Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.von Trient und Brixen seien von ihren Fürsten verlassen, es zieme also dem Bei Verfassung dieser Antwort war den Städten und Gerichten auch der von Trient und Brixen seien von ihren Fürsten verlassen, es zieme also dem Bei Verfassung dieser Antwort war den Städten und Gerichten auch der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0195" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283548"/> <p xml:id="ID_551" prev="#ID_550"> von Trient und Brixen seien von ihren Fürsten verlassen, es zieme also dem<lb/> Erzherzog als ihrem Schutzherrn, ihnen zu helfen, auch könne man Besitzungen<lb/> der auswärtigen Geistlichkeit im Lande schon wegen ihres Strebens, sich den<lb/> weltlichen Gerichten zu entziehen, nicht dulden, in der Grafschaft Tirol wolle<lb/> man nur nach einem Landesbrauch Recht nehmen und die vielen Ab¬<lb/> weichungen davon seien nicht die geringste Ursache der Empörung. Niemand<lb/> werde Sr. fürstlichen Durchlaucht wehren, in ihrem Lande bis auf ein allge¬<lb/> meines Concil oder die Entscheidung der Reichsstände Ordnung zu machen.<lb/> Die Rückstellung der besetzten Schlösser und weggenommenem Fahrnisse. Ent¬<lb/> lassung der Hauptleute und Auflösung des Bündnisses könnten erst nach Er.<lb/> ledigung aller Beschwerden erfolgen, man sei jedoch bereit, das Stift Brixen,<lb/> das der Erzherzog schon in Besitz genommen, bis zur weiteren Austragung der<lb/> geistlichen Sachen in seinen Händen zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_552" next="#ID_553"> Bei Verfassung dieser Antwort war den Städten und Gerichten auch der<lb/> Adel behilflich, der aus Furcht vor den Bauern selbst in jene Punkte willigte,<lb/> die ihm offenbar zum Nachtheil gereichten.» Es fruchtete daher gar nichts, daß<lb/> sich der Erzherzog insgeheim bemühte, die Ritterschaft wieder auf seine Seite<lb/> zu ziehen; wenn er auch einige Pässe und die Feste Kufstein inne hatte, zu einem<lb/> Krieg im Gebirge fehlte es ihm an Fußvolk. Die Angst, die man bei Hofe<lb/> vor den Bauern hatte, beweisen unter andern die am 26. Juni von der Erz¬<lb/> herzogin unternommene Wallfahrt zum h. Blute nach Seefeld, die, weil man in<lb/> ihr eine Silberlieferung für Salamanca sehen wollte, bald einen Auflauf erregt<lb/> hätte, und die am S.Juli an den Herzog Wilhelm von Bayern gesandte Botschaft,<lb/> Wodurch dieser ersucht wurde, nach dem Abzug der Aufständischen von Memmin¬<lb/> gen auch den Truchseß stillestehen zu lassen, damit der Erzherzog aus den Bergen<lb/> komme. Die Bauern kannten bereits diese seine Absicht und fürchteten die<lb/> Herbeiziehung von Reisigen, worüber auf der am 2. Juli zu Thaur gehaltenen<lb/> Versammlung viel Geschrei erhoben wurde. Ferdinand glaubte dieser Aufregung<lb/> nicht besser begegnen zu können, als dadurch, daß er Tags nachher sich öffentlich<lb/> etliche von der Landschaft als Begleitung zu dem Tage nach Kaufbayern erbat,<lb/> wo er das den Allgäuern gegebene Versprechen lösen müsse. Zu gleicher Zeit<lb/> ließ er auch wieder in Gegenwart seiner Gemahlin und der Gesandten die<lb/> Antwort auf obige Erwiderung den Ständen vorlesen. Sie lautete betreffs der<lb/> geistlichen Dinge noch immer ablehnend, wiewohl er sich in weltlichen schon zu<lb/> bedeutenden Zugeständnissen herbeiließ und einige Tage später die ihm vor¬<lb/> geschlagene neue Landesordnung genehmigte. Freilich wurde auch diese mit<lb/> dem Beisatze eingeleitet, daß sie den gemeinen Landesfreiheiten unschädlich und<lb/> ihre Verminderung oder Vermehrung mit Vorwissen der Landschaft vorbehalten<lb/> werde. Lieber hätte er die Bauern für ihre unerhörte Auflehnung gestraft,<lb/> doch auch die bayerischen Gesandten riethen zur Mäßigung, ja sie hielten selb>t</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0195]
von Trient und Brixen seien von ihren Fürsten verlassen, es zieme also dem
Erzherzog als ihrem Schutzherrn, ihnen zu helfen, auch könne man Besitzungen
der auswärtigen Geistlichkeit im Lande schon wegen ihres Strebens, sich den
weltlichen Gerichten zu entziehen, nicht dulden, in der Grafschaft Tirol wolle
man nur nach einem Landesbrauch Recht nehmen und die vielen Ab¬
weichungen davon seien nicht die geringste Ursache der Empörung. Niemand
werde Sr. fürstlichen Durchlaucht wehren, in ihrem Lande bis auf ein allge¬
meines Concil oder die Entscheidung der Reichsstände Ordnung zu machen.
