Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.und bei den Städten wurden die Leute erwürgt und erschlagen, keiner traute Da verkündeten plötzlich die Regenten zu Innsbruck, König Karl sei am und bei den Städten wurden die Leute erwürgt und erschlagen, keiner traute Da verkündeten plötzlich die Regenten zu Innsbruck, König Karl sei am <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0161" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/283514"/> <p xml:id="ID_485" prev="#ID_484"> und bei den Städten wurden die Leute erwürgt und erschlagen, keiner traute<lb/> dem andern. Vorzüglich im Fürstenthum Brixen zeigte sich ein Geist der Un¬<lb/> ruhe und Auflehnung. Seine Bischöfe hatten dem Kaiser Maximilian in einem<lb/> fort bedeutende Vorstreckungen gemacht, worunter jene des Cardinals Melchior<lb/> von Mekau sich so hoch beliefen. daß ihm Maximilan einmal an theilweiser<lb/> Zahlungsstatt drei Schlösser und für die Zinsen den Zoll in Kollmann auf<lb/> mehre Jahre anwies, trotzdem hinterließ dieser Kirchenfürst bei seinem<lb/> Tode 1509 noch eine Menge Gold- und Silbergeschirr, viele Barschaft und<lb/> eine Forderung an die Fugger.von 152,931 rheinischen Gulden, die auch<lb/> nach der Abrechnung bedeutend blieb. Selbst dem Klerus heischte er bald den<lb/> 10. bald den 40. Pfennig ab, forderte die Liebessteuer und jährlich das<lb/> Kathedraticum, wogegen sich der Abt von Stams auf seine Exemtion berief.<lb/> Man gab zwar den Bergsegen als Quelle seines Reichthums an, allein sein<lb/> dahin bezügliches Schreiben vom 19. März 1504 spricht nur von der neu<lb/> aufgefundenen Goldader in Gastein und seine vielen Ankäufe und Geldgeschäfte<lb/> fallen schon in eine frühere Zeit. Eher könnte man an einen Antheil am Jubel -<lb/> geld denken, über dessen Einbringung und Aufbewahrung er mit den Herren<lb/> des Reichsregiments am 11. September 1501 einen Vertrag abschloß, hätte<lb/> er nicht in seinem eigenen Sprengel die reich gefüllten Opferstöcke ganz "gewissen¬<lb/> haft an die kaiserlichen Commissanen übergeben. Auch sein Nachfolger Christoph<lb/> von Schrofenstein wird als geldgierig geschildert, trieb neben den Kriegslasten<lb/> und während die Grenzen seines Bisthums unter den Raubzügen der Venetianer<lb/> litten, außerordentliche Steuern ein und erübrigte immer noch einen Sparpfennig,<lb/> den er dem Kaiser gegen gute Verzinsung darlieh. Wenn das Landvolk bei<lb/> alledem sah, daß der Klerus nur ausnahmsweise und auch dann blos geringe<lb/> Steuern zahlte, kann seine Erbitterung gegen die Pfaffen, die sich in den<lb/> Städten dem Wohlleben ergaben, nicht befremden. Schon Anfangs der Fasten<lb/> 1520 rückten bei 600 Bauern gegen Brixen. die aber auf Zureden des dortigen<lb/> Bürgermeisters wieder heimzogen. Um Pfingsten kehrten sie, 800 Mann stark,<lb/> in fünf Fähnlein wieder, drohten die Pfaffenhäuser zu plündern, fügten sich<lb/> jedoch auch diesmal der Abmahnung zweier herbeigerufenen landesfürstlichen<lb/> Commissäre. Bei den später an verschiedenen Orten gehaltenen Versammlungen,<lb/> wozu Abgeordnete aus verschiedenen Landestheilen erschienen, konnte man sich<lb/> nur nicht über die Mittel einigen, das geistliche und weltliche Joch abzu¬<lb/> werfen.</p><lb/> <p xml:id="ID_486" next="#ID_487"> Da verkündeten plötzlich die Regenten zu Innsbruck, König Karl sei am<lb/> 1. Juni zu Vließingen ans Land gestiegen, und befahlen, das entscheidende Er-<lb/> eigniß durch Processionen, Aemter. Freudenfeuer und Abschießen des Geschützes<lb/> zu feiern. Kurz nachher zogen 45 der schönsten Pferde und viele Männer in<lb/> reicher Rüstung aus Neapel durch Tirol nach den Niederlanden, ein augenfälliger</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0161]
