Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.Beweis, daß der König wirklich gekommen. "Dadurch erschraken die Bauern." Noch eindringlicher mochten die Mittel wirken, die Erzherzog Ferdinand Der allgemeine und grimmigste Haß wegen seiner Tyrannei traf aber den Beweis, daß der König wirklich gekommen. „Dadurch erschraken die Bauern." Noch eindringlicher mochten die Mittel wirken, die Erzherzog Ferdinand Der allgemeine und grimmigste Haß wegen seiner Tyrannei traf aber den <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0162" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283515"/> <p xml:id="ID_487" prev="#ID_486"> Beweis, daß der König wirklich gekommen. „Dadurch erschraken die Bauern."<lb/> sagt der Chronist, und „glaubten zum Theil."</p><lb/> <p xml:id="ID_488"> Noch eindringlicher mochten die Mittel wirken, die Erzherzog Ferdinand<lb/> zur Herstellung der Ordnung in Wien ergriff. Sein Bruder Karl hatte ihm<lb/> Ende April 1521 Ober- und Niederöstreich, Steiermark, Kärnthen und Krain<lb/> für immer, am 7. Februar 1522 auch Tirol und die Besitzungen in Schwaben<lb/> auf Lebensdauer abgetreten, der Vertrag sollte aber noch sechs Jahre geheim<lb/> bleiben, und Ferdinand nur als Statthalter seines Bruders gelten. Sein erstes<lb/> Beginnen bei seiner Ankunft in Oestreich war, daß er in Neustadt über die<lb/> Häupter der Bewegung, die sich der Regierung bemächtigt, am 10. Juli 1522<lb/> Gericht hielt, später zehn derselben hinrichten ließ und selbst ihren Vertheidiger<lb/> auf drei Jahre des Landes verwies. In Tirol nahm er. nachdem er bereits<lb/> im November 1521 durchgereist, erst in der Fasten 1623 seinen bleibenden<lb/> Ausenthalt, und ließ sich auf dem im April gehaltenen Landtage 145,000 si. zur<lb/> Ablösung des Kammergutes und 5000 si. als Geschenk für seine Gemahlin<lb/> versprechen. Er bestellte zu Innsbruck ein neues Regiment unter dem Titel<lb/> „Hofrath" und besetzte es gegen die von vielen früheren Landesfürsten und dem<lb/> kaiserlichen Commissär noch auf dem Landtag von 1515 gegebene Zusicherung,<lb/> nur Eingeborene zu solchen Stellen zu verwenden, meist mit Ausländern, welche<lb/> die tirolischen Gebräuche und „Freiheiten" nicht kannten oder nicht kennen wollten,<lb/> nicht nach den einheimischen Gewohnheits- sondern dem hier nie eingeführten<lb/> römischen Recht entschieden und sich hierdurch den Vorwurf der Gewalt und<lb/> Willkür zuzogen.</p><lb/> <p xml:id="ID_489" next="#ID_490"> Der allgemeine und grimmigste Haß wegen seiner Tyrannei traf aber den<lb/> Generalschatzmeister Gabriel Salamanca, einen herrsch- und geldgierigen Spanier,<lb/> der alles nach spanischem Muster einrichten wollte. Alle wichtigen Händel<lb/> mußten ihm zugesandt werden, in allen sprach er das letzte Wort. Obschon<lb/> er noch zehn Jahre später einigen als Jude, anderen als Mahomed alter galt<lb/> und von seinen Untcrschleifcn nicht abließ, bis er sie in Eisen und Banden<lb/> büßte, wußte er sich doch jetzt seinem Herrn so unentbehrlich zu machen, daß<lb/> ihn selbst des Kaisers Auftrag nicht zu entfernen vermochte. Auf dem Landtag<lb/> benutzte er die Uneinigkeit des Adels und die unsichere Stellung der Bischöfe zu<lb/> seinen Zwecken. Die großen Herren, die in der Regentschaft saßen und Pfandschafte»,<lb/> Schlösser und Gerichte inne hatten, wollten diese und ihre Aemter nicht verlieren.<lb/> Ihnen gegenüber stand die Partei des Landeshauptmanns Leonhard v. Vels,<lb/> beide buhlten um die Gunst des Erzherzogs. Der Landeshauptmann, der früher<lb/> zu den Lutherischen gehalten, nun aber gleich dem fürstlichen Rath und Günstling<lb/> Dr. Faber wieder ein eifriger Katholik geworden, gab sich noch wahrend des<lb/> Landtags zur Anführung einer Hilfsschaar von 1000 Mann für den Erzbischof<lb/> Von Salzburg her, die seine lutherischen Unterthanen zur Ordnung brachte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0162]
Beweis, daß der König wirklich gekommen. „Dadurch erschraken die Bauern."