Die Rückstellung der besetzten Schlösser und weggenommenem Fahrnisse. Ent¬
lassung der Hauptleute und Auflösung des Bündnisses könnten erst nach Er.
ledigung aller Beschwerden erfolgen, man sei jedoch bereit, das Stift Brixen,
das der Erzherzog schon in Besitz genommen, bis zur weiteren Austragung der
geistlichen Sachen in seinen Händen zu lassen.
Bei Verfassung dieser Antwort war den Städten und Gerichten auch der
Adel behilflich, der aus Furcht vor den Bauern selbst in jene Punkte willigte,
die ihm offenbar zum Nachtheil gereichten.» Es fruchtete daher gar nichts, daß
sich der Erzherzog insgeheim bemühte, die Ritterschaft wieder auf seine Seite
zu ziehen; wenn er auch einige Pässe und die Feste Kufstein inne hatte, zu einem
Krieg im Gebirge fehlte es ihm an Fußvolk. Die Angst, die man bei Hofe
vor den Bauern hatte, beweisen unter andern die am 26. Juni von der Erz¬
herzogin unternommene Wallfahrt zum h. Blute nach Seefeld, die, weil man in
ihr eine Silberlieferung für Salamanca sehen wollte, bald einen Auflauf erregt
hätte, und die am S.Juli an den Herzog Wilhelm von Bayern gesandte Botschaft,
Wodurch dieser ersucht wurde, nach dem Abzug der Aufständischen von Memmin¬
gen auch den Truchseß stillestehen zu lassen, damit der Erzherzog aus den Bergen
komme. Die Bauern kannten bereits diese seine Absicht und fürchteten die
Herbeiziehung von Reisigen, worüber auf der am 2. Juli zu Thaur gehaltenen
Versammlung viel Geschrei erhoben wurde. Ferdinand glaubte dieser Aufregung
nicht besser begegnen zu können, als dadurch, daß er Tags nachher sich öffentlich
etliche von der Landschaft als Begleitung zu dem Tage nach Kaufbayern erbat,
wo er das den Allgäuern gegebene Versprechen lösen müsse. Zu gleicher Zeit
ließ er auch wieder in Gegenwart seiner Gemahlin und der Gesandten die
Antwort auf obige Erwiderung den Ständen vorlesen. Sie lautete betreffs der
geistlichen Dinge noch immer ablehnend, wiewohl er sich in weltlichen schon zu
bedeutenden Zugeständnissen herbeiließ und einige Tage später die ihm vor¬
geschlagene neue Landesordnung genehmigte. Freilich wurde auch diese mit
dem Beisatze eingeleitet, daß sie den gemeinen Landesfreiheiten unschädlich und
ihre Verminderung oder Vermehrung mit Vorwissen der Landschaft vorbehalten
werde. Lieber hätte er die Bauern für ihre unerhörte Auflehnung gestraft,
doch auch die bayerischen Gesandten riethen zur Mäßigung, ja sie hielten selb>t
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