianern und Franzosen auf Verhandlungen eingetreten, um mit ihrer Hilfe Tirol zu erobern, die Ausführung dieses Planes sich aber in die Länge zog, wollte er mit mehren Bauern aus Brättigau, Davos und flüchtigen Schwaben in Tirol einfallen, das Städtlein Glurns bei der Ostermette überrumpeln, sich des dort verwahrten Pulvers, Geschützes und Waffenvorraths bemächtigen und durchs Vintschgau nach dem Etschthal ziehen, wo er mit dem Glockenstreich alles in Aufruhr zu setzen dachte. Um die Bauern darauf vorzubereiten, sandte er einen Aufruf voraus, ermahnte sie darin, mit Gut und Blut zusammen¬ zusammenzustehen, und entwarf in 28 Artikeln die Grundzüge einer neuen Ordnung. Vor. allem seien die Ehre Gottes und der gemeine Nutzen zu suchen, die gottlosen Menschen, die das Evangelium verfolgen, zu verjagen und eine neue ganz christliche Satzung aufzurichten. Zu dieser zählten die Aufhebung der Freiheiten, die Wider das Wort Gottes sind und das Recht fälschen, die Abschaffung der Messe, die "ein Grciuel vor Gott und ganz unchristlich" und
Gericht des Fürstentums Trient war befohlen einige Anführer zu hängen, da¬ mit ein ander Mal nicht so leicht zur Empörung gegriffen werde. Nachdem die Belagerer sich zerstreut hatten, ging es an die Bestrafung jener von Roni, Valsugan. Nonsberg und Primör, wovon sich jedoch viele ins Venetianische gerettet. Erst zuletzt trat man an die deutschen Gemeinden heran, bei denen trotz des Mißtrauens in die Unparteilichkeit der Geschwornen wieder das ordentliche Verfahren in Anwendung kam. Auf die Theilnahme an der Befreiung des Peter Päßler fand man die Amnestie nicht anwendbar, sechs der Betreffenden wurden auf dem Platz zu Buxen enthauptet. Andere befragte man peinlich und zwang sie zum Schwur, sich nicht mehr zu empören. Endlich im December, als zur Abschreckung eine beträchtliche Anzahl geopfert, und die Flüchtigen mit den nach allen Seiten ausgegangenen Ersuchschreiben nicht eingebracht werden konnten, begnügte man sich, mit Vermögensstrafen und begnadigte selbst zum Tode Verurtheilte zu Geldbußen. Mit der politischen wurde auch die religiöse Bewegung gestillt, nur zu Meran, Sterzing und im Thale Lüsen zeigten sich noch ein paar Verkünder der neuen Lehre, in Klausen soll sogar Karlsstadt gepredigt, sich aber nach kurzem Aufenthalte schon im September geflüchtet haben.
Der Gefährlichste aller Entronnenen war Michael Gaißmayr. Er wurde wegen Aufreizung der Nachbargemeinden von Brixen gegen den Landtagsab¬ schied zur Rechenschaft gezogen und gelobte eidlich, sich nicht aus Innsbruck zu entfernen, entwich jedoch angeblich wegen der Nachstellungen des Klerus am 27. September nach Klösterlein in der Schweiz. In einer von dort aus er¬ lassenen Vertheidigungsschrift erklärte er, das sichere Geleit schütze ihn nicht vor den Geistlichen, und drohte mit der Hilfe von achtzehn Städten und Ge¬ richten an der Eisack, die ihm Gewährschaft angeboten. Nachdem er mit Venetianern und Franzosen auf Verhandlungen eingetreten, um mit ihrer Hilfe Tirol zu erobern, die Ausführung dieses Planes sich aber in die Länge zog, wollte er mit mehren Bauern aus Brättigau, Davos und flüchtigen Schwaben in Tirol einfallen, das Städtlein Glurns bei der Ostermette überrumpeln, sich des dort verwahrten Pulvers, Geschützes und Waffenvorraths bemächtigen und durchs Vintschgau nach dem Etschthal ziehen, wo er mit dem Glockenstreich alles in Aufruhr zu setzen dachte. Um die Bauern darauf vorzubereiten, sandte er einen Aufruf voraus, ermahnte sie darin, mit Gut und Blut zusammen¬ zusammenzustehen, und entwarf in 28 Artikeln die Grundzüge einer neuen Ordnung. Vor. allem seien die Ehre Gottes und der gemeine Nutzen zu suchen, die gottlosen Menschen, die das Evangelium verfolgen, zu verjagen und eine neue ganz christliche Satzung aufzurichten. Zu dieser zählten die Aufhebung der Freiheiten, die Wider das Wort Gottes sind und das Recht fälschen, die Abschaffung der Messe, die „ein Grciuel vor Gott und ganz unchristlich" und