sagt der Chronist, und „glaubten zum Theil."
Noch eindringlicher mochten die Mittel wirken, die Erzherzog Ferdinand
zur Herstellung der Ordnung in Wien ergriff. Sein Bruder Karl hatte ihm
Ende April 1521 Ober- und Niederöstreich, Steiermark, Kärnthen und Krain
für immer, am 7. Februar 1522 auch Tirol und die Besitzungen in Schwaben
auf Lebensdauer abgetreten, der Vertrag sollte aber noch sechs Jahre geheim
bleiben, und Ferdinand nur als Statthalter seines Bruders gelten. Sein erstes
Beginnen bei seiner Ankunft in Oestreich war, daß er in Neustadt über die
Häupter der Bewegung, die sich der Regierung bemächtigt, am 10. Juli 1522
Gericht hielt, später zehn derselben hinrichten ließ und selbst ihren Vertheidiger
auf drei Jahre des Landes verwies. In Tirol nahm er. nachdem er bereits
im November 1521 durchgereist, erst in der Fasten 1623 seinen bleibenden
Ausenthalt, und ließ sich auf dem im April gehaltenen Landtage 145,000 si. zur
Ablösung des Kammergutes und 5000 si. als Geschenk für seine Gemahlin
versprechen. Er bestellte zu Innsbruck ein neues Regiment unter dem Titel
„Hofrath" und besetzte es gegen die von vielen früheren Landesfürsten und dem
kaiserlichen Commissär noch auf dem Landtag von 1515 gegebene Zusicherung,
nur Eingeborene zu solchen Stellen zu verwenden, meist mit Ausländern, welche
die tirolischen Gebräuche und „Freiheiten" nicht kannten oder nicht kennen wollten,
nicht nach den einheimischen Gewohnheits- sondern dem hier nie eingeführten
römischen Recht entschieden und sich hierdurch den Vorwurf der Gewalt und
Willkür zuzogen.
Der allgemeine und grimmigste Haß wegen seiner Tyrannei traf aber den
Generalschatzmeister Gabriel Salamanca, einen herrsch- und geldgierigen Spanier,
der alles nach spanischem Muster einrichten wollte. Alle wichtigen Händel
mußten ihm zugesandt werden, in allen sprach er das letzte Wort. Obschon
er noch zehn Jahre später einigen als Jude, anderen als Mahomed alter galt
und von seinen Untcrschleifcn nicht abließ, bis er sie in Eisen und Banden
büßte, wußte er sich doch jetzt seinem Herrn so unentbehrlich zu machen, daß
ihn selbst des Kaisers Auftrag nicht zu entfernen vermochte. Auf dem Landtag
benutzte er die Uneinigkeit des Adels und die unsichere Stellung der Bischöfe zu
seinen Zwecken. Die großen Herren, die in der Regentschaft saßen und Pfandschafte»,
Schlösser und Gerichte inne hatten, wollten diese und ihre Aemter nicht verlieren.
Ihnen gegenüber stand die Partei des Landeshauptmanns Leonhard v. Vels,
beide buhlten um die Gunst des Erzherzogs. Der Landeshauptmann, der früher
zu den Lutherischen gehalten, nun aber gleich dem fürstlichen Rath und Günstling
Dr. Faber wieder ein eifriger Katholik geworden, gab sich noch wahrend des
Landtags zur Anführung einer Hilfsschaar von 1000 Mann für den Erzbischof
Von Salzburg her, die seine lutherischen Unterthanen zur Ordnung brachte
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