und bei den Städten wurden die Leute erwürgt und erschlagen, keiner traute
dem andern. Vorzüglich im Fürstenthum Brixen zeigte sich ein Geist der Un¬
ruhe und Auflehnung. Seine Bischöfe hatten dem Kaiser Maximilian in einem
fort bedeutende Vorstreckungen gemacht, worunter jene des Cardinals Melchior
von Mekau sich so hoch beliefen. daß ihm Maximilan einmal an theilweiser
Zahlungsstatt drei Schlösser und für die Zinsen den Zoll in Kollmann auf
mehre Jahre anwies, trotzdem hinterließ dieser Kirchenfürst bei seinem
Tode 1509 noch eine Menge Gold- und Silbergeschirr, viele Barschaft und
eine Forderung an die Fugger.von 152,931 rheinischen Gulden, die auch
nach der Abrechnung bedeutend blieb. Selbst dem Klerus heischte er bald den
10. bald den 40. Pfennig ab, forderte die Liebessteuer und jährlich das
Kathedraticum, wogegen sich der Abt von Stams auf seine Exemtion berief.
Man gab zwar den Bergsegen als Quelle seines Reichthums an, allein sein
dahin bezügliches Schreiben vom 19. März 1504 spricht nur von der neu
aufgefundenen Goldader in Gastein und seine vielen Ankäufe und Geldgeschäfte
fallen schon in eine frühere Zeit. Eher könnte man an einen Antheil am Jubel -
geld denken, über dessen Einbringung und Aufbewahrung er mit den Herren
des Reichsregiments am 11. September 1501 einen Vertrag abschloß, hätte
er nicht in seinem eigenen Sprengel die reich gefüllten Opferstöcke ganz "gewissen¬
haft an die kaiserlichen Commissanen übergeben. Auch sein Nachfolger Christoph
von Schrofenstein wird als geldgierig geschildert, trieb neben den Kriegslasten
und während die Grenzen seines Bisthums unter den Raubzügen der Venetianer
litten, außerordentliche Steuern ein und erübrigte immer noch einen Sparpfennig,
den er dem Kaiser gegen gute Verzinsung darlieh. Wenn das Landvolk bei
alledem sah, daß der Klerus nur ausnahmsweise und auch dann blos geringe
Steuern zahlte, kann seine Erbitterung gegen die Pfaffen, die sich in den
Städten dem Wohlleben ergaben, nicht befremden. Schon Anfangs der Fasten
1520 rückten bei 600 Bauern gegen Brixen. die aber auf Zureden des dortigen
Bürgermeisters wieder heimzogen. Um Pfingsten kehrten sie, 800 Mann stark,
in fünf Fähnlein wieder, drohten die Pfaffenhäuser zu plündern, fügten sich
jedoch auch diesmal der Abmahnung zweier herbeigerufenen landesfürstlichen
Commissäre. Bei den später an verschiedenen Orten gehaltenen Versammlungen,
wozu Abgeordnete aus verschiedenen Landestheilen erschienen, konnte man sich
nur nicht über die Mittel einigen, das geistliche und weltliche Joch abzu¬
werfen.
Da verkündeten plötzlich die Regenten zu Innsbruck, König Karl sei am
1. Juni zu Vließingen ans Land gestiegen, und befahlen, das entscheidende Er-
eigniß durch Processionen, Aemter. Freudenfeuer und Abschießen des Geschützes
zu feiern. Kurz nachher zogen 45 der schönsten Pferde und viele Männer in
reicher Rüstung aus Neapel durch Tirol nach den Niederlanden, ein augenfälliger
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