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Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band.

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als "Commenden" behandelt würden, erhob man laute Klage. Maximilian
gab darauf nur ausweichenden Bescheid: "In Sachen, wo dem Papst vorzu¬
gehen gebühre, werde er bei Sr. Heiligkeit werben, in anderen, wo ihm als
Landesherrn mit Rath und Willen der Geistlichkeit oder allein ein Einsehen zu¬
stande, wolle er solches mit Fleiß thun, und auf den künftigen Landtagen
handeln." So hatte er auch schon 1510 an eine neue Kirchenordnung nach
dem Muster der französischen und die Abstellung kirchlicher Mißbräuche durch
die weltliche Macht gedacht, es fehlte ihm aber damals wie jetzt die Kraft das
Nöthige durchzusetzen. Wie wenig er diese überhaupt in sich fühlte, zeigt die
Thatsache, daß er jenen Franz v. Sickingen, den er kurz vorher als den
mächtigsten Störer des Landfriedens in die Acht erklärt, 1518 zu Innsbruck
von 30 Reichsritter" ehrenvoll empfangen und in die Stadt geleiten ließ.
Mitten in den Verhandlungen, die deutsche Krone seinem Enkel Karl, dem
König von Spanien, zu sichern, starb er auf einer Reise zu Wels am 12. Ja¬
nuar 1519.

In Tirol war sein Tod das Zeichen zu einer allgemeinen Erhebung unter
dem Landvolk. Nichts hatte den gemeinen Mann so sehr erbittert als des
Kaisers strenge Jagdgesetze, woraus ihm beim ungehinderten Anwachsen des
Wildes und dem Verbote jeder Abwehr großer Schaden an den Feldfrüchten
entstand. Der Kaiser und seine zweite Gemahlin Bianca Maria von Mailand
hegten eine leidenschaftliche Vorliebe für die Jagd, der ritterliche Fürst konnte
auch im Frieden eine Art von Krieg nicht entbehren. Jeder Herzog von
Oestreich sollte nach einer Aufzeichnung in seinem Tagebuch in den Monaten
December und Januar in Innsbruck sein, um sich dort mit Pürschen, Falken¬
beize, Gemsenjagd, Vogelfang und Fischen zu erlustigen, und die Kaiserin fand
das Fleisch der Hirsche vom nahen Seltrain vorzüglich mürbe, weshalb ihr
Gemahl diese treffliche Race auch in andere Jagdbezirke verpflanzen wollte.
Als Pachtzins für die Jagd im Thale Wenden am Brennersee zahlte er dem
Kloster Wilten jährlich nebst 60 Fuder Salz 20 Gemsen und 80 Zcchlkarpfen,
und die Mönche von Stams und Marienberg konnten nicht laut genug über
die Kosten klagen, die ihnen des Kaisers Jagdgefolge verursachte. Er gerieth
um keiner Sache halber leichter in Zorn als wegen des Wildprets, und damit
er sich nicht hinreißen lasse die Wilddiebe am Leben zu strafen, mußte der
Landtag von 1518 eine strenge Abmahnung erlassen. Daß die Jagdlust zum
guten Tone seines Hofes gehörte, zeigt auch das Schreiben eines kaiserlichen
Raths, des Bischofs Christoph von Brixen. der dem Herzog Wilhelm von
Bayern zwei vorzügliche Jagdhunde zum Geschenk sandte. Bei dem Unmuth,
den die vom alten Herkommen abweichenden, drakonischen Gesetze gegen Jagd¬
frevel erregten, kann es nicht ausfallen, wenn bei der Kunde vom Ableben ihres
Urhebers Jung und Alt, ja selbst Frauen und Mägde über das Wild Hersielen


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als „Commenden" behandelt würden, erhob man laute Klage. Maximilian
gab darauf nur ausweichenden Bescheid: „In Sachen, wo dem Papst vorzu¬
gehen gebühre, werde er bei Sr. Heiligkeit werben, in anderen, wo ihm als
Landesherrn mit Rath und Willen der Geistlichkeit oder allein ein Einsehen zu¬
stande, wolle er solches mit Fleiß thun, und auf den künftigen Landtagen
handeln." So hatte er auch schon 1510 an eine neue Kirchenordnung nach
dem Muster der französischen und die Abstellung kirchlicher Mißbräuche durch
die weltliche Macht gedacht, es fehlte ihm aber damals wie jetzt die Kraft das
Nöthige durchzusetzen. Wie wenig er diese überhaupt in sich fühlte, zeigt die
Thatsache, daß er jenen Franz v. Sickingen, den er kurz vorher als den
mächtigsten Störer des Landfriedens in die Acht erklärt, 1518 zu Innsbruck
von 30 Reichsritter» ehrenvoll empfangen und in die Stadt geleiten ließ.
Mitten in den Verhandlungen, die deutsche Krone seinem Enkel Karl, dem
König von Spanien, zu sichern, starb er auf einer Reise zu Wels am 12. Ja¬
nuar 1519.