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mit ein ander Mal nicht so leicht zur Empörung gegriffen werde. Nachdem die
Belagerer sich zerstreut hatten, ging es an die Bestrafung jener von Roni,
Valsugan. Nonsberg und Primör, wovon sich jedoch viele ins Venetianische
gerettet. Erst zuletzt trat man an die deutschen Gemeinden heran, bei denen trotz
des Mißtrauens in die Unparteilichkeit der Geschwornen wieder das ordentliche
Verfahren in Anwendung kam. Auf die Theilnahme an der Befreiung des
Peter Päßler fand man die Amnestie nicht anwendbar, sechs der Betreffenden wurden
auf dem Platz zu Buxen enthauptet. Andere befragte man peinlich und zwang
sie zum Schwur, sich nicht mehr zu empören. Endlich im December, als zur
Abschreckung eine beträchtliche Anzahl geopfert, und die Flüchtigen mit den
nach allen Seiten ausgegangenen Ersuchschreiben nicht eingebracht werden
konnten, begnügte man sich, mit Vermögensstrafen und begnadigte selbst zum
Tode Verurtheilte zu Geldbußen. Mit der politischen wurde auch die religiöse
Bewegung gestillt, nur zu Meran, Sterzing und im Thale Lüsen zeigten sich
noch ein paar Verkünder der neuen Lehre, in Klausen soll sogar Karlsstadt
gepredigt, sich aber nach kurzem Aufenthalte schon im September geflüchtet
haben.
Der Gefährlichste aller Entronnenen war Michael Gaißmayr. Er wurde
wegen Aufreizung der Nachbargemeinden von Brixen gegen den Landtagsab¬
schied zur Rechenschaft gezogen und gelobte eidlich, sich nicht aus Innsbruck
zu entfernen, entwich jedoch angeblich wegen der Nachstellungen des Klerus am
27. September nach Klösterlein in der Schweiz. In einer von dort aus er¬
lassenen Vertheidigungsschrift erklärte er, das sichere Geleit schütze ihn nicht
vor den Geistlichen, und drohte mit der Hilfe von achtzehn Städten und Ge¬
richten an der Eisack, die ihm Gewährschaft angeboten. Nachdem er mit
Venetianern und Franzosen auf Verhandlungen eingetreten, um mit ihrer Hilfe
Tirol zu erobern, die Ausführung dieses Planes sich aber in die Länge zog,
wollte er mit mehren Bauern aus Brättigau, Davos und flüchtigen Schwaben
in Tirol einfallen, das Städtlein Glurns bei der Ostermette überrumpeln, sich
des dort verwahrten Pulvers, Geschützes und Waffenvorraths bemächtigen und
durchs Vintschgau nach dem Etschthal ziehen, wo er mit dem Glockenstreich
alles in Aufruhr zu setzen dachte. Um die Bauern darauf vorzubereiten, sandte
er einen Aufruf voraus, ermahnte sie darin, mit Gut und Blut zusammen¬
zusammenzustehen, und entwarf in 28 Artikeln die Grundzüge einer neuen
Ordnung. Vor. allem seien die Ehre Gottes und der gemeine Nutzen zu suchen,
die gottlosen Menschen, die das Evangelium verfolgen, zu verjagen und eine
neue ganz christliche Satzung aufzurichten. Zu dieser zählten die Aufhebung
der Freiheiten, die Wider das Wort Gottes sind und das Recht fälschen, die
Abschaffung der Messe, die „ein Grciuel vor Gott und ganz unchristlich" und
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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/200>, abgerufen am 25.01.2025.
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