In Tirol war sein Tod das Zeichen zu einer allgemeinen Erhebung unter
dem Landvolk. Nichts hatte den gemeinen Mann so sehr erbittert als des
Kaisers strenge Jagdgesetze, woraus ihm beim ungehinderten Anwachsen des
Wildes und dem Verbote jeder Abwehr großer Schaden an den Feldfrüchten
entstand. Der Kaiser und seine zweite Gemahlin Bianca Maria von Mailand
hegten eine leidenschaftliche Vorliebe für die Jagd, der ritterliche Fürst konnte
auch im Frieden eine Art von Krieg nicht entbehren. Jeder Herzog von
Oestreich sollte nach einer Aufzeichnung in seinem Tagebuch in den Monaten
December und Januar in Innsbruck sein, um sich dort mit Pürschen, Falken¬
beize, Gemsenjagd, Vogelfang und Fischen zu erlustigen, und die Kaiserin fand
das Fleisch der Hirsche vom nahen Seltrain vorzüglich mürbe, weshalb ihr
Gemahl diese treffliche Race auch in andere Jagdbezirke verpflanzen wollte.
Als Pachtzins für die Jagd im Thale Wenden am Brennersee zahlte er dem
Kloster Wilten jährlich nebst 60 Fuder Salz 20 Gemsen und 80 Zcchlkarpfen,
und die Mönche von Stams und Marienberg konnten nicht laut genug über
die Kosten klagen, die ihnen des Kaisers Jagdgefolge verursachte. Er gerieth
um keiner Sache halber leichter in Zorn als wegen des Wildprets, und damit
er sich nicht hinreißen lasse die Wilddiebe am Leben zu strafen, mußte der
Landtag von 1518 eine strenge Abmahnung erlassen. Daß die Jagdlust zum
guten Tone seines Hofes gehörte, zeigt auch das Schreiben eines kaiserlichen
Raths, des Bischofs Christoph von Brixen. der dem Herzog Wilhelm von
Bayern zwei vorzügliche Jagdhunde zum Geschenk sandte. Bei dem Unmuth,
den die vom alten Herkommen abweichenden, drakonischen Gesetze gegen Jagd¬
frevel erregten, kann es nicht ausfallen, wenn bei der Kunde vom Ableben ihres
Urhebers Jung und Alt, ja selbst Frauen und Mägde über das Wild Hersielen


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[0159] als „Commenden" behandelt würden, erhob man laute Klage. Maximilian gab darauf nur ausweichenden Bescheid: „In Sachen, wo dem Papst vorzu¬ gehen gebühre, werde er bei Sr. Heiligkeit werben, in anderen, wo ihm als Landesherrn mit Rath und Willen der Geistlichkeit oder allein ein Einsehen zu¬ stande, wolle er solches mit Fleiß thun, und auf den künftigen Landtagen handeln." So hatte er auch schon 1510 an eine neue Kirchenordnung nach dem Muster der französischen und die Abstellung kirchlicher Mißbräuche durch die weltliche Macht gedacht, es fehlte ihm aber damals wie jetzt die Kraft das Nöthige durchzusetzen. Wie wenig er diese überhaupt in sich fühlte, zeigt die Thatsache, daß er jenen Franz v. Sickingen, den er kurz vorher als den mächtigsten Störer des Landfriedens in die Acht erklärt, 1518 zu Innsbruck von 30 Reichsritter» ehrenvoll empfangen und in die Stadt geleiten ließ. Mitten in den Verhandlungen, die deutsche Krone seinem Enkel Karl, dem König von Spanien, zu sichern, starb er auf einer Reise zu Wels am 12. Ja¬ nuar 1519. In Tirol war sein Tod das Zeichen zu einer allgemeinen Erhebung unter dem Landvolk. Nichts hatte den gemeinen Mann so sehr erbittert als des Kaisers strenge Jagdgesetze, woraus ihm beim ungehinderten Anwachsen des Wildes und dem Verbote jeder Abwehr großer Schaden an den Feldfrüchten entstand. Der Kaiser und seine zweite Gemahlin Bianca Maria von Mailand hegten eine leidenschaftliche Vorliebe für die Jagd, der ritterliche Fürst konnte auch im Frieden eine Art von Krieg nicht entbehren. Jeder Herzog von Oestreich sollte nach einer Aufzeichnung in seinem Tagebuch in den Monaten December und Januar in Innsbruck sein, um sich dort mit Pürschen, Falken¬ beize, Gemsenjagd, Vogelfang und Fischen zu erlustigen, und die Kaiserin fand das Fleisch der Hirsche vom nahen Seltrain vorzüglich mürbe, weshalb ihr Gemahl diese treffliche Race auch in andere Jagdbezirke verpflanzen wollte. Als Pachtzins für die Jagd im Thale Wenden am Brennersee zahlte er dem Kloster Wilten jährlich nebst 60 Fuder Salz 20 Gemsen und 80 Zcchlkarpfen, und die Mönche von Stams und Marienberg konnten nicht laut genug über die Kosten klagen, die ihnen des Kaisers Jagdgefolge verursachte. Er gerieth um keiner Sache halber leichter in Zorn als wegen des Wildprets, und damit er sich nicht hinreißen lasse die Wilddiebe am Leben zu strafen, mußte der Landtag von 1518 eine strenge Abmahnung erlassen. Daß die Jagdlust zum guten Tone seines Hofes gehörte, zeigt auch das Schreiben eines kaiserlichen Raths, des Bischofs Christoph von Brixen. der dem Herzog Wilhelm von Bayern zwei vorzügliche Jagdhunde zum Geschenk sandte. Bei dem Unmuth, den die vom alten Herkommen abweichenden, drakonischen Gesetze gegen Jagd¬ frevel erregten, kann es nicht ausfallen, wenn bei der Kunde vom Ableben ihres Urhebers Jung und Alt, ja selbst Frauen und Mägde über das Wild Hersielen 19*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 24, 1865, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341801_283352/159>, abgerufen am 15.01.2025.